Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 453

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 453 (NJ DDR 1964, S. 453); Engere Zusammenarbeit mit staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen Bei manchen Richtern besteht noch die Auffassung, der Rechtspflegeerläß werde verwirklicht, wenn möglichst in alle Verfahren gesellschaftliche Kräfte einbezogen und möglichst viele Verfahren öffentlich ausgewertet werden. Deshalb haben sie sich wenn auch mit unterschiedlicher Aktivität auf diese unbestreitbar wichtige Aufgabe konzentriert. Dabei haben sie aber nicht erkannt, daß die Tätigkeit der Rechtspflegeorgane in erster Linie dazu beitragen muß, alle Staats- und Wirtschaftsorgane, die gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen auf ihre Verantwortung für die konsequente Durchsetzung von Disziplin und Ordnung, für die Überwindung von Gleichgültigkeit gegenüber Verletzungen der Gesetzlichkeit und der Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens hinzuweisen. Das ist die entscheidende Voraussetzung, um die Enge der gerichtlichen Tätigkeit zu überwinden. Solange diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann nicht davon gesprochen werden, daß wir die Praxis der von den gesellschaftlichen Zusammenhängen isolierten „Einzelfall“-Ent-scheidung im Prinzip überwunden haben. Aber auch bei den örtlichen Volksvertretungen, ihren Organen und bei den Massenorganisationen wird die Durchsetzung des Rechtspflegeerlasses oft auf die Fragen der Ordnung und Sicherheit reduziert, ohne zu beachten, daß es um die Verwirklichung des sozialistischen Rechts in seiner Gesamtheit geht. Daraus erklärt sich, daß der Kampf gegen Rechtsverletzungen, insbesondere gegen die Kriminalität, noch nicht überall als Teil des Prozesses der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen im Kampf gegen kapitalistische Denk- und Lebensgewohnheiten angesehen wird, für den alle staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen und die Bürger selbst mitverantwortlich sind. Wo ein soldier, die Durchsetzung des Rechtspflegeerlasses hemmender Zustand besteht, liegt dies meistens daran, daß bei den Rechtspflegeorganen noch der alte Arbeitsstil herrscht. Bei der Zurückdrängung der Kriminalität und der Überwindung anderer Rechtsverletzungen muß aber die Initiative von den Rechtspflegeorganen ausgehen. Erkennen die Rechtspflegeorgane die bei der Anwendung des Straf-, Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts sichtbar werdenden, dem individuellen Konflikt zugrunde liegenden gesellschaftlichen Vorgänge, dann kommt es meist ohne Schwierigkeiten zu einem fruchtbaren Zusammenwirken mit den zuständigen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen. Ein gutes Beispiel haben die Rechtspflegeorgane des Kreises Quedlinburg bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität geschaffen. Sie haben die Lage im Kreis gründlich analysiert und die Analyse allen zuständigen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen und auch volkseigenen Betrieben zugänglich gemacht. Mit mehr als zweihundert verantwortlichen Mitarbeitern dieser Organe haben sie detaillierte Vorschläge für einen Perspektivplan zur Zurückdrängung der Jugendkriminalität und zur Schaffung eines Systems vorbeugender Maßnahmen beraten. Diese Vorschläge wenden sich an die Organe der Volksbildung, der Jugendhilfe, an FDJ und Pionierorganisation, an die Nationale Front sowie Partei- und Massenorganisationen, an Betriebe und Genossenschaften, an andere Abteilungen der örtlichen Räte und an ständige Kommissionen der Kreistage sowie der Gemeindevertretungen2. Der darauf basierende Plan legt konkret die Auf- 2 Auszüge aus den Thesen sind als Anlage 1 dieses Beitrags veröffentlicht. gaben und die Verantwortlichen für ihre Lösung fest. Er soll durch Beschluß des Kreistages für alle Beteiligten für verbindlich erklärt werden. Die Verantwortung für die erfolgreiche Durchsetzung dieses Planes liegt bei den zuständigen staatlichen Organen. Ein weiteres gutes Beispiel ist die Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Kreisgericht und der Staatsanwaltschaft Dessau einerseits und dem Kreisvorstand der Kammer der Technik andererseits3. Damit haben die Rechtspflegeorgane die Möglichkeit, schwierige ökonomische und technische Fragen mit größerer Sachkunde zu behandeln und die Wirksamkeit des sozialistischen Rechts bedeutend zu erhöhen. Hinweise für die Verbesserung der Leitungstätigkeit Aus der Analyse der Durchsetzung des Rechtspflegeerlasses in der Tätigkeit der Gerichte des Bezirks Halle ergeben sich einige Schlußfolgerungen, die zwar nicht alle neu sind, die aber in der Praxis nur ungenügend verwirklicht werden. 1. Alle Rechtspflegeorgane im Kreis oder Bezirk benötigen eine gemeinsame Konzeption dafür, wie sie die Enge in ihrer Arbeit, die sich in der Einzelfall-Entscheidung zeigt, überwinden können. Es sind koordinierte Maßnahmepläne erforderlich, die die hauptsächlichsten Methoden zur Lösung der gemeinsamen Aufgaben festlegen. 2. Die Aufgaben der Rechtspflegeorgane müssen in den Grundfragen mit den Aufgaben der wirtschaftsleitenden Organe übereinstimmen. Wenn sich z. B. die Volksvertretung mit der Situation in der Landwirtschaft beschäftigt, dann müssen die Rechtspflegeorgane darlegen, welche Rechtsverletzungen hier auftreten, und soweit möglich Hinweise geben, wie die Ursachen und begünstigenden Bedingungen dieser /Rechtsverletzungen überwunden werden können. -( 3. Die Rechtspflegeorgane müssen miehr von ihrem Recht Gebrauch machen, bei den Volksvertretungen Anträge zur Behandlung bestimmter Fragen zu stellen, die die Durchsetzung des Rechtspflegeerlasses betreffen. So könnten beispielsweise verantwortliche Staats- und Wirtschaftsfunktionäre aus den Bereichen des Handels, des Verkehrs, des Bauwesens usw. im Rat darüber berichten, wie sie auf ihrem jeweiligen Gebiet Rechtsverletzungen Vorbeugen oder welche Maßnahmen sie entsprechend den Hinweisen der Rechtspflegeorgane zur Beseitigung von begünstigenden Bedingungen eingeleitet haben. 4. Die Zusammenarbeit der Rechtspflegeorgane mit dem Stellvertreter für innere Angelegenheiten des Vorsitzenden des Rates muß über die Koordinierung bestimmter Aufgaben hinausgehen und auch nach außen hin wirksam werden. Hier sollte speziell mit den zuständigen Staats- und Wirtschaftsfunktionären beraten werden, wie in den einzelnen Bereichen der Wirtschaft die Kriminalitätsbekämpfung und die vorbeugende Tätigkeit organisiert werden können. 5. Die Analysen der Rechtspflegeorgane müssen mehr als bisher auch dem FDGB und der FDJ zugänglich gemacht werden. Auch diese Organisationen sollten in ihren Leitungsgremien den Stand der Durchsetzung des Rechtspflegeerlasses auf ihrem Gebiet einschätzen und konkrete Schlußfolgerungen für ihre weitere Arbeit ziehen. 6. Das Produktionsprinzip, das seinem Wesen nach auch für die Leitung der Rechtsprechung gilt, erfordert eine weitere Spezialisierung und Qualifizierung der Richter. Es sollte jetzt auch bei den größeren Kreisgerichten durchgesetzt werden. Die in den ökonomischen Bereichen tätigen Richter müssen mit den entsprechenden 3 Auszüge aus der'Vereinbarung sind als' Anlage 2 dieses Beitrags veröffentlicht. 453;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 453 (NJ DDR 1964, S. 453) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 453 (NJ DDR 1964, S. 453)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel vor allem für die Schaffung, Entwicklung und Qualifizierung dieser eingesetzt werden. Es sind vorrangig solche zu werben und zu führen, deren Einsatz der unmittelbaren oder perspektivischen Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte in abgestimmter Art und Weise erfolgt. Durch die Zusammenarbeit von Diensteinheiten des Ministeriums, der Bezirks- Verwaltungen und der Kreisdienststellen ist zu sichern, daß kein politischer Schaden entsteht. Zur Erreichung einer praxiswirksameren Umsetzung der von mir und meinen Stellvertretern gegebenen Weisungen und Orientierungen zur qualitativen Erweiterung unseres BeStandes stehen die Leiter der Hauptabteilungen und Bezirksverwaltungen Verwaltungen nicht alles allein bewältigen. Sie müssen sich auf die hauptsächlichsten Probleme, auf die Realisierung der wesentlichsten sicherheitspolitischen Erfordernisse im Gesamtverantwortungsbereich konzentrieren und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Mitarbeiter eine Vielzahl von Aufgaben, deren Lösung in der erforderlichen Qualität nur durch die konsequente Anwendung des Schwerpunktprinzips möglich ist.

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