Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 604

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 604 (NJ DDR 1964, S. 604); Dr. LUCIE FRENZEL und Dr. GERT SCHWARZ, Institut für staats- und rechtswissenschaftliche Forschung der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, Potsdam-Babelsberg Die Verschärfung des Strafzwanges im westdeutschen StGB-Entwurf Im Jahre 1963 erschien in Westdeutschland eine Samm-lüng von Vorträgen, die von profilierten Strafrechtlern der Bundesrepublik zum Teil selbst Mitglieder der „Großen Strafrechtskommission“ auf der von der Friedrich-Naumann-Stiftung veranstalteten 11. Arbeitstagung vom 24. bis 26. September 1962 gehalten worden waren1. Die Darlegungen sind wie Prof Dr. Erbe (Tübingen) hervorhob als an die Vertreter der Legislative und der Regierungen „adressiertes Denken“ zu betrachten, „die Denken und wissenschaftliche Einsichten in Handeln oder Unterlassen zu verwandeln den Beruf haben“ (S. 7). Die sich in den Beiträgen abzeichnenden Versuche, die „Große Strafrechtsreform“ in ein rechtsstaatliches Gewand zu kleiden, haben die Debatte des Bundestages, in der der Entwurf 1962 in erster I.esung beraten wurde, mit beeinflußt2. Unausgesprochen machten sich einige Sprecher der Fraktionen des Bundestages die dort enthaltenen Argumente zu eigen2. Die aufgeworfenen Probleme stehen weiterhin zur Diskussion; an ihrer Aktualität hat sich nichts geändert'1 5 *. Zwar werden die Ergebnisse der Arbeit in den Bundestagsausschüssen sorgsam den Blik-ken der Öffentlichkeit entzogen, doch steht zu erwarten, daß das Gesetzesvorhaben zu gegebener Zeit erneut ins Zentrum des allgemeinen Interesses rückt2. Alle Vorträge, die auf der erwähnten Arbeitstagung gehalten wurden, laufen mehr oder weniger darauf hinaus, das westdeutsche Strafrecht unter der Flagge „rechlsstaatlichen Slrafens“ den neuen Bedingungen der Herrschaftsausübung der imperialistischen und militaristischen Kräfte in der Bundesrepublik anzupassen. Es gab aber auch Tagungsteilnehmer, die Befürchtungen über die Vereinbarkeit des Entwurfs mit rechtsstaatlichen Grundsätzen äußerten. Prof. Dr. Baumann (Tübingen) z. B. übte heftige Kritik an der 1 Diese Sammlung erschien in der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart unter dem Titel „Probleme der Strafrechtsreform“ und enthält folgende Beiträge: Walter Erbe, „Einleitung“, S. 7; Wolfgang Stammberger. „Die Geschichte der Strafrechtsreform bis zum Strafgesetzbuchentwurf 1962“. S. 11; Hans-Heinrich Jeschek. „Die weltanschaulichen und politischen Grundlagen des Entwurfs eines Strafgesetzbuches (E 1962)“, S. 30; Arvid von Nottbeek, „Die Straffunktionen des Staates und die Gesellschaft“. S. 48; Richard Lange, „Der Strafanspruch des Staates und die Grenzen der Strafbarkeit“. S. 75: Eduard Kern, „Der Strafschutz des Staates und seiner Ordnung". S. 99: Friedrich Bertram. „Strafrechtsreform: Jugend und Familie im Strafrecht“, S. 130: Wilhelm Gallas, „Der Schutz der Persönlichkeit im Entwurf eines Strafgesetzbuches (E 1962)“, S. 159. Alle Seitenangaben im Text ohne nähere Quelle beziehen sich auf diese Veröffentlichung. 2 Deutscher Bundestag, 70. Sitzung, Stenographischer Bericht S. 3180 bis 3224. 3 So ist insbesondere eine Parallelität in den Äußerungen zu den weltanschaulichen Grundlagen der „Strafrechtsreform“ seitens des Sprechers der CDIJ/CSU-Bundestagsfraktion, Güde, zum Beitrag von Prof. Dr. Jeschek feststellbar. Vgl. Stenographischer Bericht S. 3196. 4 „Beratung des Rechtsausschusses der Volkskammer der DDR zum Bonner StGB-Entwurf“, NJ 1963 S. 215, und „Brief des Rechtsausschusses der Volkskammer an die Abgeordneten des westdeutschen Bundestages“. NJ 1963 S. 216. Zur Einschätzung des StGB-Entwurfs vgl. insbesondere Lekschas Weber. „Die westdeutsche Strafrechtsreform ein Instrument der Notstandsdiktatur und der Atomkriegsvorbereitung“. NJ 1962 S. 699 ff.: Stiller. „Die Regelung des Geltungsbereichs im Bonner StGB-Entwurf - Ausdruck des Revanchismus“. NJ 1963 S. 117: Pfannenschwarz, „Über den reaktionären Charakter der sog. staatsgefährdenden Sabotage im StGB-Enlwurf“, NJ 1963 S. 150 und 183 sowie die dort angegebene Literatur. 5 Zwischendurch wird verstärkt auch weiterhin an der straf- rechtlichen Novellengesetzgebung gearbeitet. Das zeigt sich z. B. am geplanten Erlaß des Siebenten Strafrechtsänderungs- gesetzes (Sprengstoffgeselz) - Bundestagsdrueksache IV1817 mit dem das Ziel verfolgt wird, friedensgefährdende Anschläge an der Staatsgrenze der DDR zu legalisieren. Grundkonzeption des Entwurfs und der wadisenden, die Rechtssicherheit gefährdenden Ausdehnung der Strafgewalt11. Wenn das Auftreten Baumanns auch nidit kennzeichnend für die allgemeine Stimmung während der Tagung war, so beweist es doch, welch starke Bedenken auch in Kreisen westdeutscher Strafrechtslehrer gegen den Entwurf bestehen. Die durch Baumann geübte Kritik wurde im übrigen in der Bundestagsdebatte aufgegriffen. Der Sprecher der SPD-Fraktion, Wittrock, ging in seiner kritischen Stellungnahme ausdrücklich von der von Baumann gegebenen Einschätzung aus7. Seihe Einwände wurden, vornehmlich von dem ehemaligen Generaibundes-anwalt Güde, als „libertinistischer Snobismus“ kurz abgetan8 *. Das abstrakte Bekenntnis zur Würde der menschlichen Person“ Grundlage einer „Ethisierung“ des Strafrechts Breiten Raum widmen der Freiburger Professor Dr. J e s c h e k!l und der Tübinger Professor Dr. Gallas, beide Mitglieder der „Großen Strafrechtskommission“, der Behandlung des Verhältnisses der Gesellschaft zur Persönlichkeit. Jeschek bezeichnet die „Bestimmung des Menschen in der Welt und seine Stellung in der Gemeinschaft“ zutreffend als weltanschauliche Grundfrage ersten Ranges; denn sie ist in der Tat von überragender Bedeutung für die Gestaltung des neuen westdeutschen Strafgesetzbuches. Jeschek bleibt aber in seinen Ausführungen letztlich bei einem abstrakten „Bekenntnis zur Würde der menschlichen Person“ stehen. Nichts anderes hat er zur „Begründung“ zu sagen, als daß die „Ergebnisse der empirischen Wissenschaft das auf die Freiheit gegründete Menschenbild vielfach wahrscheinlich machen“, daß insoweit aber zugleich „die vornehmlich auf den Glauben gegründeten Auffassungen beginnen, die dem exakten Beweis des Für und Wider nicht mehr zugänglich sind“ (S. 39). Es gehe im Strafrecht um die Grundqualitäten der menschlichen Person. Diese Grundqualitäten oder „konstitutiven Eigenschaften“ der Persönlichkeit sollen in der Entscheidungsfreiheit, der Verantwortlichkeit und der Gerechtigkeitserwartung bestehen und werden ohne nähere Untersuchung der bundesdeutschen Wirklichkeit als gegeben vorausgesetzt. Ähnlich leitet Gallas aus einer im Transzendenten wurzelnden sittlichen Selbstverantwortung des Menschen die Unantastbarkeit der Menschenwürde ab. „In ihrer Statuierung als Grundwert des Rechts“ sieht er „ein Bekenntnis“ und damit eine Entscheidung, von der der „Fortbestand der modernen Demokratie als einer freiheitlichen Sozialordnung“ abhängen soll (S. 164). Wie Loose nachweist, basieren diese Auffassungen nicht auf einem bestimmten System der bürgerlichen 6 Baumann hat inzwischen seine Stellungnahme präzisiert und einen von den Vertretern des Regierungsentwurfs erbittert angegriffenen Gegenentwurf veröffentlicht mit dem Ziel, mehr Rechtssicherheit und mehr Freiheit zu gewährleisten; vgl. Entwurf eines Strafgesetzbuches, Allgemeiner Teil, in: Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart 1963, Heft 274 275. 7 Vgl. Deutscher Bundestag, 70. Sitzung, Stenographischer Bericht, S. 3196. 8 Ebenda. S. 3197. 9 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den von Jeschek vertretenen weltanschaulichen Grundlagen der „Strafrechtsreform“ fuhrt Loose in seinem Beitrag. „Einige philosophische Probleme des Strafrechts und der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit“, Staat und Recht 1963, Heft 12, S. 1915 ff. 604;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 604 (NJ DDR 1964, S. 604) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 604 (NJ DDR 1964, S. 604)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Der Leiter der Hauptabteilung hat dafür Sorge zu tragen und die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und die Untersuchung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung zur einheitlichen Ordnung über das Betreten der Dienstobjekte Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit . Anweisung zur Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in Operativ-Gruppen Objektdienststellen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Einweisung von Inhaftierten in Krankenhäuser Inhaftierte, deren ordnungsgemäße Behandlung in den Krankenrevieren der Abteilung nicht erfolgen kann, sind in Absprache mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der sind durch die zuständigen operativen Diensteinheiten gründlich auszuwer-ten und zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beständig vorbeugend zu gewährleisten, sind die notwendigen Festlegungen zu treffen, um zu sichern, daß Wegen staatsfeindlicher Delikte oder schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität, vor allem gegen die staatliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit sein, sowie Verbrechen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X