Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 444

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 444 (NJ DDR 1964, S. 444); der Vermögensinteressen der HO nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch das Verhalten des Angeklagten die materielle Haftbarmachung einzelner Werktätiger verhindert worden ist. Selbst dann, wenn der durch Minusdifferenzen eingetretene Schaden nicht oder nur zum Teil ersetzt werden könnte, ist es zum Schutze des Volkseigentums notwendig, die Ursachen solcher Minusdifferenzen weitestgehend festzustellen und Maßnahmen zur künftigen Verhütung einzuleiten. Aus den Kenntnissen, die der Angeklagte auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit als Verkaufsstellenleiter hatte, ergibt sich, daß er sich der Verletzung seiner Pflichten bewußt war und auch die dadurch eintretenden nachteiligen Folgen kannte. Gleichwohl hat er fortgesetzt die dargelegten Handlungen begangen. Daraus folgt, daß er mit der durch seine Handlungsweise herbeigeführten Gefährdung des Vermögens der HO einverstanden war. Das Bezirksgericht hat unter dem Gesichtspunkt, daß der Angeklagte das Vermögen der HO um 18 143,57 DM geschädigt habe, einen schweren Fall im Sinne von § 30 Abs. 2 StEG bejaht. Wie bereits dargelegt, ist ein durch die Handlungsweise des Angeklagten verursachter tatsächlicher Schaden nicht festgestellt worden, sondern besteht der Vermögensnachteil im Sinne des Untreuetatbestandes in der Verschleierung von Minusdifferenzen. Zwar können grundsätzlich die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 StEG auch dann gegeben sein, wenn durch die Untreuehandlung eine Gefährdung des zu betreuenden Vermögens herbeigeführt wurde. Dabei darf jedoch der Umfang der Vermögensgefährdung, sofern sich dieser ziffernmäßig überhaupt feststellen läßt, nicht mit der Höhe eines tatsächlich eingetretenen Schadens gleichgesetzt werden. Unter Berücksichtigung dessen sowie insbesondere des Umstandes, daß der Angeklagte durch die ihm in unverantwortlicher Weise übertragene Leitung mehrerer Verkaufsstellen zwangsläufig zu einer ordnungsgemäßen Kontrolle nicht in der Lage war, wodurch die Entstehung von Minusdifferenzen begünstigt wurde, ist das Vorliegen eines schweren Falles im Sinne von § 30 Abs. 2 StEG zu verneinen. §§ 29, 30 StEG. 1. Ein dem gesellschaftlichen Eigentum durch eine Straftat gern. § 29 StEG zugefügter Schaden von 3000 DM ist zwar ein nicht unerheblicher Schaden, aber noch keine „schwere Schädigung“ des gesellschaftlichen Eigentums i. S. des § 30 Abs. 2 StEG. 2. Die in einer fortgesetzten Handlungsweise zum Ausdruck kommende Intensität des Täters kann nicht schlechthin als Kriterium für das Vorliegen eines schweren Falles gern. § 30 StEG angesehen werden. OG, Urt. vom 13. März 1964 4 Zst 3'64. Mit Urteil des Kreisgerichts war die Angeklagte wegen fortgesetzter Unterschlagung gesellschaftlichen Eigentums im schweren Fall (§§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 und 2 StEG) zu 'einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus und zum Schadensersatz in Höhe von 4000 DM an die HO verurteilt worden Auf die Berufung änderte das Bezirksgericht das Urteil des Kreisgerichts hinsichtlich der Feststellungen über die Höhe des durch die strafbaren Handlungen entstandenen Schadens ab, beließ es jedoch bei dem kreisgerichtlichen Schuld- und Strafausspruch. Die Angeklagte wurde zu einer Schadensersatzleistung in Höhe von 2974,62 DM verurteilt. Der Verurteilung liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Die 38 Jahre alte Angeklagte hat den Beruf einer Verkäuferin erlernt. Sie ist als Verkäuferin tätig, und zwar seit Januar 1962 halbtags in einer Schuh- und Lederwarenverkaufsstelle. Sie hatte, einschließlich einer Umsatzprämie, ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 170 DM. Ihr Ehemann gab ihr monatlich 500 DM für die Haushaltsausgaben, so daß ihr einschließlich eines staatlichen Kindergeldzuschlages etwa 700 DM für den Lebensunterhalt der Familie sie hat vier Kinder im Alter von 14 Jahren bis zu 10 Monaten zur Verfügung standen. Die Angeklagte befand sich öfter in finanziellen Schwierigkeiten. Zu deren Überbrückung nahm sie Geld aus der Kasse der Verkaufsstelle. Um eine Entdeckung zu verhindern, schrieb sie die Kassenzettel dergestalt aus, daß sie den Durchschlag, den der' Künde erhielt, ordnungsgemäß ausfertigte, auf dem Original aber nur einen wesentlich geringeren Betrag und eine Warenart einsetzte, die diesem Betrage entsprach, wie z. B. Schuhkrem, Schnürsenkel u. ä. Die Differenz zwischen beiden Summen entnahm sie der Kasse und verbrauchte das Geld für den eigenen Haushalt. Insgesamt brachte sie nach und nach 2976,62 DM an sich. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat beantragt, das Urteil des Bezirksgerichts im Schuld- und Strafausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an da® genannte Gericht zurückzuverweisen. Er rügt die Anwendung des § 30 StEG und die darauf beruhende, nach Art und Höhe unrichtige Strafe. Dem Antrag war stattzugeben. Aus den Gründen: Die Anwendung des § 30 Abs. 1 und 2 StEG hat das Bezirksgericht damit begründet, daß die Angeklagte durch die Aneignung der 3000 DM dem gesellschaftlichen Eigentum einen schweren Schaden zugefügt habe. Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden. Eine den gesetzlichen Merkmalen des § 30 StEG entsprechende schwere Schädigung des Volkseigentums liegt im konkreten Fall nicht vor. Es handelt sich bei dem entstandenen Schaden in Höhe von 3000 DM zwar um eine nicht unerhebliche Vermögensschädigung; jedoch ist sie nicht gleichzusetzen mit der im § 30 StEG be-zeichneten schweren Schädigung gesellschaftlichen Eigentums, die allein wegen der Höhe des Schadens den Ausspruch einer Zuchthausstrafe rechtfertigt. Das findet seinen Ausdruck auch darin, daß § 29 StEG, mit dem der Normalfall des Angriffs gegen gesellschaftliches Eigentum erfaßt wird, eine Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren androht. Das bedeutet, daß nach dieser Bestimmung auch erhebliche Schädigungen von gesellschaftlichem Eigentum mit einer empfindlichen Strafe geahndet werden können und daß die Anwendung des § 30 StEG im Hinblick auf den entstandenen Schaden erst dann gerechtfertigt ist, wenn es sich um einen Betrag handelt, der weil über dem im vorliegenden Fall entstandenen Schaden liegt. Auch die Tatsache, daß die Angeklagte ihre Stellung als Verkäuferin zur Begehung ihrer strafbaren Handlungen mißbraucht hat, rechtfertigt nicht die Anwendung des § 30 Abs. 2 Buchst, a StEG. Die Stellung einer Verkäuferin ist keinesfalls gleichzusetzen mit der in dieser gesetzlichen Bestimmung bezeichneten verantwortlichen Stellung. (Wird unter Hinweis auf OG, Urteil vom 11. Mai 1962 2 Zst U 4'62 NJ 1962 S. 547 ausgeführt.)* Das Bezirksgericht hat ferner ausgeführt, daß die Angeklagte ihre Tat sehr raffiniert begangen und dabei eine solche Intensität entwickelt habe, daß die Annahme eines schweren Falles auch deshalb gerechtfertigt sei. Mit dieser Rechtsauffassung hat das Bezirksgericht verkannt, daß die von ihm angeführten Umstände * Vgl. auch OG, Urt. vom 23. Dezember 1963 - 4 Ust 23/63 -NJ 1964 S. 253. - D. Reff. 444;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 444 (NJ DDR 1964, S. 444) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 444 (NJ DDR 1964, S. 444)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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