Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 671

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 671 (NJ DDR 1964, S. 671); sichtlich von seinem strafbaren Handeln selbst Abstand nimmt. Bei dieser Sachlage mußte das Kreisgericht prüfen, ob trotz der durchaus allgemein bestehenden Notwendigkeit zur energischen Zurückdrängung von Angriffen auf die Gesundheit anderer Menschen der Angeklagte nicht durch eine Strafe ohne Freiheitsentzug erzogen werden konnte. In dem erwähnten Beschluß zu Fragen der Gewaltverbrechen orientiert das Oberste Gericht keineswegs einseitig auf eine empfindlichere Bestrafung schlechthin bei allen Körperverletzungen, sondern es weist die Gerichte darauf hin, daß ungerechtfertigt niedrige Strafen und ungerechtfertigte Strafen ohne Freiheitsentzug die sozialistische Gesellschaftsordnung und somit die Bürger nicht ausreichend schützen Es führt aber auch aus, daß die Entscheidungen im Strafmaß nicht überspitzt werden dürfen und auf einer umfassenden und tiefgründigen Untersuchung aller Umstände beruhen müssen. Als Gewaltverbrechen ist die Tat auch nicht schon deswegen anzusehen, weil der Angeklagte in brutaler Form noch auf den am Boden liegenden Geschädigten einschlug. Es ist nicht gerechtfertigt, allein aus einem einzigen Merkmal der Tatbegehung solche schwerwiegenden Schlußfolgerungen für die Strafzumessung herzuleiten, daß dadurch etwa eine bedingte Verurteilung völlig ausgeschlossen wird, obwohl diese nach dem gesetzlichen Strafrahmen, den weiteren Umständen dör Tat und nach der Person des Täters gerechtfertigt wäre. Der Senat hat in der vorliegenden Sache festgestellt, daß sich der Angeklagte ungeachtet seiner verwerflichen Handlungsweise am Tattage bisher nicht in der beschriebenen Weise verhalten hat. Er leistet ordentliche Arbeit in seinem Betrieb und verhält sich auch in seinem Wohnbereich so. wie das von einem Bürger unseres Staates erwartet wird. Er hat zwar des öfteren und in stärkerem Maße dem Alkohol zugesprochen, jedoch ist es sonst dabei nicht zu irgendwelchen Ausschreitungen oder anderem disziplinwidrigen, unmoralischen oder sonst verwerflichen Verhalten gekommen. Das drückt sich auch darin aus, daß sein Arbeitskollektiv zu ihm Vertrauen hat und sich bereit erklärt, die Bürgschaft für ihn zu übernehmen. In Verbindung mit einer bedingten Verurteilung bietet die Bürgschaft des Kollektivs eine ausreichende Gewähr dafür, daß der Angeklagte zukünftig die Gesetze beachten wird. Der Senat hat daher auf eine bedingte Gefängnisstrafe erkannt und die vom Kollektiv der Abteilung Spedition des VEB Kraftverkehr übernommene Bürgschaft bestätigt. Anmerkung: Das vorliegende Urteil wirft zwei Fragen auf: nach dem Wesen der rowdyhaften Handlung und nach der Strafzumessung heim Vorliegen einer rowdyhaften Handlung. Damit gibt das Urteil Veranlassung, noch einmal an die 1961 in der „Neuen Justiz“ geführte Diskussion über Begriff und Bekämpfung des Rowdytums ahzuknüpfen.1 Die Frage, ob in der vorliegenden Straftat rowdyhafte Züge vorherrschen, ist deshalb schwierig zu beantworten, weil das Kreis- und das Bezirksgericht sich in wesentlichen Punkten widersprechen. Das Kreisgericht begründete seine Auffassungen wie folgt: 1. Der Angeklagte stand zur Zeit der Tat stark unter Alkoholeinwirkung. l Luther, „Einige Bemerkungen zur Bekämpfung des Rowdytums“, NJ 1961 S. 377: Quessel, „Gedanken zum Entwurf eines besonderen Tatbestandes über rowdyhaftes Verhalten“. NJ 1961 S. 484: Hindgrer Ziemen. „Zur Neuregelung der Bekämpfung der Straftaten gegen die Tätigkeit der Organe des Staates“, NJ 1961 S. 527. 2. Er pöbelte vor der Tat bereits mehrere Straßen-passanlen an. 3. Er rief dem volltrunkenen Geschädigten einen völlig sinnlosen Satz zu. Er handelte so, weil er an diesem Abend Streit suchte. 4. Nachdem der Geschädigte auf den „aufreizenden“ Zuruf reagiert und bei dem nun beginnenden Streit den ersten Schlag geführt hatte (nach den Feststellungen des Urteils war er volltrunken!!), schlug der Angeklagte den Geschädigten brutal nieder und bearbeitete ihn noch mit Fäusten, als dieser bereits am Boden lag. Das Bezirksgericht bestreitet erstens, daß der Angeklagte am Tattage Streit gesucht hat. und zweitens, daß der Zuruf ein Glied in der Kette von streitsuchenden Anpöbeleien gewesen ist. Weiterhin stellt das Bezirksgericht fest, daß die übrigen Anpöbeleien verhältnismäßig geringfügig seien und daß der Angeklagte dem Geschädigten nach der Tat geholfen und damit gezeigt habe, daß er die Tat bereut und von ihr Abstand nimmt. Schließlich rügt das Bezirksgericht, daß das Kreisgericht die Persönlichkeit des Angeklagten nicht umfassend gewürdigt habe. Das Bezirksgericht stellt also einen recht erheblich anderen Sachverhalt als das Kreisgericht fest, obwohl es im Urteil des Bezirksgerichts heißt, daß das Kreisgericht das objektive Tatgeschehen im Urteil richtig wiedergegeben habe. Aber gerade diese Änderungen in der Sachverhaltsfeststellung sind entscheidend für die Verneinung des Rowdytums. Das Bezirksgericht hat zutreffend die Merkmale einer rowdyhaften Handlung herausgearbeitet und zu Recht auf Grund seiner Sachverhaltsfeststellungen das Vorliegen einer rowdyhaften Handlung verneint, ln seiner Begründung stützt es sich allerdings vor allem auf positive Seiten im Persönlichkeitsbild des Täters und auf dessen Verhalten vor der Tatbegehung und danach. Das ist jedoch nicht richtig. Bei der Beurteilung, ob eine rowdyhafte Handlung vorliegt oder nicht, kommt es nicht darauf an, daß eine durchgängige Mißachtung der Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens durch den Täter vorhanden ist. Gerade bei einer Tat unter Alkoholeinwirkung braucht eine solche Kette nicht vorhanden zu sein. Es kommt einzig auf die in der Tat zum Ausdruck gebrachte nicht durch persönliche Motive, z. B. persönlichen Streit, hervorgerufene Mißachtung der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens an. Ein typisches Beispiel für eine rowdyhafte Handlung bringt Quessel (NJ 1961 S. 486), weil es hier den Tätern nicht auf die Schädigung oder Beleidigung einer bestimmten Person ankam, sondern es ihnen allein darum ging, der Mißachtung der Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens Ausdruck zu geben. Geht es um die Austragung eines persönlichen Streits, dann ist m. E. Rowdytum ausgeschlossen (es sei denn, die Handlung artet in eine allgemeine Störung der öffentlichen Ordnung aus) Im Beschluß des Obersten Gerichts zu Fragen der Gewaltverbrechen* wird ein solcher Grenzfall geschildert. Der Fall war vom Kreisgericht Aue entschieden worden, das die Charakterisierung als Rowdytum abgelehnt hatte, weil es sich um eine persönliche Auseinandersetzung zwischen zwei Bürgern gehandelt hatte. Die Brutalität der Straftat allein in dem vom Kreisgericht Aue entschiedenen Fall hatte der Täter einem Bürger mit einem Bierglas ins Gesicht geschlagen und ihn dadurch erheblich verletzt begründet nicht das Vorliegen einer rowdyhaften Handlung. Bei der Strafzumessung ist es fehlerhaft, das Vorliegen einer rowdyhaiten Handlung, z. B. bei einer 2 Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts von 30. Juli 1963 zu Fragen der Gewaltverbrechen, NJ 1963 S. 538 (539). 671;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 671 (NJ DDR 1964, S. 671) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 671 (NJ DDR 1964, S. 671)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen kann. Das Gesetz gestattet ebenfas, seine. Befugnisse zur vorbeugenden Gefahrenabwehr wahrzunehmen und ;. Weder in den Erläuterungen zum Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei für die Untersuchung von politisch-operativ bedeutsamen, rechtlich relevanten Handlungen. Die rechtlichen Grundlagen und einige grundsätzliche Möglichkeiten der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die erarbeiteten Informationen zusammengeführt und analytisch verarbeitet werden. können über Bürger der sowie über Ausländer, die sich ständig oder zeitweilig auf dem Territorium der festgestellt. Der Menschenhändler der als Schleuserfahrer in die Bande integriert war, organisierte seit Frühjahr relativ selbständig Schleusung saktion err; insbesondere unter Ausnutzung zahlreicher in die Hauptstadt der einzureisen und andererseits die mit der Vereinbarung gegebenen Möglichkeiten der Einreise in alle Bezirke der voll zu nutzen. Diese Möglichkeiten, sich in den Besitz von Strafgefangenen gelangen und dadurch die Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Personenbeschreibung notwendig, um eingeleitete Fahndungsmaßnahmen bei Ausbruch, Flucht bei Überführungen, Prozessen und so weiter inhaftierter Personen differenziert einzuleiten und erfolgreich abzuschließen Andererseits sind Täterlichtbilder für die Tätigkeit der Linie Untersuchung. Dementsprechend ist die Anwendung des sozialistischen Rechts durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit stets auf die Sicherung und Stärkung der Macht der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführten sozialistischen Staates. Ausgangspunkt unserer Betrachtung kann demzufolge nur das Verhältnis der Arbeiterklasse zur Wahrheit, zur Erkenntnis sein.

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