Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 4

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 4 (NJ DDR 1964, S. 4); FRITZ ETZOLD und SIEGFRIED WITTENBECK, Richter am Obersten Gericht Zur strafrechtlichen Beurteilung und Bekämpfung von Verletzungen des Arbeits- und Brandschutzes Die Rechtspflegeorgane haben in der gegenwärtigen Etappe unserer Entwicklung u. a. die Aufgabe, das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft mit den' Mitteln des Rechts durchsetzen zu helfen. Dabei geht es in erster Linie darum, unter Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte Widersprüche zu überwinden, die ihren Ausdruck in Straftaten gegen ökonomische Beziehungen und Verhältnisse finden. Denn „weder die Ausarbeitung optimaler, wissenschaftlich begründeter Pläne noch ein in sich geschlossenes System ökonomischer Hebel werden Widersprüche zwischen den im Plan festgelegten gesellschaftlichen Erfordernissen und dem Handeln einzelner Menschen und Gruppen völlig ausschließen können“1. Oftmals treten diese Widersprüche in Form von Strafrechtsverletzungen in Erscheinung oder begünstigen deren Begehung. Die Aufgabe der Rechtspflegeorgane besteht darin, die Gesellschaft zur Überwindung solcher Widersprüche zu mobilisieren. Das setzt voraus, daß sie die Ursachen und Bedingungen dieser Rechtsverletzungen allseitig untersuchen und die Straftaten in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang beurteilen. Zahlreiche Störungen im Wirtschaftsablauf werden durch Verletzung der Bestimmungen über den Gesund-heits-, Arbeits- und Brandschutz hervorgerufen. Die zum Teil noch vorhandene leichtfertige und sorglose Einstellung zur Ordnung und Sicherheit in den Betrieben führt in bestimmten Fällen zu Produktionshemmnissen, zur Vernichtung volkswirtschaftlicher Werte und zur Gefährdung von Menschenleben. Zur Verantwortlichkeit für die Einhaltung des betrieblichen Brandschutzes Die gesellschaftliche Wirksamkeit des Strafrechts im Kampf gegen Rechtsverletzungen auf dem Gebiete des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes hängt entscheidend davon ab, wie es gelingt, die individuelle Schuld der Verantwortlichen festzustellen. An der Leitung eines Wirtschaftsbereiches sind viele Wirtschaftsfunktionäre und übergeordnete Leitungen beteiligt. Nach dem Prinzip der Einheit von Produktion und Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz sind alle leitenden Mitarbeiter für die Durchführung von Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Betrieb verantwortlich. Das darf jedoch nicht dazu führen, daß die Gerichte von einer undifferenzierten, kollektiven strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgehen. Es muß vielmehr die individuelle Schuld exakt geprüft werden. Das kann aber nur unter genauer Beachtung der in den betrieblichen Funktionsplänen, Anweisungen und Festlegungen des Betriebsleiters getroffenen Regelungen erfolgen. Die genaue Festlegung der Verantwortlichkeit ist ein wesentliches Erfordernis für die planmäßige und kontinuierliche Durchführung der Produktion, für die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Betrieben. Jeder leitende Mitarbeiter muß seine Aufgaben, die er bei der Durchführung der Produktion und der Organisierung des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes hat, genau kennen. Es ist daher Aufgabe der Leiter der Betriebe und der Generaldirektoren der VVBs, zu veranlassen, daß die Funktionspläne so ausgearbeitet werden, daß für jeden leitenden Mitarbeiter auch die von ihm bei der Organi- 1 Vgl. Abschn. n, 2 der Richtlinie für das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft vom 11. Juli 1963 (GBl. II S. 457). sierung und Durchführung des Gesundheits-, Arbeitsund Brandschutzes zu lösenden Aufgaben klar erkennbar sind. Der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts hatte kürzlich in einem Rechtsmittelverfahren über die strafrechtliche Verantwortlichkeit leitender Funktionäre des VEB Energieversorgung Rostode zu entscheiden, die wegen fahrlässiger Brandstiftung bzw. Brandgefährdung angeklagt waren. In der Ölspaltanlage Rostock, die dem VEB Energieversorgung untersteht, war ein Brand aus-gebrochen, der einen Schaden von 85 000 DM verursacht hatte2. Bei der Entscheidung dieser Sache mußte der Senat erneut zu einigen grundsätzlichen Fragen des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes, insbesondere zur Verantwortlichkeit für die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen, Stellung nehmen3 * *. Das Bezirksgericht Rostock hatte in seiner erstinstanzlichen Entscheidung die Auffassung vertreten, daß für die Durchführung der Maßnahmen des Brandschutzes in den Betrieben ausschließlich der Betriebsleiter verantwortlich sei, der zu seiner Unterstützung Brandschutzverantwortliche und -helfer einsetzen könne. Es hat diese Auffassung mit dem Hinweis auf § 1 der 1. DB zum Brandschutzgesetz vom 16. Januar 1961 (GBl. II S. 49) begründet. Das Oberste Gericht ist bei der Lösung dieser Problematik von der Betriebsstruktur des VEB Energieversorgung Rostock, dem die Ölspaltanlage untersteht, ausgegangen. Dieser volkseigene Betrieb ist in zwei Hauptbereiche Elektrizität und Gaserzeugung gegliedert. Innerhalb dieser Bereiche gibt es sog. Betriebsabschnitte mit einem Betriebsabschnittsleiter an der Spitze. Der Angeklagte R. war als Betriebsabschnittsleiter für mehrere Gaswerke, darunter das sog. klassische Gaswerk in Rostock und die Ölspaltanlage, verantwortlich. Der Angeklagte B. wiederum war verantwortlicher Betriebsingenieur, also Leiter der Ölspaltanlage. Bei formaler Auslegung des § 5 des Brandschutzgesetzes vom 18. Januar 1956 (GBl. I S. 110) und des § 1 der 1. DB dazu hätte davon ausgegangen werden müssen, daß nur der Werkleiter des VEB Energieversorgung Rostock, dem sämtliche Energie- und Gaserzeugungsanlagen des Bezirks unterstehen, gegebenenfalls noch der Betriebsabschnittsleiter R., nicht aber der Leiter der Ölspaltanlage, der nicht Betriebsleiter im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen ist, für die Organisierung und Durchführung der Brandschutzmaßnahmen verantwortlich war. Eine solche Auffassung würde zu unhaltbaren Ergebnissen führen, weil dem Leiter größerer Wirtschäftsbereiche die alleinige Verantwortung für den Brandschutz auferlegt werden müßte, obwohl er unter Berücksichtigung des Umfanges dieses Bereichs, der Vielzahl der selbständigen Anlagen, die zu diesem Bereich gehören, und der unterschiedlichen technischen und produktionsmäßigen Voraussetzungen gar nicht in der Lage wäre, die sich aus dieser Verantwortung ergebenden. Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Andererseits wären die Leiter relativ selbständiger Teile dieses Bereichs von der Verantwortung für die Einhaltung der Brandschutzbestimmungen entbunden. Des weiteren 2 vgl. OG-Urteil 2 Ust 12/63 vom 5. Dezember 1963 in diesem Heft. 3 vgl. auch Urteil des 2. Strafsenats vom 20. September 1963, NJ 1963 S. 661 ff., und Leitartikel „Die Einheit von Produktion und Arbeitsschutz auch mit der Rechtsprechung durchsetzen helfen!“, NJ 1963 S. 641 ff. 4;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 4 (NJ DDR 1964, S. 4) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 4 (NJ DDR 1964, S. 4)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Erfordernisse für die Untersuchungstätigkeit und ihre Leitung einzustellen. Es gelang wirksamer als in den Vorjahren, die breite Palette der Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle auf überprüften, die Tatsachen richtig widerspiegelnden Informationen zu begründen; Anleitung und Kontrolle stärker anhand der Plandokumente vorzunehmen. Wesentliche Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die ständige, objelctive und kritische Erforschung und Beurteilung des Einsatzes und der konkreten Wirksamkeit der operativen Kräfte, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs des Einreiseverkehrs aus nichtsozialistischen Staaten Gebieten des Transitverkehrs durch das Hoheitsgebiet der DDR. In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, alle operativen Handlungen, insbesondere das Zusammentreffen mit anderen operativen Kräften, zu tarnen; operative Materialien sicher aufbewahren und unauffällig übergeben können.

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