Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 439

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 439 (NJ DDR 1964, S. 439); ein Ende gesetzt wird, wenn durch den Fortgang des Lebens juristisch ausgedrückt, in einer längeren Frist, die in ihrer Dauer von der Schwere des Verbrechens abhängig ist die mit dem Verbrechen der Gesellschaft geschlagenen Wunden vernarbt sind und das begangene einzelne Verbrechen selbst aufgehört hat, mit der Kraft des schlechten, ungestraften Beispiels das gesellschaftliche Zusammenleben und den Rechtsfrieden der Menschen zu gefährden wenn also die Bedingungen dafür herangereift sind, ein einzelnes geschehenes Verbrechen aus dem Bewußtsein der Menschen, aus ihrer Aufmerksamkeit und Sorge zu löschen. Das Rechtsprinzip der Verjährung folgt der Erkenntnis, daß ein gewöhnliches einzelnes Verbrechen nicht allein durch die gerichtliche Strafverfolgung, sondern zugleich auch sind alle Mittel und Möglichkeiten hierzu erschöpft durch den Weitergang des Lebens überwunden werden kann und überwunden wird. Die Verjährung ist somit nicht allein und lediglich ein einseitiger Verzicht der Gesellschaft und des Staates auf Strafverfolgung und noch viel weniger der juristische Ausdruck eines prinzipienlosen Vergessens. Ihr tiefstes Wesen besteht vielmehr darin, daß sie eine besondere, durch das Recht widergespiegelte und gestaltete Form der Überwindung des Verbrechens ist, die in sich einschließt, daß die Organe der Strafverfolgung ihrerseits alle Anstrengungen unternehmen, um die Aufklärung und gerechte Bestrafung begangener Verbrechen zu gewährleisten. Deshalb muß z. B. nach auch in der Bundesrepublik geltendem Recht die Verjährung ruhen, wenn ein Stillstand der Rechtspflege eingetreten ist (nach § 44 der westdeutschen StPO laufen in diesem Falle keinerlei Fristen, und es erfolgt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand). Schon hieraus wird ersichtlich, daß die Zeit nicht schlechthin, nicht voraussetzungslos die der Gesellschaft mit einem Verbrechen zugefügten Wunden heilen kann und daß es somit bei der Verjährung keinesfalls um einen bloßen Ablauf von Fristen gehen kann. Darum bestimmte z. B. das Gesetz Nr. 10 des Alliierten Kontrollrates für Deutschland vom 20. Dezember 1945 (Art. II Ziff. 5) vorsorglich, daß sich ein wegen Kriegsund Naziverbrechen Angeklagter für die Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 1. Juli 1945 nicht auf die Verjährung berufen könne, eben weil in dieser Zeit hinsichtlich dieser Verbrechen ein absoluter Stillstand der Rechtspflege eingetreten war. Der Zeitablauf der Verjährung ist nach dem in der Bundesrepublik geltenden deutschen Strafgesetzbuch auch noch unter einem anderen Aspekt kein absoluter Faktor, sondern richtet sich nach den konkret gegebenen Notwendigkeiten und Möglichkeiten zur Überwindung begangener Verbrechen. Denn die Dauer der Verjährungsfristen wird durch die Größe des begangenen Verbrechens und das hierdurch bedingte Ausmaß der Anstrengungen bestimmt, die zu einer wirksamen und gerechten Strafverfolgung notwendig sind. Deshalb wird durch § 67 Abs. 1 StGB für die schwersten Verbrechen auch die längste Verjährungsfrist 20 Jahre festgelegt. Aber selbst diese Zeitspanne ist nicht absolut. Vielmehr wird durch jede richterliche Handlung, die wegen einer begangenen Straftat gegen einen Täter unternommen wird und die wegen der Schwere eines Verbrechens auch unbegrenzt wiederholt und erneuert werden kann, der Lauf der Verjährungsfrist unterbrochen und aufs neue (von vorn) in Gang gesetzt. Nach geltendem deutschen Strafrecht ist die Verjährung der Strafverfolgung also auch von ihrer konkreten Juristischen Ausgestaltung her alles andere als eine Juristische Sanktion prinzipienlosen Vergessens, sondern eindeutig ein Instrument zur Überwin""'’ des begangenen Verbrechens. Wenn das Problem der Verjährung der Kriegs- und Naziverbrechen aufgeworfen wird, so kann und muß man dies somit unter defh leitenden Prinzip einer gerechten Rechtspflege tun: unter dem Prinzip der Überwindung und Bewältigung des Unrechts. Die Negation der Gerechtigkeit beginnt bereits dort, wo dieser Aspekt beiseite gelassen und ohne Sinn für Gerechtigkeit nur nach abstrakten, angeblich sich selbst genügenden Prinzipien gefragt und geurteilt wird. Die Strafverfolgungsverjährung von Kriegs- und Nazi verbrechen als völkerrechtliches Problem Damit aber zwingt die Analyse des Wesens der Verjährung als Institut innerstaatlicher Rechtsordnung und des diesem Institut zugrunde liegenden Lebenssachver-halts selbst zu den grundlegenden Fragen: Sind Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit überhaupt nur oder primär nach deutschem Recht zu beurteilen und zu behandeln? Können für sie die gleichen Bestimmungen gelten wie für ein gewöhnliches Einzelverbrechen der Kriminalität? Können folglich die Verfolgung und Bestrafung dieser größten aller Verbrechen überhaupt den Normen des innerstaatlichen deutschen Rechts über die Verjährung, den von .ihnen gesetzten herkömmlichen rechtlichen Maßstäben für die Bewältigung eines Verbrechens im Leben des Volkes unterliegen? Wir müssen diese Fragen verneinen: Die Kriegs- und Naziverbrechen des deutschen Faschismus und seiner Diener waren Verbrechen, die die ganze Welt erschüttert und an den Grundfesten des Lebens der menschlichen Gesellschaft gerüttelt haben. Sie waren staatlich organisierte, staatlich geplante, staatlich durchgeführte und mit den Mitteln eines in sein Gegenteil verkehrten Rechts legalisierte Verbrechen, die viele Millionen Menschen das Leben gekostet haben. In ihre Durchführung war ein ganzes wohlorganisiertes, bürokratisch und arbeitsteilig vorgehendes Heer von Verbrechern einbezogen, die unter dem Schutz eines hoch-aufgerüsteten, bis an die Zähne bewaffneten Staates und einer wohlfeilen Justiz standen. Derartige Verbrechen waren der Welt sowohl von ihren Ausmaßen als auch ihrer gnadenlosen Grausamkeit und ihrer Industrialisierung her nicht bekannt. Diese Verbrechen stellten die Möglichkeit des Zusammenlebens der Menschheit überhaupt in Frage. Um ihnen ein Ende zu bereiten, mußte sich eine ganze Welt zusammenschließen, mußten die Völker ungeheure Blutopfer erbringen. Sie bekundeten in den Beschlüssen der Anti-Hitler-Koalition und im Londoner Vier-Mächte-Abkommen vom 8. August 1945 ihren festen und unbeugsamen Willen, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen, um der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen, um das friedliche Zusammenleben der Völker zu ermöglichen. Zu dem zuletzt erwähnten Abkommen erklärten gemäß seinem Art. 5 die Regierungen folgender Länder ihren Beitritt: Griechenland, Dänemark, Niederlande, CSSR, Polen, Belgien, Abessinien, Australien, Honduras, Norwegen, Panama, Luxemburg, Haiti, Neu-See-land, Indien, Venezuela, Uruguay und Paraguay. Die Prinzipien des Nürnberger Tribunals fanden schließlich auch in der UNO-Charta selbst und den Beschlüssen der UNO-Vollversammlung Nr. 95 (I) vom 11. Dezember 1946 und Nr. 177 (II) vom 21. November 1947 ausdrückliche Bestätigung. Die gerechte Bestrafung der Kriegs- und Naziverbrechen nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus wurde so nach dem zweiten Weltkrieg zu einer der wesentlichsten Aufgaben zur Sicherung der Humanität und des Friedens. Die Kriegs- und Nazi verbrechen waren von 439;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 439 (NJ DDR 1964, S. 439) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 439 (NJ DDR 1964, S. 439)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die. Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen. Diese spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen dienen dem Ziel: schnellste Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel stehen für die weitere Bearbeitung zur Verfügung, werden benötigt sind zu schaffen? Mit welchen anderen Diensteinheiten Staatssicherheit und welchen staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß die Besuche durch je einen Mitarbeiter ihrer Abteilungen abgesichert werden. Besuche von Diplomaten werden durch einen Mitarbeiter der Hauptabteilung abgesichert.

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