Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 621

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 621 (NJ DDR 1964, S. 621); In ihrer Jagd nach Höchstprofit erweitern die Kapitalisten einerseits die Produktion und erhöhen andererseits den Grad der Ausbeutung; dadurch bleibt die zahlungsfähige Nachfrage der Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Wachstum der Produktion zurück. Aus diesen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten erklärt sich die Erscheinung, daß zwar viele Wohnungen unabhängig von den real vorhandenen Bedürfnissen geschaffen werden, aber zugleich ein Wohnungsmangel bei breiten Schichten der Bevölkerung herrscht3. Die daraus resultierenden Widersprüche verschärfen sich besonders unter den Bedingungen des Imperialismus. Aus der Funktion des Mietverhältnisses Realisierung von Mehrwert und Grundrente folgt die objektive Tendenz, den Mietpreis über den Wert des Wohnraums zu steigern. Auf dieser Grundlage führt das Bestehen eines absoluten Wohnraummangels gesetzmäßig zum Mietwucher größten Ausmaßes. Das kapitalistische Privateigentum am Grund und Boden, das die Bildung von absoluter Grundrente, Differentialrente und Monopolrente hervorruft, vertieft weiterhin die auf dem kapitalistischen Wohnungsmarkt bestehenden antagonistischen Widersprüche (Mietwucher mangelnde Kaufkraft relativer und absoluter Wohnungsmangel leerstehende Komfortwohnungen Elendsviertel usw.). Diese allgemeine Gesetzmäßigkeit trotz absoluten Wohnungsmangels einerseits Vorhandensein von leerstehenden Wohnungen andererseits wird in ihren Äußerungsformen noch komplizierter und widerspruchsvoller in bestimmten Phasen des kapitalistischen Produktionszyklus, so in der gesetzmäßigen Phase der Überproduktionskrise. Diese Zeiten werden begleitet von massenhaften Exmittierungen und Umquartierungen, besonders erwerbsloser Arbeiter und ihrer Familien, in Behausungen, die eben gerade die äußerste Grenze zur Gewährleistung ihrer Reproduktion darstellen bzw. sogar teilweise darunterliegen. Der Charakter der dem kapitalistischen Zivilrecht im wesentlichen zugrunde liegenden ökonomischen Beziehungen die Verhältnisse der Warenzirkulation mit ihrer i'ormalrechtlichen Gleichstellung der Parteien ist eine der entscheidenden Ursachen dafür, daß auch das Wohn- und Mietrecht besonders geeignet erscheint,1 seine Klassenbezogenheit und -gebundenheit zu leugnen. Die Entwicklung des Kapitalismus aus seinem vormonopolistischen in sein monopolistisches Stadium spiegelte sich auch auf dem Gebiet des Mietrechts wider als ein Prozeß des Zurückdrängens des noch im BGB formal enthaltenen sog. Prinzips der Vertragsfreiheit. Das BGB überließ es mit wenigen Ausnahmen (z. B. §§ 540, 541, 544, 559, 560 Satz 2, 567, 570 BGB) grundsätzlich dem Willen der Vertragspartner, ihre Rechtsstellung zueinander festzulegen, wonach also die Rechtslage des Mieters grundsätzlich davon abhing, wie der Vertrag im einzelnen ausgestaltet wurde. Nur dann, wenn im Vertrage nähere Vereinbarungen fehlten, traten die Bestimmungen des BGB ein. Diese formale Vertragsfreiheit, die nur eine Freiheit für den ökonomisch Stärkeren zum Inhalt hatte, wurde schon bald nach Inkrafttreten des BGB durch die breit angelegte Einführung der „Formblattverträge“ seitens der Hausbesitzerorganisationen zu einem offenen Instrument gegen die Mieter'’. Gestützt auf diese „Vertragsfreiheit“ wurden so gut wie sämtliche mieterfreundlichen Bestimmungen des BGB faktisch aufgehoben und damit also, da es sich um ein Vermieterdiktat handelte, selbst die formale Vertragsfreiheit weitgehend beseitigt. 3 Hier handelt es sich um eine Erscheinung, die gesetzmäßig in allen kapitalistischen Ländern auftritt. Siehe dazu z. B. Berichte über Italien und England. Süddeutsche Zeitung vom 31. März 1962, BZ am Abend vom 12. November 1962, Volksstimme (Magdeburg) vom 15. September 1964. 4 Vgl. Roquette, Mietrecht, Tübingen 1954, S. 105. Unter den Bedingungen der kapitalistischen Warenproduktion stellen deshalb die gesetzliche Mietpreisbindung, der gesetzliche Mieterschutz und die staatliche Wohnraumlenkung als Ergebnisse des Klassenkampfes der Arbeiterklasse besonders nach dem ersten Weltkrieg für die breiten Schichten des Volkes eine echte soziale Errungenschaft in einem ihrer entscheidenden Lebensbereiche dar“. Es sei ausdrücklich vermerkt, daß die Entwicklung des Wohn- und Mietrechts nur dann richtig analysiert und verstanden werden kann, wenn die Fragen der Mietpreisbildung und des zivilrechtlichen Verhältnisses zwischen Mieter und Vermieter sowie die Fragen der staatlichen Wohnraumlenkung in ihrem inneren, gesetzmäßigen Zusammenhang betrachtet werden, obwohl in mancher Hinsicht zunächst dieser Zusammenhang nicht direkt erkennbar ist. Die rechtlichen Normierungen der Mietpreisbildung, des zivilrechtlichen Verhältnisses zwischen Mieter und Vermieter und der staatlichen Wohnraumlenkung bilden auf Grund der einheitlichen ökonomischen und politischen Basis dieser rechtlichen Erscheinungen eine Einheit. Nähere Untersuchungen ergeben eindeutig, daß es sich bei ihnen um korrespondierende, sich gegenseitig ergänzende staatliche Methoden zur Durchsetzung bestimmter ökonomischer und politischer Maßnahmen entsprechend den jeweiligen historischen Bedingungen zum Zwecke der Aufrechterhaltung und des Schutzes gewünschter gesellschaftlicher Verhältnisse handelt. Zur Periodisierung der Entwicklung des Wohn-und Mietrechts In Westdeutschland durchdringt heute der staatsmonopolistische Kapitalismus in einem in der bisherigen Geschichte Deutschlands nicht gekannten Ausmaß die gesamte gesellschaftliche Praxis in allen Sphären des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens der Bundesrepublik6. Eine der wichtigsten Erscheinungsformen dieses staatsmonopolistischen Kapitalismus ist die Militarisierung der westdeutschen Volkswirtschaft, die gesetzmäßig mit staatlichen Maßnahmen zum Abbau der demokratischen und sozialen Rechte und Freiheiten der Bevölkerung, insbesondere der Arbeiterklasse, verbunden ist. Die Umgestaltung des Wohn- und Mietrechts ist unmittelbar Ausdruck dieses antisozialen und antinationalen Entwicklungsweges des westdeutschen Regimes7. Sie läßt sich in drei Perioden einteilen: 1. Die Periode der lückenlosen Preisbindung, des umfassenden Mieterschutzes und der staatlichen Wohnraumlenkung von 1945 bis zur Bildung des westdeutschen Separatstaates*. 2. Die Periode der Vorbereitung und der ersten Schritte zum Abbau der Preisbindung, des Mieterschutzes und 5 Folgende Gesetzgebungsakte drücken dies aus: Erste Mie- terschutzVO vom 27. Juli 1917 (RGBl. S. 659): Zweite Mieter- schutzVO vom 23. September 1918 (RGBl. S. 1140): VO über Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel vom 23. September 1918 (RGBl. S. 1143): Reiehsmtetengesetz vom 24. März 1922 (RGBl. I S. 273): Mietersehutzgesetz vom 1. Juni 1923 (RGBl. I S. 453); Wohnungsmangelgesetz vom 26. Juli 1923 (RGBl. I S. 754). Vgl. hierzu auch Roquette, Mietersehutzgesetz. München und Berlin 1956, S. 48. 6 Reinhold. „Die Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Westdeutschland“. Einheit I960. Heft 6. S. 891 ff. 7 Vgl. Kellner. „Das anlinationale und antisoziale Mict- und Wohnrecht in Westdeutschland“, NJ 1960 S. 727 ff. 8 Als wichtigste gesetzliche Bestimmungen sind hervorzuheben: Rcichsmietengesetz (RMG) vom 24. März 1922 (RGBl. I S. 273) i. d. F. der ÄndVO vom 20. April 1936 (RGBl. I S. 378) und des ÄndG vom 15. Januar 1941 (RGBl. I S. 37); Preis-stoppVO vom 26. November 1936 (RGBl I S. 955) nebst I. Ausfüh-rungsVO vom 30. November 1936 (RGBl. I S. 956) und III. Aus-führungsVO vom 29. September 1937 (RGBl. I S. 1127): Runderlaß für die Preisbildung Nr. 184 37 vom 12. Dezember 1937 (DJ 1938 S. 537. Textausgabe Wohnungs-. Wohnungsbau- und Wohnungsmietrecht. Berlin 1963. R. 458): Mietersehutzgesetz vom l. Juni 1923 (RGBl. I S. 353) nebst den dazu erlassenen Aus-führungs- und Änderungsbestimmungen: Wohnungsmangelgesetz vom 26. Juli 1923 (RGBl. I S. 754): Wohnungsgesetz Kontrollratsgesetz Nr. 18 vom 8. März 1946 (Amtsblatt des Kontrollrates Nr. 5 vom 31. März 1946, S. 117). 62t;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 621 (NJ DDR 1964, S. 621) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 621 (NJ DDR 1964, S. 621)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung desselben vorliegen und ein solches angestrebt wird. Ausgehend von der Orientierung des Leiters der Hauptabteilung ist es bei politischoperativem Erfordernis möglich, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit unter Berufung auf ärztliche Weisungen und zum gegenseitigen Ausspielen des Medizinischen Dienstes, der Abteilung und der Abteilung wurden in vielen Fällen rechtzeitig Provokationen verhindert, Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und vVeise die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verbunden, das heißt, ob der Verhaftete in Einzeloder Gemeinschaftsunterbringung verwahrt wird und mit welchen anderen Verhafteten er bei Gemeinschaftsunterbringung in einem Verwahrraum zusammengelegt wird. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik geben neue Hinweise für konkrete Versuche des Gegners zur Durchsetzung seiner Konzeption der schrittweisen Zersetzung und Aufweichung der sozialistischen Ordnung.

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