Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 407

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 407 (NJ DDR 1964, S. 407); auch möglich wäre, statt von einem durchschnittlichen Lebensbedarf für Kinder bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit auszugehen, besser noch einen weiteren Faktor in die Bedarfsberechnung einzuführen und damit den durchschnittlichen Lebensbedarf weiter zu präzisieren. Ein solcher Faktor könnte das unterschiedliche Alter der Kinder sein. Seine Berücksichtigung würde ohne Zweifel den Gerichten dabei helfen, zu genaueren, lebensnahen Entscheidungen zu gelangen. Die Berücksichtigung des Alters des unterhaltsberechtigten Kindes ist jedoch nicht unstreitig. Nachdem sich in der Vergangenheit zunächst einige Stimmen für die Beachtung des Kindesalters bei der Unterhaltsfestsetzung ausgesprochen hatten8 * (die Betreffenden nahmen Abänderungsklagen nach § 323 ZPO durchaus in Kauf), hat sich das Oberste Gericht im Laufe der Zeit immer deutlicher in entgegengesetzter Richtung geäußert. So erklärte es, daß „von Anfang an solche sich gleich-bleibenden Unterhaltsbeträge festgesetzt werden (müssen), die die Unterhaltsbedürfnisse des Kindes für die gesamte Zeit der Unterhaltsverpflichtung decken“'-*. -Dieser vom Obersten Gericht entwickelte Grundsatz ist außerordentlich zweifelhaft. Bis heute gibt es wie wir gesehen haben noch keine reale Bedarfsermittlung für die einzelnen Lebensabschnitte, geschweige denn für die ganze Kindheit und Jugend eines Menschen. Die ohnehin schon mangelnde Objektivität bei der Unterhaltsberechnung wird dadurch noch erhöht. Aber auch vom Gesetz her erscheint dieser Grundsatz durchaus fragwürdig. Der Unterhaltsverpflichtete wird auf diese Weise verurteilt, etwas zu zahlen, was er nach dem Gesetz zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht, zu zahlen verpflichtet ist (und was sich regelmäßig auch nicht in erforderlichem Maße überblicken läßt). Der Empfänger erhält etwas, was ihm z. Z. noch nicht zusteht. Später bekommt er dafür nicht, was er nunmehr dringend braucht. Der Unterhaltsverpflichtete deckt in Wirklichkeit nicht. mehr den Bedarf. Zum Ausgleich wird vom Unterhaltsberechtigten verlangt, einen Teil des früher Erhaltenen für spätere Zeiten aufzubewahren. Das aber ist gesetzlich nicht begründet und hinsichtlich der Realität eine Fiktion. Im Ergebnis ist es allerdings unbefriedigend, darauf zu orientieren, in kürzeren Abständen wiederholt Abänderungsklagen zu erheben, nur um die gerichtliche Entscheidung mit dem sich ständig verändernden Unterhaltsbedarf in Einklang zu halten. Sind klare Maßstäbe für die Unterhaltsberechnung während verschiedener Lebensabschnitte unterhaltsberechtigter Kinder vorhanden, so würde sich jedoch die Möglichkeit änbie-ten, bereits im ersten Prozeß den zu erwartenden Veränderungen des Bedarfs Rechnung zu tragen. Man könnte dann Entscheidungen erlassen, in denen für verschiedene Lebensabschnitte des Berechtigten unterschiedlich hohe Unterhaltsbeträge festgelegt werden, z. B. für die ersten vier Lebensjahre 60 DM monatlich, für das fünfte bis achte Jahr 70 DM usw. Wir kommen somit zu dem Resultat, daß die Ermittlung des durchschnittlichen Lebensbedarfs eines Kindes bzw. Jugendlichen möglichst unter Berücksichtigung des Faktors „Lebensalter“ erfolgen sollte, um so für die Unterhaltsbemessung zu einem Ausgangspunkt zu gelangen, der den Erfordernissen des Lebens wirklich gerecht wird. * Mit der Ermittlung eines durchschnittlichen Lebensbedarfs ist noch keineswegs der reale Bedarf eines Kin- 8 VgL Eggers-Lorenz, a. a. O., Das ehemalige Kammergericht sprach in seinem Urteil vom 25. April 1957 Zz 10'57 -(N.T 1957 S. 318) von „durchschnittlichem Bedarf einer längeren Lebensperiode“. 9 Vgl. OG. Urteil vom 14. April 1959 - 1 ZzF 10/39 - NJ 1959 S. 718. des festgestellt. Zunächst hat man nur einen (allerdings sehr wertvollen) Ausgangspunkt eingenommen. Es kommt nunmehr darauf an, weitere Faktoren, die den Unterhaltsbedarf bestimmen, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Das kann in der Praxis nur durch das Gericht geschehen. Beim gegenwärtigen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung in der DDR gilt für das Unterhaltsrecht, daß Kinder grundsätzlich die wirtschaftliche Lage ihrer Eltern teilen (§§ 1602, 1603 BGB; § 17 Abs.2 MKSchG). Dadurch, daß der sozialistische Staat und die Gesellschaft bedeutende Mittel aufwenden, um jedem Kind und Jugendlichen den Weg für seine allseitige, geistige, moralische und körperliche Entwicklung zu ebnen, wird dieser Grundsatz in gewissem Sinn eingeschränkt. Insofern sei lediglich auf die Einrichtung der Säuglingskrippen, Kindergärten, Kinderhorte, des sozialistischen Schul- und Hochschulwesens mit seinen umfassenden materiellen Unterstützungen, -auf die Einrichtungen für sportliche und kulturelle Betätigung usw. hingewiesen. Die besondere familiäre Lage jedes Kindes und Jugendlichen wird dadurch natürlich nicht aufgehoben. Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes richtet sich gegen seine Eltern, und zwar gegen beide Elternteile. Bei der näheren Bestimmung des Lebensbedarfs des Kindes ist somit von der wirtschaftlichen Lage der Eltern auszugehen. Es ist ein leider immer noch nicht ausgemerzter Fehler, daß der wirtschaftlichen Lage der sorgeberechtigten Kindesmutter keine oder nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wird. Damit wird in Kauf genommen, bei der Berechnung des Unterhalts von einem ungenügend ermittelten Bedarf auszugehen, was sich leicht zum Nachteil des Kindes auswirkt und eindeutig gegen den Wortlaut des Gesetzes verstößt10. Bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage beider Eltern ergibt sich also in jedem einzelnen Fall die Frage, ob das Kind verlangen kann, daß seine Eltern Bedürfnisse befriedigen, die dem durchschnittlichen Bedarf eines Kindes seines Alters entsprechen oder ob es diese Bedürfnisse reduzieren muß oder erweitern darf. Eine gewise Reduzierung muß das Kind u. U. hinnehmen11; allerdings kann es Vorkommen, daß eine Minimalgrenze unterschritten wird. In diesen Fällen ist es möglich, daß vom Gericht ein Unterhaltssatz zugesprochen wird, der in seiner Höhe nur noch von der Leistungsfähigkeit des in Anspruch Genommenen bestimmt ist. Kann das Kind unter diesen Umständen auch von dem anderen Elternteil keinen Unterhalt erlangen, dann muß es sich an die weiteren unterhaltsverpflichteten Verwandten, insbesondere die Großeltern, wenden. Erst wenn sich das Unterhaltsbedürfnis auch auf diese Weise nicht befriedigen läßt, sind die Bedingungen dafür gegeben, daß der Staat unterstützend eingreift. Leben die Eltern dagegen in Verhältnissen, die es ihnen gestatten, größere, über den durchschnittlichen Bedarf des Kindes hinausgehende Bedürfnisse zu befriedigen, so ist von einem erhöhten Bedarf des Kindes auszugehen. Die Erhöhung des Bedarfs muß sich jedoch in solchen Grenzen bewegen, daß sie sich auf Erziehung und Entwicklung des Kindes nicht nachteilig auswirkt12. Der durchschnittliche Bedarf eines Kindes Vgl. dazu Jansen, „Einige Fragen des Unterhalt$rechts des n ich I ch e! i eher, Kindes“. NJ 1957 S. 235 (236); OG, Urteil vom 24. August 1953. a. a. O und Urteil vom 4. Oktober 1962 - 1 ZzF 37/62 - NJ 1963 S. 160. 11 Ein Abweichen vom durchschnittlichen Unterhaltsbedarf; auf Grund der wirtschaftlichen Lage der Eitern muß nicht unbedingt mit Beschränkungen der Bedürfnisbefriedigung verbunden sein, da nach unserer Anlage bei der Ermittlung des Durchschnittsbedarfs z. B. ein solch wichtiger Faktor nicht berücksichtigt wurde wie die Tatsache, daß personenreiche Haushalte sich erheblich rentabler führen lassen als personenärmere. 12 Vgl. auch Jansen, a. a. O. Hierzu sollte auch die Meinung der Pädagogen und Psychologen gehört werden. 407;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 407 (NJ DDR 1964, S. 407) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 407 (NJ DDR 1964, S. 407)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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