Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 668

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 668 (NJ DDR 1964, S. 668); Zeugin S. Mit dieser Zeugin und einer weiteren Schülerin sowie deren Bekannten suchte der Angeklagte im Anschluß an diese Theatervorstellung zunächst eine Gaststätte und danach allein mit der Zeugin eine Bar auf. Nach dieser Begegnung sah der Angeklagte die Zeugin nicht wieder, bis diese den Angeklagten zu einem erneuten gemeinsamen Theaterbesuch einlud. Von da an besuchten beide des öfteren Theater wie auch Tanzgaststätten. Im Zusammenhang mit dem zweiten Theaterbesuch Ende Dezember 1962 kam es das erste Mal zum Austausch von Zärtlichkeiten. In der Folgezeit entwickelte sich zwischen dem Angeklagten und der Zeugin S. ein intimes Verhältnis. Seit Januar 1963 kam es auch mehrfach zum Geschlechtsverkehr. Die Mutter der Zeugin lernte den Angeklagten bei einem Aufenthalt in ihrer Wohnung kennen, wandte sich aber erst dann gegen dieses Verhältnis, als sie erfuhr, daß der Angeklagte verheiratet ist und zwei Kinder hat. Die Zeugin S. hat im Juli 1963 nach dem Abschluß der 10. Klasse die Schule verlassen und eine Lehre aufgenommen. Sowohl der Angeklagte als auch die Zeugin S. betrachteten ihr Verhältnis zu jeder Zeit als ein echtes Liebesverhältnis. In der Zeit der Beziehungen des Angeklagten zu der Zeugin war seine Ehe zerrüttet. Anfang Januar 1963 hatte ihm seine Ehefrau eingestanden, daß sie sich mit einem anderen Mann eingelassen und von diesem auch das jüngere Kind habe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der ein Freispruch angestrebt wird. Die Berufung mußte Erfolg haben. Aus den Gründen: Die Strafkammer hat auf der Grundlage einer umfangreichen Beweisaufnahme den Sachverhalt zutreffend festgestellt. Sie ist jedoch bei der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit der Handlung zu einem falschen Ergebnis gekommen. Die Strafkammer hat bei der rechtlichen Würdigung des Verhaltens des Angeklagten verkannt, daß nicht jedes den Moralauffassungen der Werktätigen widersprechende Verhalten zugleich auch strafbar ist. In jedem Fall ist daher die exakte und umfassende Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung, wie sie in den Rechtspflegebeschlüssen des Staatsrates noch einmal ausdrücklich gefordert wird, eine der wesentlichsten Garantien der sozialistischen Gerechtigkeit. Jede Verletzung dieses Prinzips stellt eine schwerwiegende Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit dar. Die Strafkammer hat zutreffend festgestellt, daß das Verhalten des Angeklagten den hohen Anforderungen, die an einen Lehrer in einem sozialistischen Staat gestellt werden, nicht gerecht wird. Der Lehrer, der Er-‘zicher junger Menschen, muß der Jugend in jeder Weise auch durch ein moralisch einwandfreies Verhalten Vorbild sein. Der Angeklagte hat durch sein Verhalten seine Erzieherpflichten gröblich verletzt und wie vom gesellschaftlichen Ankläger überzeugend ausgeführt wurde das Ansehen der Lehrerschaft geschädigt. Die moralische Verwerflichkeit muß jedoch nicht in jedem Fall bedeuten, daß dieses Verhalten auch strafbar ist. Das hat die Strafkammer nicht beachtet und den Schutzcharakter des § 174 Ziff. 1 StGB verkannt. Die Tatbestände des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches schützen die in der sozialistischen Ordnung bestehenden humanistischen Beziehungen zwischen den Geschlechtern und stellen diejenigen Handlungen unter Strafe, die die moralisch reinen und gesunden Beziehungen zwischen den Geschlechtern und insbesondere die moralisch und sittlich saubere Entwicklung unserer Jugend gefährden. § 174 Ziff. 1 StGB insbesondere schützt alle Personen unter 21 Jahren vor Angriffen von Personen, die zu ihnen in einem bestimmten Autoritätsverhältnis stehen. Die Strafkammer hat richtig festgestellt, daß zwischen jedem Lehrer und jedem Schüler einer Schule ein konkretes Erziehungsverhältnis besteht, das eine gewisse Unterordnung des Schülers unter die Autorität des Lehrers beinhaltet. Dieses Verhältnis kann aber graduell unterschiedlich gestaltet sein. Der Grad der Beeinflußbarkeit des Schülers durch den Lehrer hängt in entscheidendem Maße davon ab, welche Stellung der Lehrer dem Schüler gegenüber im konkreten Fall hat, d. h., ob es sich um den Schulleiter, den Klassenlehrer, einen in der Klasse unterrichtenden Lehrer oder aber um einen Lehrer handelt, der, abgesehen von seiner Zugehörigkeit zum pädagogischen Rat und der Pausenaufsicht. keine unmittelbaren Beziehungen zu der Klasse hat, der der Schüler angehört. Das im letzten Fall vorliegende Erziehungsverhällnis ist nicht so ausgeprägt, däß wie etwa beim Schulleiter oder beim Klassenlehrer allein die Art des Verhältnisses ein Indiz dafür ist, ob dieser Lehrer unter Mißbrauch seiner Stellung gehandelt ha't. Der Mißbrauch eines dem Täter zur Erziehung anvertrauten Menschen unter 21 Jahren zur Unzucht ist aber eine weitere Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 174 Ziff. 1 StGB. Das Tatbestandsmerkmal „mißbrauchen" bezieht sich auf das Erziehungsverhältnis. Es setzt voraus, daß der Täter dieses Erziehungsverhältnis vorsätzlich mißbraucht. Daher genügt nicht allein das Bestehen eines Erziehungsverhältnisses und die daraus resultierende Bekanntschaft zwischen dem Betroffenen und dem Täter. Andererseits ist es nicht erforderlich, daß sich der Täter irgendwelcher verbrecherischer Mittel bedient oder daß der Betroffene für den Fall einer Weigerung Nachteile befürchten müßte. Erforderlich ist aber, daß die Autorität, die der Lehrer gegenüber - dem Schüler genießt, von ihm ausgenutzt wurde, um die Unzuchtshandlungen vorzunehmen. Dieses Tatbestandsmerkmal ist demzufolge erfüllt, wenn sich der Lehrer der Schülerin in der Absicht nähert, mit ihr in sexuelle Beziehungen zu treten, und durch seine Autorität als Lehrer die Willensentscheidung der Schülerin wesentlich beeinflußt. In dieser Hinsicht bestehen jedoch bereits erhebliche Zweifel, ob sich der Angeklagte tatsächlich in dieser Weise der Zeugin genähert hat. Die Beweisaufnahme vor der Strafkammer hat ergeben, daß der Angeklagte mit der Zeugin S. unmittelbar erst im Zusammenhang mit dem Theaterbesuch bekannt geworden ist. Es sind keine ausreichenden Beweise dafür vorhanden, daß der anschließende Gaststättenbesuch dem Angeklagten Mittel sein sollte, nähere Beziehungen zu der Zeugin an-zuknüpl'en. Derartige Hinweise ergeben sich auch nicht aus der Tatsache, daß es später auf Initiative der Zeugin S. zu einem erneuten gemeinsamen Theaterbesuch gekommen ist. Zu dieser Zeit hatte die Zeugin, wie sich aus ihrer Befragung in der Beweisaufnahme vor dem Senat ergab, bereits Zuneigung zu dem Angeklagten gefaßt. Das ergibt sich auch aus dem späteren Austausch von Zärtlichkeiten, zu denen die Zeugin in keiner Weise durch das bestehende Erziehungsverhältnis veranlaßt worden war. In diesem Zusammenhang ist auch die Situation, in der der Angeklagte stand, zu beachten. Die Ehe des Angeklagten war zu diesem Zeitpunkt bereits zerrüttet. Unter diesen Umständen ist es nicht völlig abwegig, daß er echte Zuneigung zu der Zeugin empfunden haben kann und nicht lediglich ein sexuelles Abenteuer mit ihr gesucht hat. Für letzteres spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, daß der Angeklagte in der Wohnung der Zeugin S. verkehrte und dort auch deren Mutter kennenlernte. 668;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 668 (NJ DDR 1964, S. 668) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 668 (NJ DDR 1964, S. 668)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und in diesem Zusammenhang auftretende zeitliche und örtliche besondere Bedingungen finden ihren Ausdruck vor allem in solchen Faktoren wie die strikte Wahrung der Rechte und Pflichten der Verhafteten sowie die nach gleichen Maßstäben anzuwendenden Anerkennungs- und Disziplinarpraxis gegenüber Verhafteten. Deshalb sind die Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung oder seines Stellvertreters. In Abwesenheit derselben ist der Wachschichtleiter für die Durchführung der Einlieferung und ordnungsgemäßen Aufnahme verantwortlich. Er meldet dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Erfordernisse für die Untersuchungstätigkeit und ihre Leitung einzustellen. Es gelang wirksamer als in den Vorjahren, die breite Palette der Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle der von der Arbeits-richtung bearbeiteten Vorgänge, durch die Abteilungen konnten die in der Jahresanalyse genannten Reserven noch nicht umfassend mobilisiert werden.

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