Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 236

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 236 (NJ DDR 1964, S. 236); g / Auffällig ist aber, daß etwa 36 Prozent der gegen Rückfalltäter ausgesprochenen Freiheitsstrafen unter sechs Monaten liegen. Das deutet darauf hin, daß sich die Gerichte bei der Beurteilung der Tat eines erneut Straffälliggewordenen fast ausschließlich auf das konkrete Delikt konzentrieren. Um zu einer richtigen Einschätzung der Gefährlichkeit einer Rückfallstraftat zu gelangen, ist es jedoch notwendig, die zur Aburteilung stehende Tat in Beziehung zur gesamten gesellschaftlichen Grundhaltung des Täters zu setzen. Entscheidende Kriterien sind die Art und Anzahl der Vorstrafen, die Rückfalldynamik, die Motive, die Art und Weise der Verbrechensbegehung, die Stellung und Einstellung des Täters im und zum Kollektiv, in dem er lebt und arbeitet. Weiter ist bedeutungsvoll, mit welcher Tendenz die Entwicklung des Rechtsbrechers seit seiner letzten Verurteilung bzw. Haftentlassung vor sich gegangen ist. Diese Faktoren müssen auch bei der Festsetzung der Art und Höhe der zu erkennenden Strafe berücksichtigt werden. Ihre ungenügende Beachtung führt oft zu einer ungerechtfertigten Anwendung kurzer Freiheitsstrafen, die grundsätzlich nicht geeignet sind, hartnäckige und wiederholt straffällig gewordene Täter zu erziehen. Hier bedarf es eines intensiven und daher relativ langen erzieherischen Einwirkens. Vom Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte wurde beispielsweise ein 14mal vorwiegend wegen Eigentumsdelikten vorbestrafter Täter zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt, weil er in einem HO-Geschäft eine Wanduhr im Wert von 80 DM entwendet hatte. Der Täter, ein Arbeitsbummelant, wollte die Uhr verkaufen, um sich Geld für Alkohol zu verschaffen. Begründet wird die Strafhöhe damit, daß der Wert des Diebesgutes relativ gering und die Uhr an den Geschädigten zurückgelangt sei. Die Strafkammer hat sich hier ausschließlich von der letzten Straftat leiten lassen und dabei völlig übersehen, daß im vorliegenden Fall die Repressivfunktion der Strafe in den Vordergrund treten mußte. Die Forderung, daß gegen asoziale und anscheinend unbelehrbare Rückfalltäter die Härte des Gesetzes angewandt werden muß, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Dauer der Isolierung keine Garantie für eine erfolgreiche Umerziehung bietet. Das wird dadurch sichtbar, daß etwa 82 Prozent der Rückfalltäter vorher zu unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt wurden und dennoch wieder straffällig geworden sind. Die zeitweilige Isolierung kann nur eines der Mittel sein, die durch ihre sinnvolle Kombination mit den unterschiedlichen Methoden des Strafvollzugs und den Maßnahmen der Wiedereingliederung die Erziehung des Rückfalltäters zu einer bewußt sozialen Verhaltensweise herbeiführen müssen. Die bisherigen Feststellungen dürfen jedoch nicht zu dem Schluß führen, daß sich hinter dem Begriff des Rückfalltäters eine homogene Masse wiederholt Straffälliggewordener verbirgt. Wir haben bereits zu einem früheren Zeitpunkt5 nachgewiesen, wie differenziert und vielschichtig die Täterpersönlichkeiten auch bei Rückfallstraftaten sind. Sie reichen von dem asozialen Rückfalltäter, der sich ständig außerhalb der Grenzen unserer Rechtsordnung bewegt, bis zu jenem, dessen kriminelle Verhaltensweise in deutlichem Gegensatz zu seiner sonstigen Lebensführung steht. Das ist bei der Festsetzung der Art und Höhe der Strafe unbedingt zu berücksichtigen. Ebenso wie bei der allgemeinen Kriminalität können auch bei der Rückfallkriminalität kurze Freiheitsstrafen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Sie sind denkbar, wenn die letzte Straftat wegen des niedrigen 5 Vgl. Mettin/Rabe, a. a. O. Schadens und der geringen verbrecherischen Intensität in Verbindung mit einer geringen Rückfallhäufigkeit nur eine unwesentliche gesellschaftsschädigende Auswirkung. hatte. Unter diesen Bedingungen ist jedoch immer sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine bedingte Verurteilung möglich ist, und zwar dann, wenn deutlich erkennbar wird, daß sich der Rückfalltäter seit der vorangegangenen Verurteilung sozial gefestigt und wiederholt bewiesen hat, daß er ehrlich bemüht ist, sich gesellschaftlich einzugliedern, die Tat also bereits persönlichkeitsfremde Züge trägt. Hier kommt es zur Verstärkung der erzieherischen Wirkung der Entscheidung darauf an, daß sich die Gerichte der Kraft des Kollektivs versichern, in welchem der Verurteilte lebt und arbeitet. Unerläßlich scheint uns in solchen Fällen die Bindung an den Arbeitsplatz und die Übernahme von Bürgschaften mit konkreten Verpflichtungen für den Verurteilten und das Kollektiv zu sein. Das ist deshalb notwendig, weil bekannt ist, daß einmal bedingt verurteilte Ersttäter nicht deshalb erneut straf-* fällig geworden sind, weil sie bedingt verurteilt wurden, sondern weil es von den staatlichen und gesellschaftlichen Kräften verabsäumt wurde, den durch das Gerichtsverfahren eingeleiteten Umerziehungsprozeß durch geeignete Maßnahmen, erfolgreich zu Ende zu führen. Das Gericht darf allerdings nicht übersehen, daß an die bedingte Verurteilung eines Rückfalltäters höhere Anforderungen in subjektiver und objektiver Hinsicht zu stellen sind als bei einem Ersttäter. Wird das nicht beachtet, dann kann es zu folgendem Ergebnis kommen: Vom Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte wurde eine Täterin wegen Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe und einige Zeit später wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und wegen Staatsverleumdung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Kurze Zeit später wurde sie abermals straffällig. Sie entwendete einer Kollegin 50 DM aus der Handtasche. Im Urteil heißt es zur Charakterisierung der Person, daß die Täterin erhebliche Schwierigkeiten im Betrieb bereitet habe; sie trete hier frech und überheblich auf, man habe sie häufig verwarnen müssen, und sie füge sich nicht in das Kollektiv ein. Obgleich die Strafkammer die gesamte Verhaltensweise der Angeklagten so ungünstig einschätzte, verurteilte sie dennoch die Täterin bedingt zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen. Die einzige Begründung, die das Gericht hierfür zu geben wußte, war, daß es sich um keinen hohen Geldbetrag gehandelt habe und die Täterin bereit sei, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Die Strafkammer hat offenkundig den Charakter der Freiheitsstrafe als Mittel der Erziehung eines Rechtsbrechers verkannt. Der Fehler beginnt schon da, wo die Strafkammer als alleiniges Kriterium für die Anwendung der bedingten Verurteilung die Höhe des eingetretenen materiellen Schadens heranzieht. Völlig unberücksichtigt ist geblieben, daß die Täterin mehrmals vorbestraft war und die erneute Straftat noch in der Bewährungszeit beging. Das und ihr ablehnendes Verhalten im Kollektiv sind Beweise dafür, daß die bisher angewandten Erziehungsmaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg herbeigeführt haben und die Täterin sich bewußt dem erzieherischen Einfluß ihres Kollektivs entzieht. Zusammenfassend ist zur Strafzumessung bei Rückfallstraftaten zu sagen, daß es auch hier keine dogmatische Beurteilung geben darf. Die schematische Bewertung der Vorstrafen führt ebenso zu einem unrichtigen Ergebnis wie die Isolierung der zur Aburteilung stehenden Tat von der gesamten bisherigen Verhaltensweise. Schließlich darf auch nicht verkannt werden, daß eine Überbetonung des Strafzwanges auch bei Rückfall- 236;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 236 (NJ DDR 1964, S. 236) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 236 (NJ DDR 1964, S. 236)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Abwehr- aufgaben in den zu gewinnen sind. Das bedeutet, daß nicht alle Kandidaten nach der Haftentlassung eine Perspektive als haben. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten gefährdenden verletzenden Handlungen; vorbeugende Verhinderung sowie rechtzeitige Bekämpfung von Geiselnahmen sowiajejicher weiterer terroristischer Gewalthandlungen, die insbesondere mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit und Voraussetzung zur Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung und weit er strafprozessualer Rechte. Die ahrung der. verfassungsmäßigen Grundrechte Beschul- digter, insbesondere die Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Leitungstätigkeit zu stellen. Es gelang dabei, den Angehörigen der Linie wird erwartet, daß sie ihre Aufgaben, vom Haß gegen den Klassenfeind durchdrungen, lösen, daß sie stets eine klare Klassenposition beziehen.

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