Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 659

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 659 (NJ DDR 1964, S. 659); u. a. durchführt, hierbei mit dem Jugendlichen, den Eltern und anderen Personen spricht und die Ergebnisse in einem Jugendhilfebericht darlegt, der dem Gericht, bestenfalls dem Staatsanwalt, übersandt wird. Da die Untersuchungsorgane gehalten sind, die Untersuchungen umfassend zu führen, führt eine solche Arbeitsweise zu Doppelarbeit und damit zu Zeitvergeudung und zur Verärgerung der zum gleichen Themenkomplex doppelt Befragten. Oft bewirkt die geteilte Verantwortung auch, daß überhaupt keine gründlichen Untersuchungen zur Persönlichkeit des Täters, zu seiner Entwicklung usw. geführt werden. Um diesen Zustand zu beseitigen, wurde in einigen Kreisen zwischen den Untersuchungsorganen und der Jugendhilfe vereinbart, alle Vernehmungen jugendlicher Beschuldigter und die Anhörung der Erziehungsberechtigten stets gemeinsam durchzuführen. Der Vorteil gegenüber der früher angewandten Methode, der sowohl in pädagogisch qualifizierteren Vernehmungen und Befragungen als auch oft in der Zeitersparnis besteht, soll nicht bestritten werden. Trotzdem möchten wir vor solchen schematischen Vereinbarungen warnen, weil sie die Verantwortungsbereiche der Untersuchungsorgane und der Jugendhilfe miteinander vermischen, die Jugendhilfe faktisch in ein Untersuchungsorgan verwandeln und sie von ihren eigentlichen Aufgaben ablenken. Wir halten es deshalb für richtig, daß die Untersuchungsführer bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Jugendlichen stets und sofort Verbindung zur Jugendhilfe aufnehmen, die dort vorhandenen Unterlagen auswerten und mit dem Jugendfürsorger auch bestimmte Fragen der Untersuchungsplanung besprechen. Im Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit erhält der Untersuchungsführer zumeist viele wertvolle Hinweise, sowohl zum Gegenstand der Untersuchungen, als auch zur Methodik seines Vorgehens. Unseres Erachtens sollte das Referat Jugendhilfe vornehmlich dann zur aktiven Mitarbeit herangezogen werden, wenn bei ihm ein Vorgang über den Jugendlichen oder dessen Familie vorhanden ist und dem Referat Jugendhilfe bekannt ist, daß es für das Untersuchungsorgan ohne aktive Mitarbeit der Jugendhilfe schwierig sein wird, zu dem Jugendlichen oder seinen Erziehungsberechtigten Kontakt zu gewinnen; schwerwiegende pädagogische oder psychologische Fragen zu behandeln sind, die eine gutachtliche Stellungnahme der Jugendhilfe in einem besonderen Bericht erfordern, z. B. zur Schuldfähigkeit des Jugendlichen, zur Anordnung bestimmter Erziehungsmaßnahmen u. a.; das Untersuchungsorgan während der Ermittlungen auf komplizierte pädagogische Probleme stößt, die es allein nicht lösen kann, z. B. wenn bei der Beschuldigtenvernehmung oder der Anhörung Erziehungsberechtigter Schwierigkeiten auftreten, die eine Einbeziehung der Jugendhilfe erforderlich machen. Die Mitwirkung von Verteidigern im Jugendstrafverfahren Die umfassende Gewährleistung des Rechts eines Beschuldigten auf Verteidigung ist ein wesentlicher Grundsatz der sozialistischen Rechtspflege. Dieser Grundsatz muß im Jugendstrafverfahren besonders berücksichtigt werden, weil ein jugendlicher Beschuldigter bzw. Angeklagter in der Regel in geringerem Maße als ein Erwachsener imstande ist, sein Recht auf Verteidigung wahrzunehmen. Zahlreiche Vorschläge verfolgen deshalb das Ziel, das Recht auf Verteidigung im Jugendstrafverfahren in der künftigen Strafprozeßordnung besser, als dies bisher im Jugendgerichtsgesetz von 1952 geschehen ist, zu gewährleisten. Der Entwurf der neuen Strafprozeßordnung sieht vor, daß bei jugendlichen Angeklagten im gerichtlichen Verfahren ausnahmslos ein Verteidiger mitwirken muß. Hat der Jugendliche keinen Wahlverteidiger, so ist ihm von Amts wegen ein Verteidiger zu bestellen. Diese Bestimmung soll unabhängig von der Art der Straftat und unabhängig von einem etwaigen Verzicht des Jugendlichen oder seiner Erziehungsberechtigten auf Mitwirkung eines Verteidigers gelten. Damit wird in Auswertung der neueren Gesetzgebung in anderen sozialistischen Ländern eine Bestimmung vorgeschlagen, wie sie ihrem Charakter und Umfang nach bisher in Deutschland unbekannt war. Die Strafprozeßordnungen anderer sozialistischer Länder z. B. der RSFSR und der CSSR enthalten außerordentlich weitreichende Bestimmungen über den Zeitpunkt der Zulassung bzw. der Bestellung von Verteidigern sowie über die Aufgaben und Möglichkeiten des Verteidigers bereits im Untersuchungsverfahren (Vorverfahren)6. Wir sind der Meinung, daß in unserer künftigen Strafprozeßordnung auch die obligatorische Mitwirkung von Verteidigern im Ermittlungsverfahren dann festgelegt werden sollte, wenn sich der jugendliche Beschuldigte in Untersuchungsh a ft befindet. Für diesen Vorschlag sprechen u. E. folgende Gründe: a) Die Untersuchungshaft erschwert es dem jugendlichen Beschuldigten auf Grund seiner geringen Lebenserfahrung und oft auch auf Grund seiner ungenügenden geistigen Reife mehr als einem erwachsenen Beschuldigten, von seinem Recht auf Verteidigung Gebrauch zu machen. b) Da an die Anordnung der Untersuchungshaft bei Jugendlichen zu Recht äußerst strenge Anforderungen gestellt werden, wird es sich in der Regel um den begründeten Verdacht sc h w e r e r Straftaten handeln, wenn gegen einen jugendlichen Beschuldigten ein Haftbefehl erlassen werden mußte. c) Die Mitwirkung von Verteidigern bereits im Ermittlungsverfahren kann zur Beschleunigung des Verfahrens, zur umfassenderen Aufklärung des Sachverhalts, zur frühzeitigeren Haftentlassung des Jugendlichen u. a. beitragen. Darüber hinaus sollte in das Gesetz eine Klausel aufgenommen werden, die das Gericht ermächtigt, auf Antrag des Staatsanwalts in Jugendstrafsachen auch in anderen notwendigen Fällen bereits im Ermittlungsverfahren einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Die Erweiterung des zeitlichen Umfanges für die Mitwirkung von Verteidigern sollte mit der Erweiterung ihrer Rechte und Pflichten bei der Verteidigung eines Beschuldigten einhergehen. Eine solche Erweiterung könnte beispielsweise in dem Recht des Verteidigers auf Teilnahme an bestimmten Untersuchungshandlun-gen bestehen". fi So bestimmt z. B. § 3G Abs. 1 Buchst, c der Straforo/.eßord-nung der CSSR vom 29. November 19G1, daß der Beschuldigte bereits im Vorverfahren einen Verteidiger haben muß. wenn es sich um einen Prozeß gegen einen Minderjährigen handelt. In Art. 47 der Strarprozeßordnung der RSFSR vom 27. Oktober i960 wird bestimmt, daß in Strafverfahren gegen Minderjährige ein Verteidiger bereits von der Erhebung der Beschuldigung an (Art. 143 StPO) zugelassen ist. 7 Da es sieh um eine generelle verfahrensrechlliche Problematik handelt, die allerdings auch in Jugendstrafverfahren sehr aktuell ist, müssen wir uns hier darauf beschränken, sie lediglich anzuführen. 659;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 659 (NJ DDR 1964, S. 659) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 659 (NJ DDR 1964, S. 659)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie mit der Deutschen Volkspolizei hat in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit zu erfolgen. Bezogen auf die Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein.

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