Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 435

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 435 (NJ DDR 1964, S. 435); dtedit und Justiz iu dar {%uudest*zpubUk / JOSEF STREIT, Generalstaatsanwalt der DDR * Staatsschutzbestimmungen und Legalitätsprinzip Das sog. Staatsschutzrecht der westdeutschen Bundesrepublik ist seit einigen Monaten Gegenstand eines heftigen Streites, der bis in die Regierung und den Bundestag hineinreicht. Bekanntlich besteht das Kernstück der westdeutschen Staatsschutzbestimmungen aus dem sog. Blitzgesetz von 1951, das auf der demagogischen These von der kommunistischen „Bedrohung“ basiert. Dieses besonders für die westdeutsche Bevölkerung verhängnisvolle Gesetz wurde nicht nur in einer Glanzzeit des kalten Krieges geboren, sondern auch in seinem Geiste geprägt und bis auf den heutigen Tag praktiziert. Sein Hauptzweck bestand bzw. besteht in der justiziellen Sicherung der Regenerierung des deutschen Militarismus, seiner Ausrüstung mit Massen Vernichtungswaffen und der aggressiven Politik gegenüber der DDR. Die Politik einer militärischen Aggression gegenüber der DDR aber war spätestens am 13. August 1961 gescheitert, und sie hat nach dem Moskauer Vertrag vom 12. Juni 1964 nicht mehr die Spur einer Chance. Die Staatsschutzgesetze teilen das Schicksal dieser Politik, aus der sie erwachsen sind. Sie passen nicht mehr in eine Zeit, die in der ganzen Welt in zunehmendem Maße vom Geiste der friedlichen Koexistenz und der Verständigung geprägt wird. Demokratische Kräfte in der Bundesrepublik beginnen immer deutlicher zu erkennen, daß die Staatsschutzbestimmungen und ihre Praktizierung durch .eine willfährige Sonder justiz zur nationalen und außenpolitischen Isolierung des westdeutschen Staates beitragen, Unsicherheit und „Staatsverdrossenheit“ hervorrufen und eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten im Sinne der friedlichen Lösung der Deutschlandfrage ernstlich hemmen. Der Vorschlag Walter Ulbrichts, Zeitungen zwischen den beiden deutschen Staaten auszutauschen, hat die seit längerer Zeit in Westdeutschland geführte Auseinandersetzung über eine Reform des Staatsschutzes wesentlich forciert. Die Ablehnung dieses Vorschlages durch die westdeutsche Regierung wurde von deren Sprecher Haase u. a. damit begründet, daß ein Zeitungsaustausch mit dem § 93 des westdeutschen StGB unvereinbar sei, da nach dieser Bestimmung das „Neue Deutschland“ als „verfassungsverräterische Publikation“ gelte1. Gegen diese Reaktion der Bonner Behörden auf den konstruktiven DDR-Vorschlag haben sich unzählige Stimmen in der westdeutschen Öffentlichkeit gemeldet. Sie suchen die Ursachen des Dilemmas schon nicht allein mehr im Wortlaut der Staatsschutzbestimmungen, sondern vornehmlich in der verständigungsfeindlichen Politik der westdeutschen Ultras, die am Strafrecht des kalten Krieges mit verbissener Sturheit festhalten wollen. Die „Frankfurter Rundschau“ drückte die Erscheinung so aus: „Aber es ist schon so , daß man sich bei uns hinter Paragraphen versteckt, um politischen Entscheidungen aus dem Wege zu gehen.“ Legal istische Vorstellungen würden „als Ersatz für eine konstruktive Politik angeboten“2 * „Tagesspiegel“ vom 28. April 1964. 2 „Frankfurter Rundschau“ vom SO. April 1964. Einführung des Opportunitätsprinzips bei Staatsschutzdeliklen geplant Unter dem Eindruck einer massiven Kritik am System des westdeutschen Staatsschutzes sah sich Anfang Mai dieses Jahres das Bonner Kabinett gezwungen, sich mit den Staatsschutzbestimmungen zu befassen. Dabei zeigte sich das eindeutige Bestreben der maßgeblichen Bonner Kreise, die bestehenden Staatsschutzbestimmungen des kalten Krieges zur Blockierung der Entspannung auf deutschem Boden zu konservieren und ihre juristische Substanz nicht anzutasten. In einer vom Bundesjustizminister Bucher ausgearbeiteten Vorlage ist lediglich vorgesehen, daß für die Verfolgung einer Reihe von Staatsschutzdelikten, insbesondere der Staatsgefährdung, das Legalitätsprinzip eingeschränkt werden soll3. Das Legalitätsprinzip, im § 152 der westdeutschen StPO fixiert, hält die Staatsanwaltschaften der Bundesrepublik an, bei jedem Sachverhalt, der den Tatbestand irgendeines der geltenden Strafgesetze erfüllt, einzu-schreiten''. Die Vorlage des westdeutschen Justizministers sieht keinerlei Neuregelung des materiellen Rechts im Bereich des Staatsschutzes vor, sondern lediglich eine Änderung der StPO, die nichts an der willkürlichen Verfolgung von Gegnern der militaristisch-revanchistischen Politik der Ultras ändern, sondern dafür lediglich eine beweglichere Prozedur einführen würde. In Zukunft sollen beispielsweise politische Gespräche und menschliche Kontakte zwischen den Bürgern beider deutscher Staaten (die in Westdeutschland gegenwärtig als Staatsgefährdung gemäß § 92 StGB bzw. als Verstoß gegen das KPD-Verbot gern, den §§ 42 und 47 BVerfGG qualifiziert werden) nur noch von Fall zu Fall verfolgt werden, d. h. wenn es den Bonner Machthabern „opportun“ erscheint und sie nicht befürchten müssen, daß ein politisches Verfahren zum Bumerang für sie wird. Auf Grund der bösen Erfahrungen, die die westdeutsche Sonderjustiz vor allem mit ihrem rechtswidrigen Vorgehen gegen aufrechte Bürger der DDR gemacht hat, sollen Staatsschutzdelikte insbesondere dann nicht mehr ausnahmslos bestraft werden, „wenn sie auf dem Boden der Zone (gemeint ist die DDR J. S.) begangen wurden“5. Der Nutzen für die aggressive Politik der Ultras soll der einzige Maßstab sein, von dem ein politisches Strafverfahren künftig abhängt. Unter dem Aushängeschild des Opportunitätsprinzips soll so der Öffentlichkeit eine Konzession vorgespiegelt werden. In Wirklichkeit bedeutet der Plan des westdeutschen Justizministers weder eine Reform der unheilvollen Staatsschutzbestimmungen von 1951 noch überhaupt einen realen Fortschritt. Die Bilanz des Unrechts, die sich aus den dreizehn Jahren der Existenz und der brutalen Realisierung des Blitzgesetzes durch 3 vgl. „Die Welt“ vom 12. Mal 1964. 4 § 152 der westdeutschen StPO hat folgenden Wortlaut: (1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller gerichtlich strafbaren und verfolgbaren Handlungen einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. 5 „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 9. Mai 1964. 435;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 435 (NJ DDR 1964, S. 435) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 435 (NJ DDR 1964, S. 435)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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