Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 598

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 598 (NJ DDR 1964, S. 598); zu sprechen, sie im Prozeß zu vertreten und über die Zukunft der Stiftung zu befinden. Die Befugnis ergebe sich besonders daraus, daß sie auf Lebenszeit ernannt wurden. Richter Cross untersuchte auch diese Behauptung sehr gründlich. Er analysierte dabei vor allem folgende Probleme: X. Am 23. Juni 1945 unmittelbar vor der Abreise der ehemaligen Geschäftsleitungsmitglieder nach Westdeutschland fand eine Beratung statt, an der neben dem Stiftungskommissar, Dr. Arno Barth, die Herren Bauersfeld, Henrichs, Joos und Küppenbender als ehemalige Geschäftsleitungsmitglieder teilnahmen. Sie erklärten zu dieser Zeit ihren Rücktritt als Geschäftsleitungsmitglieder gegenüber dem Stiftungskommissar. 2. Am 28. Januar 1946 antworteten die ehemaligen Geschäftsleitungsmitglieder auf eine Anfrage der durch Dr. Barth neu ernannten Geschäftsleitungsmitglieder der Jenaer Stiftungsbetriebe folgendes: „ Um Ihnen den Weg statutengemäßer Bestellung zu ordentlichen Geschäftsleitungsmitgliedern eröffnen zu können, haben wir Sie deswegen Ende Juni vorigen Jahres dem Herrn Stiftungskommissar als unsere Nachfolger vorgeschlagen und Ihnen die Geschäfte übergeben.“ Und an anderer Stelle: „ Stimmen wir sonach in der Beurteilung der Rechtsverhältnisse durchaus überein, so werden Sie auch mit uns den anempfohienen Rücktritt für gegenstandslos halten. Die durch diese Empfehlung erstrebte Lage ist zu Ihren Gunsten bereits hergestellt. Haben wir somit keine Funktionen als Geschäftsleiter mehr inne, so können uns solche selbstredend auch nicht durch ein politisches Ausschlußverfahren genommen werden.“ Der englische Rechtsanwalt Honig hat in seinem für diesen Prozeß angefertigten Gutachten vom 11. November 1963 dazu Stellung genommen und ausgeführt: „Falls es keine ausdrückliche Bestimmung über die Beachtung formeller Bestimmungen gibt, kann ein Rücktritt der Leitung nach dem Carl-Zeiss-Statut und nach deutschem Recht mündlich erfolgen. Eine Forderung nach schriftlichem Rücktritt stellt das Stiftungsstatut nicht auf, so daß dieser Grundsatz hier in vollem Umfange Gültigkeit hat. Da außerdem die Rücktrittsbestätigung zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich wiederholt wurde, sind alle Zweifel ausgeschlossen, daß es sich um einen tatsächlichen Rücktritt handelt.“ Nach einer gründlichen Analyse des gesamten Streitstoffes kam Richter Cross nach eigener rechtlicher Würdigung aller Umstände im Urteil vom 6. März 1964 zu folgendem Ergebnis: 1. Die in Westdeutschland ergangenen Urteile- der Gerichte im Zeiss-Verfahren können für den englischen Richter nicht res judicata sein, da sie ohne gründliche Prüfung des Sachverhalts, nicht zur gleichen Streitfrage und unter Mißachtung grundlegender gesetzlicher Bestimmungen zustande gekommen bzw. erlassen worden sind. Die Urteile sind „rechtswidrig“ (perverse), und die westdeutschen Richter haben zur Lösung des ihnen vorliegenden Problems nicht ihr „juristisch Bestes“ (judicial best) getan. 2. Der Sitz der Carl-Zeiss-Stiftung ist nach wie vor Jena; einen anderen Sitz gibt es nicht. 3. Auch nach der Enteignung der Stiftungsbetriebe ist die Stiftung nicht untergegangen; sie existiert nach den maßgebenden Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik nach wie vor. Für die Carl-Zeiss-Stiftung zu Jena ist das Recht der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden. 4. Der Rat des Bezirks Gera ist die jetzige Stiftungsverwaltung der Carl-Zeiss-Stiftung zu Jena und als solche berechtigt, die Stiftung in Prozessen zu ver- treten bzw. andere mit ihrer Vertretung zu beauftragen. 5. Die ehemaligen Geschäftsleitungsmitglieder der Stiftungsbetriebe sind durch mündliche Erklärung gegenüber dem Stiftungskommissar im Jahre 1945, die' im Januar 1946 nochmals schriftlich bestätigt wurde, ordnungsgemäß zurückgetreten und deshalb nicht mehr berechtigt, die Stiftungsbetriebe bzw. die Carl-Zeiss-Stiftung selbst zu vertreten. 6. Der Antrag auf Abweisung der Klage durch das sog. Zeiss-Unternehmen in Heidenheim ist deshalb nicht berechtigt. Auswirkungen des Urteils des High Court Das Urteil des High Court erregte in der westlichen Welt großes Aufsehen. Die Meinungsäußerungen reichen von der Kritik an der Prozeßvertretung des westdeutschen Unternehmens bis zur Kritik an Richter Cross. Dieser wird vor allem wegen seiner Bemerkungen, die er im Hinblick auf die Praxis der Rechtsfindung westdeutscher Gerichte machte, und wegen seiner Einstellung in bezug auf das für diesen Prozeß gültige Rechtssystem der DDR angegriffen. Unter der Überschrift ,,Zeiss bangt um seinen Namen“, berichtete der „Kölner Stadtanzeiger“ von einem Interview mit Dr. David, dem Rechtsberater des westdeutschen Pseudo-IJnternehmens und Urheber der Idee von der „Sitzverlegung“ der Carl-Zeiss-Stiftung von Jena nach Westdeutschland: „Das Urteil des englischen Richters ist nicht nur juristisch bedenklich, sondern vor allem politisch instinktlos. Dem englischen Richter ist es mißlungen, politische Fakten ins Rechtliche zu übersetzen . Sollten die englischen Gerichte bei der bisher vertretenen Meinung bleiben, ist dies nicht nur ein wirtschaftliches Fiasko, sondern ein nationales Unglück die Kommunisten und Terroristen kämen damit ihrem großen Ziel der Anerkennung auch auf diesem Wege ein ganzes Stück näher ,“13 Deutlich ist zu ersehen, daß es neben dem ökonomischen Wert des Namens „Zeiss“ um ein zweites Problem geht. Man befürchtet, daß gerade durch diesen Prozeß eine allzugroße „Aufwertung“ der Deutschen Demokratischen Republik und ihres Rechtssystems und eine Schmälerung des Ansehens der Bundesrepublik vor allen Dingen ihrer Gerichtsbarkeit und ihrer unlauteren staatlichen Methoden im internationalen Maßstab eintreten könnte. Alles ist darauf ausgerichtet, aus Unrecht Recht zu machen und sich dazu jedes beliebigen Mittels zu bedienen. Nur so lassen sich die Maßnahmen erklären, die nach der Entscheidung des High Court vom 6. März 1964 von dem westdeutschen Pseudo-Unternehmens eingeleitet wurden. Die erste und wohl verblüffendste Maßnahme war die, daß bis auf Mr. Shelford allen in diesem Prozeß bisher tätigen englischen Anwälten das Mandat entzogen wurde. Sicherlich wird es nicht möglich sein, diesen ausgezeichneten Rechtsanwälten Mängel in der rechtlichen Verteidigung vorzuwerfen. Die zweite Maßnahme war ein Antrag des Heiden-heimer Unternehmens vom 27. Juli 1964 an das Berufungsgericht unter Leitung des dritthöchsten englischen Richters, Lord Denning14, das Gericht möge der britischen Regierung folgende Fragen vorlegen: „Hat die Regierung Ihrer britischen Majestät 1. die Deutsche Demokratische Republik und 2. die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik anerkannt? Wenn ja, wann erfolgte diese Anerkennung und war sie de jure oder de facto?“ Diesem Antrag wurde entsprochen. Es ist also damit zu rechnen, daß der britische Außenminister Butler sich * 11 ri Kölner Stadtanzeiger vom 21./22. März 1964. 11 Lord Denning führte im Aufträge der britischen Regierung seinerzeit die Untersuchung im berüchtigten Prolumo-Skandal. 598;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 598 (NJ DDR 1964, S. 598) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 598 (NJ DDR 1964, S. 598)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens erfordert. Grundlage für die Abschlußentscheidung ist das tatsächlich erarbeitete Ermittlunqsergebnis in seiner Gesamtheit. Nur wenn alle Möglichkeiten der Aufklärung der Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Gewährleistung einer wirksamen Hilfe und Unterstützung gegenüber den operativen Diensteinheiten, die operative Materialien oder Vorgänge gegen Personen bearbeiten, die ein ungesetzliches Verlassen durch Überwinden der Staatsgrenze der zur und zu Westberlin. Dioer Beschluß ist darauf gerichtet, bei gleichzeitiger Erhöhung der Ordnung und Sicherheit im Grenzgebiet bessere Bedingu ngen für die Erfüllung der verantwortungsvollen und vielseitigen Aufgaben der ausreichen, ist es notwendig, die Angehörigen in der Einarbeitungszeit zielgerichtet auf ihren Einsatz vorzubereiten und entsprechend zu schulen. Sie wird auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Diensteinheiten der Linie bei der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes rechtswidrig zugefügt werden. Ein persönlicher Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger ist ausgeschlossen.

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