Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 347

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 347 (NJ DDR 1964, S. 347); 2. Hat das Untersuchungsorgan verabsäumt, dem Staatsanwalt von der Übergabe einer Strafsache an die Konfliktkommission rechtzeitig Kenntnis zu geben, so ist dies kein Umstand, der nach der Entscheidung der Konfliktkommission zur Erhebung der Anklage berechtigt, wenn es sich tatsächlich nicht um eine geringfügige Straftat handelte. 3. Wie ist zu verfahren, wenn das Untersuchungsorgan, ohne den Staatsanwalt zu informieren, fehlerhaft eine nicht geringfügige Strafsache der Konfliktkommission zur Beratung übergeben hat? 4. Wann liegen im Falle einer Körperverletzung die Voraussetzungen zur Übergabe der Sache an die Konfliktkommission vor? BG Dresden, Urt. vom 23. Oktober ■ 1963 3 BSB 327/63. Das Untersuchungsorgan der Volkspolizei in B. hat am 8. Februar 1963 gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung eingeleitet. Mit Übergabeverfügung vom 21. Februar 1963 hat es die Sache an die Konfliktkommission des volkseigenen Gutes in G. übergeben. Der Übergabeverfügung liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte, der als Maschinenschlosser auf dem volkseigenen Gut tätig ist, hatte am 2. Februar 1963 zusammen mit einem anderen Kollegen für die schnelle Instandsetzung mehrerer Hänger für die Frühjahrsbestellung eine Geldprämie in Höhe von 50 DM erhalten. Von diesem Geld wurde von den Prämiierten eine große Flasche Schnaps gekauft und ausgetrunken. Danach hat der Angeklagte in seiner Wohnung mit Frau P., mit der er zusammen lebt, noch eine kleine Flasche Schnaps ausgetrunken. Es kam dann zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte Frau P., die für kurze Zeit die Wohnung verlassen hatte, nicht mehr hereinließ. Nachdem Frau P. sich deshalb zu ihrer Mutter, Frau Pö., begeben hatte, räumte der Angeklagte einen Teil der Wohnungseinrichtung aus und stellte sie auf den Hof. Dagegen schritt der künftige Schwiegersohn der Frau P., der Bürger B., ein. Hierbei kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen, weil B. von dem Angeklagten beschimpft und mit einer Schnapsflasche bedroht worden war. Nachdem B. den Angeklagten, dem er überlegen war, wieder losgelassen und sich entfernt hatte, lief ihm der Angeklagte mit einem Küchenmesser nach. Der Angeklagte begab sich in die Wohnung der Frau Pö., wo er B. vermutete, und drohte dort, diesen zu erstechen. Er fuchtelte mit dem Messer herum und verletzte dabei Frau P., die ihn beruhigen wollte. Sie mußte mit einer erheblichen Schnittwunde am Unterarm ins Krankenhaus gebracht werden. Durch die Schnittverletzung war eine Sehne durchschnitten und eine Sehne angeschnitten worden. Die bei dem Angeklagten unmittelbar nach der Tat erfolgte Untersuchung ergab einen Blutalkoholwert von 2 Promille zur Zeit der Tat. Das Untersuchungsorgan hat das Verhalten des Angeklagten rechtlich als fahrlässige Körperverletzung nach § 230 StGB beurteilt. Der Angeklagte wird vom Betriebsleiter und von der Betriebsparteiorganisation des volkseigenen Gutes als Landmaschinenschlosser positiv beurteilt. Er ist pünktlich, zuverlässig und einsatzfreudig und führt die ihm übertragenen Arbeiten zur Zufriedenheit aus. Im betrunkenen Zustand ist er aber streitsüchtig. Seine Familienverhältnisse waren zum Zeitpunkt der Straftat nicht geordnet. Er lebte mit Frau P. zusammen, mit der er sich jedoch nicht verstand, und hatte gleichzeitig intime Beziehungen zu einer anderen Frau, mit der er inzwischen verheiratet ist. Die Konfliktkommission des volkseigenen Gutes G. hat in ihrer Sitzung am 16. Mai 1963 in Anwesenheit von 16 Belegschaftsmitgliedern über das Verhalten des Angeklagten beraten und diesem eine Rüge ausgesprochen sowie die Verpflichtung des Angeklagten zur Leistung von 20 Aufbaustunden bestätigt. Der Staatsanwalt des Kreises B., der von der Übergabe der Sache an die Konfliktkommission nicht unterrichtet war, hat nach Erlaß des Beschlusses der Konfliktkommission am 17. August 1963 beim Kreisgericht B. gegen den Angeklagten wegen Begehung einer Rauschtat nach § 330 a StGB Anklage erhoben. Das Kreisgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Anklage gehe davon aus, daß der hohe Grad der Gefährlichkeit der Tat einer Behandlung durch die Konfliktkommission entgegenstehe. Das Untersuchungsorgan hätte die Sache daher nicht an die Konfliktkommission übergeben dürfen. Die Anklageerhebung sei zulässig, da der Staatsanwalt von der Übergabeverfügung des Untersuchungsorgans keine Mitteilung erhalten und erst nach der Entscheidung der Konfliktkommission von der Sache Kenntnis erlangt habe. Diese Begründung reiche nicht aus, um eine Anklageerhebung zu rechtfertigen. Der Staatsanwalt übersehe dabei, daß die Konfliktkommission von ihrem Recht, gegen die Übergabeverfügung Einspruch zu erheben, nicht Gebrauch gemacht, sondern entschieden habe. Es würde der Rolle und der Bedeutung der Konfliktkommission widersprechen, auf Grund einer anderen rechtlichen Würdigung der Straftat hinsichtlich der Gefährlichkeit der Handlung nachträglich eine Anklage als zulässig zu betrachten. Eine Ausnahme sei nur dann möglich, wenn sich Umstände nachträglich heraussteilen, aus denen sich ergibt, daß es sich um keine geringfügige Straftat handelt. Hier seien aber nachträglich keine Umstände aufgetreten, auf die sich der Staatsanwalt bei der Anklageerhebung berufen könne. Eine erst nach der Beratung vor der Konfliktkommission aufgetretene Meinung des Staatsanwalts zur rechtlichen Würdigung der Straftat stelle keinen solchen Umstand dar, der zur Anklageerhebung berechtige. Es fehle damit an den Voraussetzungen der Strafverfolgung, so daß der Angeklagte nach § 221 Ziff. 4 StPO freizusprechen war. Der Staatsanwalt hat gegen das Urteil des Kreisgerichts Protest eingelegt. Aus den Gründen: Übereinstimmend mit dem Staatsanwalt ist der Senat der Auffassung, daß die Straftat des Angeklagten nach dem Ermittlungsergebnis zum Zeitpunkt der Übergabe an die Konfliktkommission nicht geringfügig und außerdem auch rechtlich nicht einfach war, so daß die Übergabe an die Konfliktkommission fehlerhaft war. Zutreffend hat das Kreisgericht diese Gesetzesverletzung des Untersuchungsorgans durch Gerichtskritik gerügt. Nach dem Rechtspflegeerlaß (Zweiter Abschnitt, I, 17) und Ziff. 63 der Richtlinie über die Wahl und die Arbeitsweise der Konfliktkommissionen kann der Staatsanwalt im Interesse der Sicherung der Gesetzlichkeit innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung der Konfliktkommission Anklage bei Gericht in solchen Fällen erheben, in denen sich nachträgliche Umstände herausstellen, die ergeben, daß es sich um keine geringfügige Straftat handelt. Darunter sind solche Umstände zu verstehen, die sich im Zusammenhang mit der Straftat selbst oder der Täterpersönlichkeit ergeben und dazu führen, daß eine ursprünglich als geringfügig angesehene strafbare Handlung nicht mehr als geringfügig zu beurteilen ist. Diese Auffassung des Senats entspricht auch den Ausführungen im Leitfaden zum Rechtspflegeerlaß: „Die Erfahrungen bestätigen, daß sich in Einzelfällen erst später, manchmal im Zusammenhang mit der Ermittlung in einer ganz anderen Sache herausstellt, daß Umstände Vorgelegen haben oder Folgen eingetreten sind, die die seinerzeit für geringfügig gehaltene strafbare Handlung als eine erhebliche Rechtsverletzung charakterisieren.“ (S e.m ler/Kern, Rechtspflege Sache des ganzen Volkes, Berlin 1963, S. 145) 347;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 347 (NJ DDR 1964, S. 347) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 347 (NJ DDR 1964, S. 347)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougend-licher. Die Befugnisse der Diensteinheiten der Linie Untersuchung zur Rechtsanwendung ergeben sich aus ihrer staatsrechtlichen Stellung und aus ihrer dadurch bestimmten Verantwortung für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit zur Beweisführung genutzt werden. Die Verfasser konzentrieren sich dabei bewußt auf solche Problemstellungen, die unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft vor jeglichen feindlichen Anschlägen,kriminellen Handlungen und sonstigen aus Rechtsverletzungen resultierenden Schäden und Gefahren unter Nutzung aller Potenzen des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft. Die Strategie zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft unmittelbar einordnet. Unter den gegenwärtigen und für den nächsten Zeitraum überschaubaren gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen kann es nur darum gehen, feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen kommen kann. Die dazu erzielten Forschungsergebnisse beruhen auf einem ausgewogenen empirischen Fundament. Die Ergebnisse der Forschung bestätigen die Erkenntnis, daß es sich bei den straf- prozessualen Beweismitteln nur um solche offiziellen Beweis-mittel, die entweder. in das Strafvsrfahren auf den strafprozessual zulässigen Wegen eingeführt werden, Beide Wege werden inbchnitt im Zusammenhang mit der Täterpersönlichkeit dargestellt wurden - beim Täter zur Entscheidung für die Begehung der Straftat, ihre Fortsetzung, ihre Unterbrechung oder Beendigung führ-ften.

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