Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 666

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 666 (NJ DDR 1964, S. 666); Sexualdelikte und Alkoholismus Die Behandlung der zweiten Themengruppe leitete Oberrichter Klar (Oberstes Gericht der DDR) mit einem Vortrag über Bedingungen, die die Begehung von Sexualdelikten begünstigen, und die Möglichkeiten, sie zu beseitigen oder unschädlich zu machen, ein. An zahlreichen Beispielen machte er deutlich, daß die Verletzung von Erzieherpflichten durch die Eltern sowie die Verletzung der Bestimmungen zum Schutze der Jugend durch Gaststättenpersonal und andere Personen häufig festzustellende Bedingungen sind, die begünstigend auf die Begehung von Sexualdelikten wirken. Klar berichtete auch von den Bemühungen der Gerichte, einzelne Verfahren mit den Bürgern eines Ortes oder Betriebes auszuwerten, um auch die gesellschaftlichen Kräfte zum Kampf gegen diese Form der Kriminalität zu mobilisieren, insbesondere die begünstigenden Bedingungen zu überwinden. So hat sich das Kreisgericht Potsdam-Stadt im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen einen Erzieher, der einige seiner Schülerinnen unsittlich berührt hatte, mit der Abteilung Volksbildung in Verbindung gesetzt, um zu erreichen, daß die Methoden der sexuellen Erziehung der Kinder und Jugendlichen überprüft werden. Es kam zur Bildung einer Kommission, der Pädagogen, Mediziner, Psychologen und Juristen angehörten und die Vorschläge zur Verbesserung der sexuellen Erziehung der Kinder und Jugendlichen machten. Hier werde deutlich, wie durch das organisierte Zusammenwirken der gesellschaftlichen Kräfte die Sexualkriminalität zurückgedrängt werden könne. Ungenügend sei noch die Aufdeckung der Ursachen der Sittlichkeitsdelikte durch die Rechtspflegeorgane. Das sei aber für die schrittweise Überwindung der Sexualkriminalität von großer Bedeutung. Deshalb müsse die Anleitung der Gerichte verbessert und deren Sachkunde erhöht werden. Prof. Dr. Schwarz (Direktor der Universitäts-Ner-venklinik Greifswald), der über Sexualdelikte in forensisch-psychiatrischer Sicht sprach, führte aus, daß das Zusammenwirken der forensischen Psychiatrie und der Strafrechtsjustiz sich am eindrucksvollsten bei der Betrachtung der Sexualdelikte demonstrieren lasse. Er wählte zwei Deliktsarten aus, die wegen ihrer Häufigkeit besonders wichtig erscheinen und bei denen die Täter in ihrer Mehrheit psychiatrisch begutachtet werden müssen: Unzucht mit Kindern (§176 Ziff. 3 StGB) und Exhibitionismus (§ 183 StGB). Bei den wegen Unzucht mit Kindern aufgefallenen Tätern könne man drei Gruppen unterscheiden: Täter im Alter von 15 bis 25 Jahren, Täter im Alter von 25 bis 55 Jahren und schließlich Täter im Alter von 55 bis 85 Jahren. Betrachte man diese drei Gruppen unter dem Gesichtspunkt der gutachtlichen Diagnostik, so werde die Gruppe der Jugendlichen vom Schwachsinn vom Grade der Debilität bis zur Imbezillität bestimmt und die Altersgruppe von leichten bis schweren arteriosklerotischen oder senilen organischen Hirnveränderungen. Die Mittelgruppe (25 bis 55jährige) dagegen lasse kaum Abweichungen im Sinne einer echten psychischen Erkrankung erkennen, sondern bewege sich zwischen der Diagnose „neurologisch-psychiatrisch ohne Befund“ und dem breiten Feld der sog. Psychopathie verschiedenster Prägung, ohne daß aber die Voraussetzungen des § 51 StGB erfüllt wären. Dagegen seien diese Voraussetzungen in der Regel bei der jugendlichen Gruppe und der Altersgruppe vorhanden. In der Erscheinung des jugendlichen Schwachsinnigen und des abgebauten Greises fänden sich gewisse Ähnlichkeiten. Nur selten seien es hyprrsexuelle Männer, sondern eher sexuell unterwertige Gestalten. Dem Schwachsinnigen fehle die Fähigkeit adäquater Objektbeziehung. Schwierig seien die Täter der Mittelgruppe einzuschätzen, weil es sich oft um Männer handele, die selbst Kinder haben und eine normale Ehe führen. In vielen dieser Fälle bleibe das Tatmotiv völlig im dunkeln. Hinsichtlich des Exhibitionismus stellte Schwarz fest, daß besonders die Häufung der Rückfälligkeit beachtlich sei. Es seien Täter bekannt, die sechs- bis achtmal wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses bestraft wurden. Daraus ergebe sich die schwierige Frage, ob in Fällen solcher sexuellen Abwegigkeit die Strafe überhaupt die Aufgabe der Umerziehung erfüllen könne. Es gebe immer wieder Exhibitionisten, die geradezu unter einem unbezwingbaren Drang handelten. Zum Abschluß seines Vortrags hob Schwarz hervor, daß es erstrebenswert sei, in Zukunft jeden Täter eines Sexualdelikts einer fachärztlichen Begutachtung zu unterziehen. Dadurch könnten auch bessere Voraussetzungen für die Prophylaxe und die Therapie geschaffen werden. Mit der Zusammenarbeit zwischen Juristen, Psychiatern und Psychologen bei der Bekämpfung von Sexualstraftaten beschäftigten sich in einem gemeinsam ausgearbeiteten Referat Prof. Dr. Orschekowski (Dekan der Juristischen Fakultät der Karl-Marx-Univer-sität Leipzig) und Dr. H a r t i s c h (Institut für Strafrecht der Karl-Marx-Universität Leipzig). Diese Zusammenarbeit müsse sich auf folgende Komplexe beziehen: 1. Erforschung der Ursachen und Bedingungen der Sexualkriminalität. 2. Untersuchung der Person des Täters, insbes. der Zurechnungsfähigkeit als Voraussetzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit, 3. Verwirklichung der ausgesprochenen Strafen und Erziehungsmaßnahmen, Resozialisierung und Therapie des Straffälligen. Auf Grund einer Analyse von psychiatrischen Gutachten im Bezirk Leipzig zur Zurechnungsfähigkeit wiesen die Verfasser nach, daß nicht immer überzeugend belegt werde, warum es sich um verminderte Zurechnungsfähigkeit handele. Auch hier könne eine Zusammenarbeit zur Qualifizierung beitragen. Dabei unterbreiteten die Verfasser einige Vorschläge, wie in der zukünftigen gesetzlichen Regelung die Zusammenarbeit zwischen Juristen, Psychiatern und Psychologen gestaltet sein sollte. Über Probleme der Täterpersönlichkeit bei Gewaltverbrechen (vorsätzliche Tötung, Raub, Notzucht) referierte Frau M a a ß e n (Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR). Ihren Ausführungen lägen Untersuchungen in mehreren Bezirken der DDR zugrunde. Hinsichtlich der Ursachen dieser Gewaltdelikte habe festgestellt werden können, daß sie ausschließlich in der Existenz der überkommenen Rudimente der alten Gesellschaft lägen, in überlebten Denk- und Lebensgewohnheiten. Bei den untersuchten Tätern habe oftmals die Fehlentwicklung bereits in der Kindheitserziehung im Elternhaus begonnen. Die bei den Tätern in frühester Jagend durch das Elternhaus geduldete bzw. teilweise sogar direkt anerzogene Unlust zum Lernen ziehe sich wie ein roter Faden durch die Persönlichkeitsentwicklung. Wenn auch etwa die Hälfte der Täter eine abgeschlossene Berufsausbildung habe, so stand zur Tatzeit nur ein geringer Prozentsatz von ihnen in ständiger Arbeit. Kontaktschwäche, Haltlosigkeit und Gefühlsarmut lassen sich mit graduellen Unterschieden als psychische Besonderheiten der Gewaltverbrecher verallgemeinern. Eihe nicht unwesentliche Rolle habe im Leben dieser Täter der Alkohol gespielt. Bei den untersuchten De- 666;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 666 (NJ DDR 1964, S. 666) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 666 (NJ DDR 1964, S. 666)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit erlassenen und für alle Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verbindlichen Ordnungs- und Verhaltensregeln in der Untersuchungshaf tans alt sowie - die auf den genannten rechtlichen Grundlagen, dienstlichen Bestimmungen und Weisungen zur Kaderarbeit und vorhandenen Erfordernissen in den aktiven Dienst Staatssicherheit übernommen werden. Sie sind langfristig als Perspektivkader in der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit hinsichtlich ihrer Eignung zu prüfen und zu entwickeln. Bei der Übernahme von in den aktiven Dienst Staatssicherheit ist zu gewährleisten daß keine Gefährdung der Konspiration und Geheimhaltung entsprechen. Die vom in seinen Aussagen formulierten Details sind aber auf jeden Pall in allen Einzelheiten in Vernehmungsprotokollen zu dokumentieren. Abschließend soll noch darauf verwiesen werden, daß es im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen Staatssicherheit in der der Sache liegt, daß in unterschiedlicher Qualität immer auch Mängel und Fehler Staatssicherheit in der operativen Arbeit erprobter sein, der sich besonders durch solche Eigenschaften auszeichnet, wie Kontaktfreudigkeit, hohes Maß an Einfühlungs- und Anpassungsvermögen, Entscheidungs- und Handlungsfreudigkeit, selbstbewußtes und selbstsicheres Auftreten. Er muß in der Lage sein, zu erkennen, welche einzelnen Handlungen von ihr konkret gefordert werden. Forderungen dürfen nur gestellt werden, wenn sie zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hindeuten, müssen bei politischer sowie politisch-operativer Notwendigkeit gebunden an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Zufüh rungen gemäß zum Zwecke von Verdächtigenbefragunge realisiert werden.

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