Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 278

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 278 (NJ DDR 1964, S. 278); sehen, beim „Zustand der äußeren Gefahr“ auf die schon geschilderte Weise jederzeit umgehbar. Die Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung hat noch eine zweite Seite. „Es muß für die Gesetzgebung der Länder in Landesangelegenheiten ein nennenswerter Bestand vorhanden sein“38, d. h., die Länderparlamente dürfen niemals ihrer Gesetzgebungsfunktion entkleidet werden. Doch gemäß Art. 115 b Abs. 1 und Art. 115 l Abs. 1 Buchst, a des Entwurfs der „Notstandsverfassung“ soll der Bund im „Notstand“ das Recht der Gesetzgebung auch auf solchen Sachbereichen haben, „die sonst zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören“. Dabei findet nicht einmal eine Begrenzung dieser „Befugnisse“, etwa auf Fragen der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung“, statt. Notverordnungen der Bundesregierung könnten sich auf das Schulrecht, die Gemeindeverfassung, ja sogar auf die Landesverfassungen selbst erstrecken und das Verfassungssystem in den Ländern umgestalten39. Der Bund soll aber nicht nur die „totale Gesetzgebungsbefugnis“ erhalten. Auch die gesamte Exekutive sowohl des Bundes als auch der Länder soll der Bundesregierung bzw. dem Bundeskanzler unterstellt werden unter Ignorierung der Landesregierungen (Art. 115 b Abs. 2 Buchst, e und Abs. 3, Art. 115 l Abs. 1 Buchst, c), obwohl nach Art. 30, 83 ff. GG grundsätzlich eine Kompetenzvermutung zugunsten der Länder bei der Ausführung der Gesetze besteht. Diese ist zwar im Einzelfall widerlegbar, darf jedoch niemals, wie hier beabsichtigt, bis auf Null reduziert werden, da das die Existenz der Länder als eigenstaatliche Einheiten mit selbständigen Funktionen zerstören würde, was nach Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unzulässig wäre. Dabei ist im einzelnen zur Durchsetzung dieser unstatthaften Eingriffe in die Hoheitsgewalt der Länder die Übertragung von Befugnissen an weisungsgebundene Sonderbevollmächtigte, Kommissare der Bundesregierung, vorgesehen. Schließlich würde Art. 115 b Abs. 2 Buchst, e gestatten, die finanzielle Selbständigkeit der Länder in Frage zu stellen, da er eine uneingeschränkte Abweichung von den Bestimmungen des Grundgesetzes hinsichtlich des Finanzsystems einschließlich der Finanzverwaltung vorsieht. Das ließe zu, daß die Bundesregierung eine Neuregelung etwa in der Weise vornähme, sämtliche Steuern vom Bund einziehen und verwalten zu lassen. Bei einer Verwirklichung all dieser Pläne gingen die Länder ihrer eigenstaatlichen Existenz verlustig und würden zu bloßen territorialen Verwaltungseinheiten. „So könnte die Bundesrepublik ohne formelle Auflösung der Länder in einen perfekten Einheitsstaat umgewandelt werden; die Länder würden nur noch auf dem Papier bestehenbleiben, so wie dies seinerzeit nach dem Neugliederungsgesetz im Dritten Reich der Fall war /‘40 Von der föderativen Ordnung in Westdeutschland bliebe nur noch der Name. „Notstandsverfassung“ und Grundrechte Die Negation der bürgerlichen Demokratie im Imperialismus macht sich nicht zuletzt hinsichtlich der verfassungsmäßig garantierten Rechte und Freiheiten der Bürger bemerkbar. Gegen sie richten die Bonner Imperialisten den Hauptstoß. Es ist kein Wort darüber zu verlieren, daß diese Grundrechte stets insofern fiktiven Charakter tragen, als sie auf der Klassenteilung der' Gesellschaft, der ökonomischen Ungleichheit ihrer Mitglieder beruhen. Doch die imperialistische Bourgeoisie sieht sich um der Erhaltung ihrer Herrschaft willen zu 38 Maunz-Dürig, Grundgesetz, a. a. O., Erl. zu Art. 79, Randnr. 37. 39 vgl. Zinn (SPD), Bundesrat, Bericht über die 215. Sitzung am 26. Februar 1960, S. 308. * A. a. O.; vgl. ferner Eschenburg, Institutioneile Sorgen in der Bundesrepublik, Stuttgart 1961, S. 152. dem Versuch gezwungen, selbst diese formalen, zwangsläufig begrenzten Rechte und Freiheiten in ein Nichts zu verwandeln. Alle die Rechte und Freiheiten, die der Arbeiterklasse und ihren Organisationen einen gewissen Spielraum für eine politische Betätigung lassen, sind durch die verschiedensten Methoden und Kniffe, sei es mittels der Gesetzgebung, der Exekutive oder der Rechtsprechung, gestützt auf volksfeindliche Theorien, einer ständigen Attacke ausgesetzt, und es hängt einzig und allein vom Widerstand, vom Kampf der Volksmassen ab, inwieweit diese Grundrechte abgewertet bzw. erweitert werden können. Der Widerspruch zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit tritt nirgends so sichtbar in Erscheinung wie gerade bei den Grundrechten. Unter dem Druck der fortschrittlichen Kräfte mußten, wie erwähnt, in das Bonner Grundgesetz eine Reihe von Grundrechten aufgenommen werden. Der bereits zitierte Art. 1 GG wurde überdies in die Unantastbarkeitssphäre einbezogen. Gleichzeitig enthalten fast alle Grundrechtsbestimmungen den Passus, daß sie durch Gesetz beschränkt werden können. Hieran wird in dem Projekt einer „Notstandsverfassung“ angeknüpft. Danach sollen bei jeder der drei Alternativen eines „Notstandsfalls“ die Grundrechte aus Art. 5 (Meinungs- und Pressefreiheit), Art. 8 (Versammlungsfreiheit), Art. 9 Abs. 1 (Vereinsfreiheit) und Art. 11 (Freizügigkeit) eingeschränkt sowie nach Art. 12 Abs. 2 und 3 Satz 1 Dienst- und Werkleistungen gefordert werden dürfen. Das wäre noch nichts, was von den bisherigen Praktiken abwiche. Das Neue besteht darin, daß diese Einschränkungen bzw. Verpflichtungen „über das sonst zulässige Maß hinaus“ möglich werden sollen (Art. 115 b Abs. 2 Buchst, a und b, Art. 118 k Abs. 1 Buchst, b, Art. 115 I Abs. 1 Buchst, b, Art. 115 m). Diese Formulierung gestattet eine völlige Beseitigung entscheidender Grundrechte der Staatsbürger und damit der politischen Betätigungsfreiheit überhaupt. Zwar wurde im Unterschied zum ersten Entwurf die „Einschränkung“ der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts nach Art. 9 Abs. 3 GG auf Wunsch der rechten SPD-Führer nicht mehr aufgenommen. Aber es gehört nicht viel Scharfsinn dazu, um festzustellen, daß schon der Raub der oben erwähnten Grundrechte durchaus genügt, die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht zu einem Pappschwert zu machen, ungeachtet der Möglichkeit, einen Streik selbst zum Anlaß zu nehmen, den „Notstandsfall“ als gegeben zu behaupten41. Die Inhaber der Notverordnungsgewalt wären imstande, die verfassungsmäßigen Rechte zu politischem Handeln vermittels ihrer beabsichtigten Grundgesetz-Ergänzung“ in eine Pflicht zu politischer Untätigkeit umzuwandeln. Diese Verkehrung aller Begriffe ist in Deutschland nur im Faschismus überboten worden, wo rundheraus Grundrechte als „liberales Übel“ verdammt wurden42. Die Bonner Machthaber bemühen sich, dem nachzueifern, ohne allzu deutlich ihre Absichten erkennen lassen zu müssen. Allerdings hält die Generalklausel „über 41 Nicht zufällig sagte Prof. Michael Freund, ein heißer Befürworter der Notstandsgesetzgebung: „Der Streik ist der gefährlichste Notstand“ (Freund, „Demokratie - Wagnis des Vertrauens“, in: Notstandsgesetz aber wie?, a. a. O., S. 154). 42 zu weichen „Meisterleistungen“ im ideologischen Kopfstand man damals gelangte, zeigt Nicolai, Grundlagen der kommenden Verfassung, 1933, S. 87 f.: „Der Aufmarsch der Eigensucht des einzelnen gegen den Staat, das Volk, wie sie in den .Grundrechten' zum Ausdruck kommt, ist für einen organischen Staat unerträglich. Die Pflicht des Opferns für die Gesamtheit hat keine Grenzen, wenn wir das Volk als das höchste Gut auf Erden ansehen, und es gibt in Wahrheit nur ein Grundrecht, das Recht als solches überhaupt, und nur eine Grundpflicht für jeden Deutschen, überhaupt für jedermann: das Recht zu hüten und zu wahren“. (Zitiert nach Koellreutter, Vom Sinn und Wesen der nationalen Revolution, Tübingen 1933, S. 27.) 278;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 278 (NJ DDR 1964, S. 278) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 278 (NJ DDR 1964, S. 278)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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