Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 600

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 600 (NJ DDR 1964, S. 600); dlaakt und Justiz iu dar dfruudasrapublik Dr. HARRI HARRLAND, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR „Neuordnung" der westdeutschen Kriminalstatistik Im amtlichen Bulletin der westdeutschen Bundesregierung wurde unlängst die polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 1963 für Westdeutschland und Westberlin veröffentlicht1. Während es nicht mehr überrascht, daß die westdeutschen Behörden sich wiederum mit der erheblichen Kriminalität Westberlins identifizieren (in gewissem Sinne ist dies nicht einmal sehr abwegig), müssen die veröffentlichten Zahlen selbst Erstaunen auslösen. Seitdem im Jahre 1960 die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten erstmalig die Zwei-Millio-nen-Grenze überschritt, ist man gewöhnt, daß die jährlichen Straftatenzahlen Westdeutschlands sich in diesen Regionen bewegen. Für das Jahr 1963 wird nun plötzlich bekanntgegegeben, daß in der polizeilichen Kriminalstatistik insgesamt 1 678 840 Verbi'echen und Vergehen registriert wurden. Je 100 000 Einwohner seien im Durchschnitt 2914 Straftaten gezählt worden. I In der Veröffentlichung wird vermieden, die statistischen Zahlen des Jahres 1963 in den bisherigen Verlauf der Entwicklung der Gesamtkriminalität in Westdeutschland einzuordnen. Es wird im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Vergleiche mit den Vorjahren nicht oder nur bedingt möglich seien-. Innenminister H ö c h e r 1 persönlich empfiehlt darüber hinaus allen Liebhabern der vergleichenden Statistik, bei der Verwertung des Zahlenmaterials der Kriminalstatistik besonders sorgfältig und behutsam vorzugehen“, da der bloße Zahlenvergleich ohne eine entsprechende qualitative Analyse zu falschen Ergebnissen führe'1 3. Es erhebt sich die Frage, warum derartige Schulweisheiten ins Feld geführt werden, um die Öffentlichkeit möglichst von eigenständigen vergleichenden statistischen Studien abzuhalten. Nach den amtlichen Verlautbarungen wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1963 der Straftatenkatalog der polizeilichen Kriminalstatistik verändert. Dies geschah nach Höcherl aus verschiedenen Gründen: „Einmal mußten neue Straftatengruppen in Anpassung an ,moderne“ Erscheinungsformen der Kriminalität gesondert erfaßt werden, beispielsweise Diebstahl aus Automaten“, .Diebstahl an oder aus Kraftfahrzeugen“, ,Diebstahl aus Kaufhäusern und Selbstbedienungsläden“, .Grundstücks- und Baubetrug“, .Waren- und Kreditbetrug“; andererseits wurde der große Kreis der Verkehrsdelikte aus dieser Statistik ausgeklammert, um einen besseren Überblick über den Bereich der Kriminalität im herkömmlichen Sinne zu ermöglichen.“4 Diese Argumentation ist in ihrer Widersprüchlichkeit geradezu grotesk. Daß die Kriminalstatistik auf die Erfassung moderner Erscheinungsformen der Kriminalität ausgerichtet werden muß, sich also den Veränderungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit anzupassen hat, ist einleuchtend und selbstverständlich. Um so weniger überzeugend ist die „Begründung“ des Bonner Innenministers für die plötzliche Herausnahme der Verkehrsdelikte aus der Kriminalstatistik, man wolle einen besseren Überblick über die Kriminalität „im herkömmlichen Sinne“ ermöglichen. Als Grund für die Änderung der Statistik muß also einmal ihre Modernisierung und 1 Bulletin des Presse- und Informaüonsamtes der Bundesregierung, Nr. 92, S. 845 fr., Nr. 93, S. 853 it. 2 Einleitung zum Bericht, ä. a. O., Nr. 92, s. 845. und Innenminister Höcherl, a. a. O., Nr. 93, S. 860. 3 Höcherl, a. a. O. 4 Höcherl, ebenda. im gleichen Atemzuge ihre Rückführung auf die Erfassung der herkömmlichen Kriminalität herhalten. Das verstehe, wer will. Die folgenden Ausführungen zu den vorgeblichen und tatsächlichen Motiven für die Änderung der westdeutschen Kriminalstatistik liegen etwas außerhalb des eigentlichen Anliegens der Beiträge zur Kriminalität in beiden deutschen Staaten, die in dieser Zeitschrift schon eine gewisse Tradition haben. Es ist aber unvermeidlich, der mit’ der Änderung der westdeutschen Statistik entstandenen neuen Lage zunächst etwas breiteren Raum zu widmen, weil von nun an wesentliche Vergleichsmöglichkeiten im Hinblick auf die Dynamik der Kriminalität in beiden deutschen Staaten rigoros abgeschnitten sind. Eine eingehendere statistische Analyse der Kriminalitätsbewegung in der DDR bleibt einem späteren Beitrag Vorbehalten. Man geht sicher nicht fehl, wenn man den weittragenden Schritt zur Veränderung der westdeutschen Statistik (zumindest der veröffentlichten Kriminalstatistik) auch im Lichte der Existenz der Deutschen Demokratischen Republik betrachtet, was anläßlich des 15. Jahrestages ihrer Gründung nicht uninteressant ist. Untersuchen wir kurz die Frage, ob es sachlich gerechtfertigt ist. die Verkehrsdelikte (wohlgemerkt einen ganzen Komplex von Handlungen, die mit staatlichen Kriminalstrafen bedroht werden!) bei der statistischen Erfassung der Kriminalität einfach auszuklammern. Um es vorwegzunehmen: Einer solchen Regelung steht kein sachlicher Grund zur Seite. Gerade die Haltung der Verkehrsteilnehmer in dem in besonderem Maße Ordnung und Disziplin erfordernden modernen Verkehrsablauf wird zu einem immer wichtigeren Bestandteil des sozialen Gesamtverhaltens und insbesondere zu einem Kriterium dafür, welche Einstellung der moderne Mensch zu seinen Mitmenschen, zu ihrem Eigentum, ihrer Gesundheit und zu ihrem Leben hat. Die Unsinnigkeit der westdeutschen „Neuregelung“ für die statistische Erfassung der Kriminalität in dieser Beziehung wird besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß nunmehr von der Kriminalstatistik der unbefugte Gebrauch eines Kraftfahrzeuges, nicht aber die kriminelle Verletzung oder Tötung eines Menschen mit diesem Kraftfahrzeug durch die unbefugten Benutzer als Straftat erfaßt wird. Fein säuberlich registriert die Statistik jeden angezeigten Fall des unerlaubten Entfernens von Autoantennen, während die verbrecherische Flucht eines Unfallverursachers, derzu-folge ein Verletzter ohne rechtzeitige Hilfe blieb und verstarb, für sie uninteressant ist. Allerdings entspricht dies weitgehend der in Westdeutschland namentlich innerhalb der herrschenden Kreise weitverbreiteten Meinung von den Verkehrsstraftaten als von „Kavaliersdelikten“. Grob ausgedrückt wird der Statistiker nun angehalten, die rücksichtslose Tötung eines Menschen im Straßenverkehr unbeachtet zu lassen, jedoch die Verprügelung des schuldigen Fahrzeugführers durch empörte Passanten als Kriminalfall aufzunehmen. Die Verkehrsdelikte künstlich aus der heutigen Kriminalität als sozialer Gesamterscheinung herauszulösen, bedeutet praktisch den Verzicht auf die differenzierte Analyse der modernen Kriminalität. Man soll uns nicht mißverstehen. Es ist natürlich eine echte Streitfrage, ob einige folgenlos gebliebene einfache Begehungs- oder Gefährdungsdelikte (z. B. Fahren ohne Fahrerlaubnis oder vielleicht auch Fahren nach 600;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 600 (NJ DDR 1964, S. 600) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 600 (NJ DDR 1964, S. 600)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Vollzug der Untersuchungshaft zu erfüllen hat: Die sichere Verwahrung der Verhafteten. In den Grundsätzen der Untersuchungshaftvollzugsordnung wird betont, daß der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Provokationen und anderer feindlich-negativer und renitenter Handlungen und Verhaltensweisen inhaftierter Personen ableiten und erarbeiten, die für die allseitige Gewährleistung der inneren und äußeren ;iv- Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten in den Verwahrzellen der GTV. Das umfaßt insbesondere die ständige Beobachtung der Inhaftierten unter Beachtung der Mindestkontrollzeiten zur vorbeugenden Verhinderung von Ausbruchs- und Fluchtversuchen, Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten ist keine von den anderen grundlegenden politisch-operativen Auf-,gaben im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit und den sich hieraus ergebenen Forderungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Umgang mit den Inhaftierten weisungsberechtigt. Nährend der medizinischen Betreuung sind die Inhaftierten zusätzlich durch Angehörige der Abteilung abzusichern.

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