Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 280

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 280 (NJ DDR 1964, S. 280); Jn(jormation Dr. habil. ERICH BUCHHOLZ, Prodekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Rechtspflege in der Sowjetunion In der Sowjetunion bestehen bekanntlich seit längerer Zeit in den Betrieben, Wohngebieten und Dörfern gesellschaftliche Gerichte, die Kameradschaftsgerichte, die im Laufe der Zeit große Erfahrungen gesammelt haben und auf beträchtliche Erfolge zurückblicken können1. Die Ergebnisse dieser Entwicklung sind in einem Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 23. Oktober 1963 über die Ergänzung und Abänderung der Ordnung über die Kameradschaftsgerichte vom 3. Juli 1961 fixiert. Dieser Erlaß bringt eine Reihe auch für unsere Entwicklung interessanter Veränderungen, insbesondere hinsichtlich der Erweiterung der Befugnisse und des Wirksamwerdens der Kameradschaftsgerichte. Diese zeigen einmal die grundsätzliche Übereinstimmung der Entwicklung der Rechtspflege in den sozialistischen Ländern; sie zeigen aber auch sehr deutlich, wie in der Sowjetunion ohne Übereilung, schrittweise, entsprechend den tatsächlich herangereiften Bedingungen Weitere Maßnahmen ergriffen werden. Erweiterte Zuständigkeit der Kameradschaftsgerichte In der Sowjetunion wird dieser Erlaß als Ausdruck einer neuen Etappe der Entwicklung der Tätigkeit der Kameradschaftsgerichte eingeschätzt2, indem sich deren Rolle, namentlich durch wesentliche Erweiterung ihrer Kompetenz, in bedeutendem Maße erhöht. Dabei stützt man sich insbesondere auf die Erfahrung, daß die Maßnahmen der gesellschaftlichen Erziehung oft wirkungsvoller sind als rein administrative Eingriffe. Der Hauptteil des neuen Erlasses betrifft die Erweiterung der Zuständigkeit der Kameradschaftgerichte. Nach Art. 5 der Ordnung der Kameradschaftsgerichte vom Juli 1961 konnten diese im wesentlichen behandeln: Verletzungen der Arbeitsdisziplin, geringfügige Beschädigungen von Wohn- und kommunalen Einrichtungen, verschiedene Formen ungebührlichen und gesellschaftswidrigen Verhaltens, Verstöße gegen die Hausordnungen sowie Ordnungswidrigkeiten und andere Rechtsverletzungen, wenn die betreffenden staatlichen Organe die Behandlung vor dem Kameradschaftsgericht für notwendig erachteten. Außerdem konnten sie bisher schon Vermögensstreitigkeiten zwischen Bürgern desselben Kollektivs bis zum Werte von 50 Rubeln schlichten, wenn die Parteien damit einverstanden waren. Der Erlaß vom Oktober 1963 hat nunmehr den Kameradschaftsgerichten auch die Behandlung bestimmter Strafsachen übertragen, und zwar: erstmalig begangene geringfügige Rowdyhandlungen, geringfügige Fälle von Spekulationen oder geringfügige Entwendungen von staatlichem oder genossenschaftlichem Eigentum sowie erstmalig begangene Diebstähle geringwertiger, im persönlichen Eigentum stehender Gegenstände des 1 Vgl. dazu „Entwurf eines Gesetzes über die Rolle der Öffentlichkeit im Kampf gegen Rechtsverletzungen“, NJ 1960 S. 45 ff.; „Musterordnung für die KameradschaftsgeriChte (Entwurf)“, Staat und Recht 1960, Heft 1, S. 172 ff.; Streit, „Über die Tätigkeit der Kameradschaftsgerichte in der UdSSR“, NJ 1961 S. 28Zff.; Petzold, „Uber die Rolle und die Aufgaben der sowjetischen KameradschaftsgeriChte bei der Erziehung der Werktätigen“, Staat und Recht 1962, Heft 12, s. 2237 ff. 2 Vgl. „Eine neue Etappe in der Tätigkeit der KameradschaftsgeriChte“, Sowjetjustiz 1963, Heft 23, S. 1 ff. (russ.). Der Erlaß ist im gleichen Heft abgedruckt. täglichen Bedarfs, sofern der Schuldige und der Geschädigte dem gleichen Kollektiv angehören. Es handelt sich also um einen eindeutig fixierten Kreis von Straftaten. Darüber darf aber das Kameradschaftsgericht nur entscheiden, wenn das Verfahren von den Organen der Miliz, der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht übergeben wurde. Wenn im Einzelfall weder am Arbeitsplatz noch im Wohnbereich des Rechtsverletzers ein Kameradschaftsgericht besteht, entscheidet das Volksgericht. Es verhandelt auch dann, wenn die Persönlichkeit des Täters und die Umstände der Tat eine Beratung vor dem Kameradschaftsgericht als nicht zweckmäßig erscheinen lassen. Die Entscheidung über diese Frage fällen die zuständigen staatlichen Organe. Soweit bisher einzelne Kameradschaftsgerichte über Entwendungen oder ähnliche Delikte beraten haben was uns verschiedentlich aus Presseberichten bekannt wurde , waren derartige Verstöße ihrem Charakter nach keine Straftaten, sondern Ordnungswidrigkeiten. Der Erlaß vom Oktober gibt in Konkretisierung auch entsprechender Bestimmungen des neuen Strafgesetzbuches der RSFSR erstmalig die Möglichkeit, Strafsachen vor den Kameradschaftsgerichten zu verhandeln. Das StGB der RSFSR sah z. B. bisher für geringfügige Entwendung von staatlichem oder gesellschaftlichem Eigentum, für geringfügige Spekulation oder geringfügiges Rowdytum Besserungsarbeit bzw. Geldstrafen vor (Art. 96, 154, 206). Soweit in diesen Tatbeständen von früheren Maßnahmen der gesellschaftlichen Einwirkung die Rede ist, bezieht sich das auf Einwirkungen gegenüber nichtkriminellen Verstößen dieser Art. Lediglich bei leichter vorsätzlicher Körperverletzung oder Schlägen ohne Beeinträchtigung der Gesundheit hatte das StQB der RSFSR im Art. 112 die Möglichkeit der Anwendung von Maßnahmen gesellschaftlicher Erziehung vorgesehen. In Übereinstimmung hiermit hat der Erlaß vom Oktober nunmehr neben Beleidigung und Verleumdung jetzt auch diese Fälle in die Kompetenz der Kameradschaftsgerichte übergeführt. Wichtige Erweiterungen der Befugnisse der Kameradschaftsgerichte gibt es auch auf anderen Rechtsgebieten, insbesondere bei verschiedenen vermögensrechtlichen Ansprüchen. Das betrifft z. B. bestimmte vermögensrechtliche Streitfälle zwischen Ehegatten und in Kolchos-Angelegenheiten sowie die Verantwortlichkeit für eigenmächtige Benutzung von Material und Gerät sozialistischer Einrichtungen ohne erhebliche Schadenszufügung. Weiter sei u. a. die Verantwortlichkeit für Fälle der verbotenen Eigenmacht, unterlassener Hilfeleistung gegenüber Kranken sowie unerlaubter Heilbehandlung genannt. Vervollkommnung des Verfahrens der Kameradschaftsgerichte Diese Erweiterung der Vollmachten der Kameradschaftsgerichte auf ganz bestimmten Gebieten wird ihre Rolle weiter erhöhen, ohne an sie überhöhte, noch nicht voll zu bewältigende Anforderungen zu stellen. Hand in Hand mit der Erweiterung der Kompetenz geht die Vervollkommnung des Verfahrens und der Organisation, einschließlich solcher Regelungen, die die Wirksamkeit der Entscheidungen der Kameradschaftsgerichte verstärken. 280;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 280 (NJ DDR 1964, S. 280) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 280 (NJ DDR 1964, S. 280)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der subversiven Angriffe, Pläne und Absichten des Feindes sowie weiterer politisch-operativ bedeutsamer Handlungen, die weitere Erhöhung der Staatsautorität, die konsequente Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, die Drage Wer ist wer? eindeutig und beweiskräftig zu beantworten, noch nicht den operativen Erfordernissen, Daran ist aber letztlich die Effektivität des Klärungsprozesses Wer ist wer? erfordert auch die systematische Erhöhung der Qualität der Planung des Klärungsprozesses auf allen Leitungsebenen und durch jeden operativen Mitarbeiter.

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