Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 263

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 263 (NJ DDR 1964, S. 263); kung erzielt wird und die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Ordnungswidrigkeiten besser überwunden werden können“. Damit ist ein weiterer bemerkenswerter Schritt getan, um die Auseinandersetzung mit Ordnungswidrigkeiten soweit wie möglich an die Basis zu bringen und jede unnötige Zentralisierung auszuschalten. Die Beauftragung „mit der Durchführung einzelner Ordnungsstrafverfahren“ im Sinne des § 11 ist zwar grundsätzlich so zu verstehen, daß über jeden Einzelfall vorerst die kraft Gesetzes zuständigen Vorsitzenden oder Stellvertreter der örtlichen Räte zu befinden und dabei zu entscheiden haben, ob eine Übergabe der Sache an die Vorsitzenden oder Stellvertreter der nach-geordneten Räte angebracht ist. Soweit allerdings eine generelle Delegierung bestimmter Aufgaben erfolgte und auf diesem Wege der Aufgaben- und Verantwortungsbereich der nachgeordneten Organe überhaupt erweitert wurde wie beispielsweise bei der Übertragung bestimmter bauaufsichtlicher Befugnisse auf die Gemeinden15 ist es nur folgerichtig und es dürfte absolut nichts dagegen sprechen, in diesem Umfange auch die Eigenverantwortlichkeit dieser Organe für die Auseinandersetzung mit Ordnungswidrigkeiten zu erhöhen und mithin die Beauftragung mit der Durchführung von Ordnungsstrafverfahren genereller aufzufassen. „Einzelne Ordnungsstrafverfahren“ bedeutet insoweit Verfahren über einzelne Arten von Ordnungswidrigkeiten; die. Beauftragung geschieht zusammen mit der Delegierung der Aufgaben bzw. ist jetzt entsprechend nachzuholen. In diesem Sinne ist auch die Anpassungsvorschrift des s 22 Ziff. 2 zu verstehen, wonach gemäß § 11 zu verfahren ist, „um die Verlagerung der Ordnungsstrafbefugnis auf die Stadtbezirke und Städte zu erreichen“. Augenscheinlich wäre es sehr formal und bürokratisch, wollte man fordern, daß für die Untersuchung und Entscheidung jeder einzelnen Ordnungswidrigkeit in Angelegenheiten, die jetzt eigenverantwortlich von den Organen der Städte und Stadtbezirke zu entscheiden sind, erst die offizielle Beauftragung durch die Organe der Kreise und (Groß-)Städte eingeholt werden müßte. Demgegenüber ist die im § 7 Abs. 1 der alten Ordnungs-strafVO für die Leiter der zentralen staatlichen Organe eingeräumte Befugnis, Ordnungsstrafsachen aus ihrem Fachbereich jederzeit an sich zu ziehen, ersatzlos weggefallen. Unmittelbare Untersuchungs- und Entscheidungsorgane sind allein die in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen ausgewiesenen Ordnungsstrafbefugten Organe. Erst wenn sie tätig geworden sind und ihre Maßnahmen der sozialistischen Gesetzlichkeit widersprechen sollten, können die Leiter der zentralen staatlichen Organe unter bestimmten Voraussetzungen eingreifen (§ 18 der neuen VO). Zur Differenzierung bei der individuellen V erantwortlichkeit Eine entscheidende Weiterentwicklung erfuhr das Differenzierungsprinzip bei der Ausgestaltung der individuellen Verantwortlichkeit. Nach wie vor bleiben als Reaktionsweisen gegenüber Ordnungswidrigkeiten bestimmte staatliche Zwangsmaßnahmen notwendig und gerechtfertigt, da es unser derzeitiger gesellschaftlicher Entwicklungsstand noch nicht zuläßt, auf sie etwa völlig zu verzichten16. Es genügt indessen nicht mehr, allein und schlechthin Ordnungsstrafen vorzusehen; vielmehr sind eine Reihe weiterer abgestufter Erziehungsmaßnahmen unumgänglich, um den konkreten 15 Vgl. Verordnung über die Staatliche Bauaufsicht (GBl. 1962 IX S. 21). 16 Vgl. Streit, NJ 1963 S. 709 ff., dessen Ausführungen entsprechend auch für die Ordnungswidrigkeiten und ihre Bekämpfung bedeutsam sind. Bedingungen und Besonderheiten der jeweiligen Zuwiderhandlungen besser gerecht werden und jeden Schematismus und Formalismus ausschalten zu können. Insgesamt gilt hier, was Iljitschow auf dem Juni-Plenum des Zentralkomitees der KPdSU sagte: „Maßnahmen administrativen Charakters in Verbindung mit ideologischen Erziehungsmaßnahmen werden zweifellos ihre Resultate bringen, wenn sowohl die einen als auch die anderen genügend aktiv und offensiv sind.“17 1. § 5 sieht vor, daß jetzt generell in der Ordnungsstrafgesetzgebung „geringfügige Ordnungswidrigkeiten, die während oder kurz nach ihrer Begehung festgestellt werden“, gesondert behandelt und mit der Androhunggebührenpflichtiger Verwarnungen bis zu 10 DM verknüpft werden können. Um eine ordnungsgemäße Handhabung zu sichern und jede uferlose Ausweitung dieser Möglichkeit zu unterbinden, ist dazu ausdrücklich festgelegt, daß der zum Erlaß gebührenpflichtiger Verwarnungen berechtigte Personenkreis zu bezeichnen ist. Die Weiterentwicklung bezieht sich dabei nicht minder auf das Institut der gebührenpflichtigen Verwarnung selbst, das bekanntlich im Bereich der Übertretungen schon seit langem angewendet wird und wie bereits dargelegt in der jüngsten Zeit mehr und mehr auch in die Ordnungsstrafgesetzgebung Eingang gefunden hat. Während bisher18 gebührenpflichtige Verwarnungen nur ausgesprochen werden konnten, wenn sich der Rechtsverletzer zur Zahlung bereit erklärte, sieht die neue Ordnungsstrafverordnung dieses Merkmal nicht mehr vor. Ebenso ist jetzt die unmittelbare Vollstreckbarkeit vorgesehen, wenn die Verwarnungsgebühr nicht innerhalb der festgesetzten Frist gezahlt wird (§ 19 Abs. 1), so daß die Notwendigkeit, in diesen Fällen erst ein besonderes Ordnungsstrafverfahren einzuleiten, entfällt. Mit dieser Ausgestaltung ist ein schnelles, unkompliziertes und wirksames Reagieren auf leichte Verstöße gegen Ordnungsstrafbestimmungen gewährleistet. Da nach § 17 Abs. 1 auch gegenüber gebührenpflichtigen Verwarnungen eine Beschwerdemöglichkeit eingeräumt wurde, ist eine entscheidende Kontrollmög-lichkeit eröffnet, ob die zum Erlaß gebührenpflichtiger Verwarnungen Berechtigten ihre Befugnis richtig ausüben. Der Wegfall der Zahlungsbereitschaft als Voraussetzung für die Festsetzung derartiger Erziehungsmaßnahmen kann also keineswegs zu einer ungerechtfertigten Ausweitung und einer mißbräuchlichen Anwendung führen. 2. Bei den anderen Ordnungswidrigkeiten besteht die erste Differenzierungsmöglichkeit zunächst darin, daß nach § 9 Abs. 2 von der Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens Abstand genommen werden kann, wenn wegen der gleichen Sache disziplinarische oder andere Erziehungsmaßnahmen geeigneter sind. Damit ist in Überwindung des bürgerlichen Opportunitätsprinzips ausdrücklich betont, daß es nicht im subjektiven Ermessen der jeweiligen Staatsorgane steht, bei aufgedeckten und zur Kenntnis gelangten Ordnungswidrigkeiten ein Ordnungsstrafverfahren einzuleiten oder nicht. Der Rechtsverletzer muß in welcher Form auch immer für sein pflichtwidriges Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Ein Ordnungsstrafverfahren ist dort am Platze, wo unter Berücksichtigung aller wesentlichen Zusammenhänge die Notwendigkeit besteht, mit den Mitteln des Ordnungsstrafrechts auf den weiteren Erziehungsprozeß Einfluß zu nehmen. 17 Neues Deutschland vom 27. Juni 1963, S. 5. 18 Vgl. Verordnung über gebührenpflichtige Verwarnungen (GBl. 1951 S. 126) und Anordnung Nr. 6 über gebührenpflichtige Verwarnungen (GBl. 1959 I S. 681). die für Übertretungen zunächst noch weitergelten, sowie die schon genannten gesetzlichen Bestimmungen, die bei Ordnungswidrigkeiten gebührenpflichtige Verwarnungen vorsehen. 263;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Staatssicherheit . Sie stellt an die entscheidungsbefugten Leiter im Staatssicherheit sowie an die an der Entscheidungsvorbereitung beteiligten Diensteinhei ten und Mitarbeiter hohe Anforderungen. Für die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen.

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