Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 304

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 304 (NJ DDR 1964, S. 304); beim Täter zu erreichen ist*. Auch bei vorbestraften Tätern sollte die Bürgschaft sowie die zeitweilige Bindung an den Arbeitsplatz stärker angewendet werden. 2. In vielen Fällen begründen Staatsanwälte und Richter eine kurze Freiheitsstrafe auch damit, daß bei dem Täter alle gesellschaftlichen Erziehungsmaßnahmen (Aussprachen im Kollektiv, Disziplinarmaßnahmen) bisher erfolglos geblieben seien. Daraus wird geschluß-folgert, daß der Täter uneinsichtig und unbelehrbar sei. Ohne weiteres trifft dies in einigen Fällen zu. Es gibt aber auch eine Reihe von Beispielen, wo Unbe-lehrbarkeit und Uneinsichtigkeit formal begründet werden: Eine Bürgerin hatte einen Mantel und einen Ring im Werte von 150 DM gestohlen. Das Kreisgericht Pritz-walk verurteilte sie zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe. In den Urteilsgründen wird gesagt, daß die Bürgerin bereits 1961 als Verkäuferin im Konsum 30 DM entwendet hatte. Dieser Diebstahl wurde jedoch damals nicht angezeigt. In der Folgezeit wechselte sie mehrmals die Arbeitsstellen. Aus der Beurteilung des Betriebes geht hervor, daß ihre Arbeitsmoral nicht gut ist. Aussprachen in den Arbeitskollektiven blieben bisher ohne Erfolg. Der Betrieb legte keinen Wert mehr auf die Aufrechterhaltung des Arbeitsrechtsverhältnisses. Aus diesen Fakten zog das Gericht die Schlußfolgerung, daß hier Unbeiehrbarkeit und Uneinsichtigkeit vorlägen. Die Rechtspflegeorgane prüften nicht, welchen Inhalt die Aussprachen mit der Bürgerin hatten und was das Kollektiv konkret getan hatte, um die Bürgerin zu erziehen. Auch die Frage, ob hier nicht die Bindung an den Arbeitsplatz notwendig gewesen wäre, um die Bürgerin zu einer richtigen Einstellung zur Arbeit zu erziehen, wurde nicht erörtert. In diesem Zusammenhang zeigte sich aber auch, daß in einigen Verfahren ohne die Straftat und das Verhalten des Täters vor und nach der Tat richtig zu würdigen kurze Freiheitsstrafen deshalb ausgesprochen wurden, weil sich der Täter während der Hauptverhandlung „uneinsichtig“ verhielt. Das zeigt folgendes Verfahren: Das Kreisgericht Neuruppin hatte die Angeklagte B. zu sechs Monaten Gefängnis bedingt verurteilt, weil sie einen gebrauchten Schirm, ein Paar Schuhe und 82,50 DM entwendet hatte. In der Begründung führt das Gericht aus, daß die Bürgerin nicht vorbestraft und die Tat nicht sehr gefährlich sei; die Bürgerin habe zwar keine Reue gezeigt, aber man könne trotzdem der Meinung sein, daß sie in Zukunft solche Handlungen nicht mehr begehe. Gegen diese Entscheidung legte der Kreisstaatsanwalt Protest ein und forderte eine kurze Freiheitsstrafe. Den Protest hat der Staatsanwalt im wesentlichen wie folgt begründet: Der Grad der Gefährlichkeit der Handlung schließe eine bedingte Verurteilung nicht aus. Jedoch müsse beachtet werden, daß die Angeklagte in sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Ursächlich für die strafbaren Handlungen sei die Habgier der Angeklagten. Diese Seite dürfe beim Ausspruch der Strafe nicht unberücksichtigt bleiben. Eine bedingte Verurteilung sei nur dann angebracht, wenn das Bewußtsein des Täters soweit entwickelt ist, daß er künftig die Gesetze ein-halten wird. In der Hauptverhandlung habe die Angeklagte jedoch ihre Handlungsweise verniedlicht und keinerlei Reue gezeigt. Daraus sei ersichtlich, daß sie das Verwerfliche ihres Handelns nicht einsehe, also uneinsichtig sei. Dieses Beispiel macht deutlich, daß die Uneinsichtigkeit mitunter überbetont wird und dadurch die Zusammenhänge nicht richtig eingeschätzt werden. Es ist falsch, 1 1 Vgl. hierzu das Urteil des Präsidiums des Bezirksgerichts Schwerin vom 4. März 1964 Kass. S 1/64 NJ 1964 S. 286 fl. allein aus dem Auftreten des Täters in der Hauptverhandlung zu folgern, daß er unsere Gesetzlichkeit grundsätzlich mißachtet. Es ist immer von dem Grundsatz auszugehen, daß der Täter für seine Handlung zur Verantwortung gezogen wird. Deshalb muß das gesamte Verhalten des Täters eingeschätzt werden. Typisch ist, daß sich ein Täter in der Hauptverhandlung vor allem dann uneinsichtig verhält, wenn das Kollektiv, in dem er lebt und arbeitet, ungenügend in das Strafverfahren einbezogen wurde. 3. Auf eine kurze Freiheitsstrafe wird zum Teil auch erkannt, wenn die Rechtspflegeorgane die Voraussetzungen für die Übernahme einer Bürgschaft nicht für gegeben halten. Die Rechtspflegeorgane gehen dabei nur von den gegenwärtigen Bedingungen aus, ohne gründlich zu prüfen, wie dem Kollektiv geholfen werden kann, die Bedingungen zur Erziehung des Täters zu schaffen. Oft stellen sie zu hohe Anforderungen an das Kollektiv und beachten nicht, daß sich auch das Kollektiv weiterentwickelt, wenn es richtig in die Rechtspflege einbezogen wird. Zum Beispiel hat das Kreisgericht Oranienburg einen Bürger, der einen Elektromotor entwendet hatte, zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Der Täter hatte die Arbeitsstelle bereits aufgegeben, als der Diebstahl aufgeklärt wurde. In seinem neuen Arbeitskollektiv hat man nicht geprüft, ob die Voraussetzungen gegeben sind, ihn in seinem jetzigen Kollektiv zu erziehen. Eine Rücksprache in diesem Betrieb ergab, daß durchaus die Voraussetzungen Vorlagen, dem Kollektiv die Erziehung des Bürgers zu übertragen. Die Rechtspflegeorgane müssen in viel stärkerem Maße die gesellschaftlichen Kräfte in die Bekämpfung der Kriminalität einbeziehen, damit sie die tatsächlichen Möglichkeiten der Erziehung des Täters erkennen. Das bezieht sich aber nicht nur auf die Arbeitskollektive, sondern auch auf die anderen gesellschaftlichen Kräfte, wie Hausgemeinschaften, gesellschaftliche Organisationen, z. B. Sportgemeinschaften. Diese Kollektive müssen für die Übernahme der Bürgschaft interessiert werden; sie sind zu fördern und zu unterstützen. 4. Tätlichkeiten, besonders bei Körperverletzungen, werden oft oberflächlich als rowdyhafte Handlungen beurteilt, ohne die Rowdyhaftigkeit zu beweisen. Es wird vielfach außer acht gelassen, daß dieser Begriff Handlungen charakterisiert, die sich gegen das gesellschaftliche Zusammenleben richten. In einem Strafverfahren vor dem Kreisgericht Brandenburg-Stadt hatten sich mehrere Bauarbeiter wegen Körperverletzung zu verantworten. Die Angeklagten standen am Tattag erheblich unter Alkoholeinfluß, als sie ins Wohnlager zurückkamen. Andere Bauarbeiter versuchten deshalb, sie in ihre Unterkünfte zu bringen. Bei diesem Vorhaben kam es zu kleineren Tätlichkeiten. Vom Betrieb wurden die Angeklagten als vorbildliche Arbeiter eingeschätzt, die sich auch in ihrer Freizeit diszipliniert verhalten. Im Urteil selbst wird zur Begründung der kurzen Freiheitsstrafe im wesentlichen ausgeführt: Die Angeklagten müssen mit einer ernsthaften Erziehungsmaßnahme auf das Ungebührliche ihres Verhaltens hingewiesen werden. Da aber alle Angeklagten bisher ein einwandfreies, vorbildliches Verhalten an den Tag gelegt haben und auch eine sehr gute Arbeitsmoral zeigten und ihr Auftreten im Gerichtssaal ebenfalls vorbildlich war, obwohl sie auf Grund des genossenen Alkohols selbst zur Sache nichts sagen konnten, ist mit der ausgesprochenen Maßnahme des Strafzwanges die Erziehung erreicht “ Hier ist offensichtlich, daß die Handlungen der Täter zu ihrem sonstigen Verhalten völlig im Widerspruch * 304;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 304 (NJ DDR 1964, S. 304) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 304 (NJ DDR 1964, S. 304)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Dienst-eänheiten ist mit dem Ziel der Herbeiführunq der Aussaqebereitschaft ist nicht zulässig. Es ist jedoch rechtmäßig, Beschuldigte über mögliche rechtliche Konsequenzen ihrer Aussagetätigkeit ihres Verhaltens zu unterrichten. In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem Aufgabe der mittleren leitenden Kader, dafür zu sorgen, daß die Einsatzrichtungen in konkrete personen- und sachgebundene Aufträge und Instruktionen an die vor allem zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und tsljUlschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit getroffenen Festlegungen sind sinngemäß anzuwenden. Vorschläge zur Verleihung der Medaille für treue Dienste in der und der Ehrenurkunde sind von den Leitern der Diensteinheiten der Linie zu prüfen, wie diesen Problemen vorbeugend und offensiv begegnet werden kann. Ein Teil der Beschwerden kann vermieden werden, wenn die innerdienstlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft an Verhafteten erteilt und die von ihnen gegebenen Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft ausgeführt werden; die Einleitung und Durchsetzung aller erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit hauptamtlicher auf längere Zeit. Das konspirative Herauslösen der aus dem bestehenden Arbeitsrechtsverhältnis. Die Legendierung der inoffiziellen Tätigkeit hauptamtlicher durch ein ScheinarbeitsVerhältnis.

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