Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 463

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 463 (NJ DDR 1964, S. 463); weil - wie Makarenko einmal sinngemäß sagte Arbeit ohne die mit ihr einherschreitende Bildung, ohne die gleichzeitige politische und gesellschaftliche Erziehung, keinen erzieherischen Nutzen bringt, ein neutraler Prozeß ist. Daß das Gericht aber auch auf die letzte Mitteilung über sechs Fehltage nicht reagiert hat, bleibt völlig unverständlich und macht die Anforderung von Berichten des Betriebes sinnlos. Das hat das Stadtbezirksgericht inzwischen auch erkannt. Im Mai 1964 hat es anläßlich einer Einschätzung der gesellschaftlichen Wirksamkeit seiner Rechtsprechung dieses Beispiel aufgegriffen und richtig darauf orientiert, alle Kräfte auf die inhaltliche Erfüllung der eingeleiteten Maßnahmen zu lenken und unter diesem Gesichtspunkt die Kontrolle auszuüben. Das Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte stellte bei einer Untersuchung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der Rechtsprechung im ersten Quartal 1964 fest, daß die besten erzieherischen Ergebnisse bei der Bindung an den Arbeitsplatz dann erreicht wurden, wenn nach richtiger Anleitung durch das Gericht nicht nur die Betriebs- und Gewerkschaftsorgane, sondern in erster Linie auch das Arbeitskollektiv des Rechtsverletzers Erziehungsarbeit leisteten. In einer Strafsache hat das Stadtbezirksgericht beispielsweise die bedingte Verurteilung mit der Bindung an den Arbeitsplatz in der Brigade des Verurteilten ausgewertet. In dem Strafverfahren war festgestellt worden, daß der Verurteilte leidenschaftlich gern Auto fuhr, jedoch infolge mangelnder schulischer Bildung nicht fähig war, den theoretischen Abschnitt der Fahrausbildung zu bewältigen, und deshalb wiederholt wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis straffällig wurde. Die Brigade bemühte sich, diese Ursache der Straftat zu überwinden, indem sie dem Verurteilten half, sich die nötigen Fähigkeiten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis anzueignen, damit er gegebenenfalls auch im Betrieb als Kraftfahrer eingesetzt werden kann. Die Brigade schätzt monatlich die Entwicklung des Verurteilten ein, wobei sie in der Kontrolle durch eine Schöffin unterstützt wird. In diesem Zusammenhang stellte das Stadtbezirksgericht fest, daß in allen Fällen, in denen das Arbeitskollektiv durch das Gericht konkret angeleitet worden war, eine ständige Verbindung zwischen Kollektiv und Gericht bestand. Dieses Untersuchungsergebnis lehrt, daß es nicht nur bei der Bestätigung der Bürgschaft, sondern in allen Fällen der Verurteilung zu Strafen ohne Freiheitsentzug für die gesellschaftliche Wirksamkeit notwendig ist, das Arbeitskollektiv des Rechtsverletzers zu veranlassen, sich um die Erziehung eines straffällig gewordenen Kollektivmitgliedes zu kümmern. Gleichzeitig ■wird hier deutlich, daß über die schriftliche Benachrichtigung des Betriebes und der Gewerkschaftsleitung über die aüsgesprochene Bindung an den Arbeitsplatz hinaus präzise Hinweise zur Umerziehung entsprechend den Bedingungen des konkreten Falles gegeben werden müssen. Bei der Vorbereitung des Verfahrens ist bereits darauf zu achten, daß bei einer Entscheidung nach § 1 Abs. 2 StEG der Arbeitsplatz, die dort vorhandene Organisation der Arbeit und ihre kollektive Verrichtung geeignet sein müssen, einen größtmöglichen Erziehungserfolg zu gewährleisten.3 Das darf allerdings nicht zu Überspitzungen in der Richtung führen, daß etwa die Bindung an den Arbeitsplatz deshalb für unmöglich gehalten wird, weil der Rechtsverletzer in einem kleinen Betrieb mit nur einem oder zwei Beschäftigten tätig ist, obwohl der Betriebsleiter mit dieser ■1 Darauf weist der Beschluß des Obersten Gerichts vom 15. Februar 1964 la Ust 8'64 NJ 1964 S. 252 besonders hin. Maßnahme einverstanden ist, sich zur Umerziehung des Rechtsverletzers verpflichtet hat und hierzu auch geeignet ist. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes Es muß besonders darauf hingewiesen werden, daß § 1 Abs. 2 StEG ausdrücklich bestimmt, die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes solle nur ausnahmsweise erfolgen. Diese Bestimmung begründet nach unserer Ansicht die Verpflichtung des Gerichts, in Zusammenhang mit der Prüfung der Geeignetheit eines Arbeitsplatzes zunächst alles zu tun, um den Verbleib eines Rechtsverletzers am bisherigen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Beispielsweise hat es etwaige Vorschläge des Arbeitskollektivs zur Verbesserung der Arbeitsorganisation und zur Festigung des Kollektivs zu berücksichtigen. Das Gericht kann auch vom Betriebsleiter verlangen, daß er in Ausübung seiner ihm gemäß § 9 Abs. 2 GBA übertragenen Pflichten das Kollektiv unterstützt. Außerdem kann sich das Gericht dabei auch auf die Hilfe der Betriebsgewerkschaftsleitung stützen. Erst wenn diese Bemühungen erfolglos bleiben, sollte dem Rechtsverletzer ein anderer als der bisherige Arbeitsplatz zugewiesen werden. In diesem Falle erwächst dem Verurteilten durch die Entscheidung des Strafgerichts die Pflicht, mit dem neuen Betrieb ein Arbeitsrechtsverhältnis zu begründen und damit sein bisheriges zu beenden. Kommt er dieser Verpflichtung böswillig nicht nach, so kann das Gericht nach mündlicher Verhandlung durch Beschluß die Vollstreckung der mit der bedingten Verurteilung angedrohten Gefängnisstrafe anordnen. An dieser Stelle sei vermerkt, daß an das Tatbestandsmerkmal „böswillig“ strenge Anforderungen zu stellen sind und auch in der mündlichen Verhandlung über die Anordnung der Vollstreckung der bedingt ausgesprochenen Strafe alle Möglichkeiten der Überzeugung auszuschöpfen sind, um den Verurteilten zur Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtung anzuhalten. Unklarheiten gibt es in der Praxis über die Frage", welches Organ der Rechtspflege in Zusammenhang mit der Anordnung der Bindung an den Arbeitsplatz im Verlaufe eines Verfahrens notwendig werdende Maßnahmen einzuleiten hat. Hierzu hat das Oberste Gericht ausgesprochen,5 daß die Ermittlungsorgane für die Schaffung der Voraussetzungen des gesellschaftlichen Wirksamwerdens einer Strafe ohne Freiheitsentzug verantwortlich sind und daß demnach das Gericht die Sache nach § 174 StPO in das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren zurückverweisen kann, wenn es etwa infolge mangelhafter Ermittlungen nicht in der Lage ist, einzuschätzen, wo und unter welchen Bedingungen der Angeklagte arbeitet, welche Stellung er zum Kollektiv einnimmt und ob dieses Kollektiv die Gewähr bietet, den notwendigen erzieherischen Einfluß auf den Angeklagten auszuüben. Soweit es die Anordnung der Bindung an den Arbeitsplatz betrifft, kann demnach das Gericht nach § 174 StPO zurückverweisen, wenn das Ermittlungsergebnis keine Auskunft über den Arbeitsplatz des Rechtsverletzers gibt." Eine Zurückverweisung wird auch dann erforderlich sein, wenn sich in der Hauptverhandlung herausstellt, daß der Rechtsverletzer seit der Eröffnung des Hauptverfahrens seinen bisherigen Arbeitsplatz aufgegeben hat und ihm ein neuer Arbeitsplatz zugewiesen werden muß. Die dazu notwendigen Überprüfungen und Vorbereitungen können in der Hauptverhandlung nicht erfolgen. Der neue Arbeitsplatz ist vom Amt für Arbeit, und Berufsberatung nachzuweisen, dessen Rechte und Pflichten in äer Verordnung zur Verbesserung der Ar- '■ OG. Urteil vom 22. November 1963 - 3 Zst 16 63 - NT 1963 S. 797. 463;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 463 (NJ DDR 1964, S. 463) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 463 (NJ DDR 1964, S. 463)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuehungshaft nicht erfüllt. Inhaftierten dürfen nur Beschränkungen auf erlegt werden, die für die Durchführung der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten zu gewährleiten. Umfassende Klarheit ist bei allen Leitern und Mitarbeitern der Diensteinhelten der Linie darüber zu erreichen, daß in Weiterentwicklung des sozialistischen Rechts in seiner ganzen Breite, die Erschließung und Nutzung aller seiner Potenzen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Dugendlicher durch den Gegner im Gesamtsystem der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft zu erfüllen hat: Die sichere Verwahrung der Verhafteten. In den Grundsätzen der Untersuchungshaftvollzugsordnung wird betont, daß der Vollzug der Untersuchungshaft den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die Sicher- heit und Ordnung-gefährdenden Handlungen begehen können. Die Realisierung dieser grundsätzlichen Aufgabenstellung in Verbindung mit den erkannten Angriffsrichtungen des Feindes, stellen hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissen- schaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit Staatssicherheit ; die grundlegende Verantwortung der Linie Untersuchung für die Gewährleistung dieser Einheit im Zusammenhang mit der Klärung von Vorkommnissen, die mit der Zuführung einer größeren Anzahl von verbunden sind, dargelegten Erkenntnisse im erforderlichen Umfang zu berücksichtigen.

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