Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 232

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 232 (NJ DDR 1964, S. 232); Manchmal lassen sich bei jugendlichen Rechtsverletzern organische Defekte (Hirnschäden, Nervenschäden) nach-weisen. Der Jugendliche ist aber nicht zum Individualisten (wir betonen bei diesem Sammelbegriff immer wieder die graduelle Abstufung und die Unterschiedlichkeit im konkreten Bezug) geworden, weil z. B. eine frühkindliche Hirnschädigung vorliegt. Seine Bewußtseinshaltung ist vielmehr der Ausdruck dafür, daß die Erziehung diesen Umstand nicht berücksichtigte, diesem Defekt nicht adäquat gestaltet wurde. Bei jeder Straftat eines Jugendlichen lassen sich auch äußere Umstände nachweisen, die beim Tatentschluß eine Rolle spielten (mangelnde Wachsamkeit im Betrieb, Mitgliedschaft in einer Bande, Alkoholeinfluß usw.). Diese Bedingungen erlangen aber nur dann Bedeutung, wenn eine Störung im Verhältnis zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft, wenn eine individualistische Bewußtseinshaltung vorliegt. Für sich genommen führen diese „defekten Umstände“ nicht gesetzmäßig zur Kriminalität. Der primäre Zusammenhang ist demnach der zwischen Erziehung und Bewußtseinshaltung und nicht der zwischen organischem Defekt oder defektiven Umständen einerseits und Denkweise andererseits. Im Jugendkommunique des Politbüros der SED wird gesagt, daß das Verhalten des jungen Menschen von seiner Einstellung zur Gesellschaft, von seiner persönlichen Entscheidung für den Sozialismus abhängt3. Die richtige Entscheidung wächst nicht aus der Erbanlage heraus, sie entspringt auch nicht spontan aus unseren gesellschaftlichen Verhältnissen, sondern ist das Ergebnis einer zielgerichteten und verständnisvollen Erziehung4. Die Jugend gelangt nicht „von selbst“ und ohne Widersprüche zum Sozialismus. „Sie kommt auch auf anderen Wegen zur wissenschaftlichen Weltanschauung als die ältere Generation. Es ist die Aufgabe der älteren Generation, der Jugend zur Erkenntnis zu verhelfen, daß nur der Sozialismus ihren Interessen dient.“5 Die zentrale Stellung der Erziehung bei der Bewußtseinsbildung der Menschen kommt in der bisherigen Diskussion in der juristischen Fachpresse nur in ungenügendem Maße zum Ausdruck. Unseres Erachtens herrscht in dieser Beziehung Unsicherheit und eine gewisse Scheu, sich eindeutig dafür auszusprechen. So stellt beispielsweise M. Benjamin richtig die Frage, warum und wie sich bei den Tätern Überreste des Alten entwickeln oder erhalten konnten; er weist darauf hin, daß ein tiefes Eindringen in die persönliche und geistige Entwicklung des Täters, ein genaues Verfolgen seiner Lebensweise erforderlich ist6. Man wartet darauf, daß auch die Frage gestellt wird, welche Fehler in der Erziehung dieses Menschen gemacht worden sind. Das geschieht aber nicht. Der Hinweis auf Mängel in der Erziehungsarbeit taucht erstmalig im Zusammenhang mit den Bedingungen auf, die zu einer Straftat führen können. Die Erziehung steht dort in einer Reihe mit Disproportionen, Mängeln in der Leitungstätigkeit usw. Bedeutet das nicht, den Prozeß der Lenkung der Auseinandersetzung des Menschen mit der gesellschaftlichen Umwelt (Erziehung) mit dieser Umwelt selbst gleichzusetzen? Kann eine solche Ausgangsposition nicht zu 3 Kommunique des Politbüros des Zentralkomitees der SED zu Problemen der Jugend in der DDR, Schriftenreihe des Staatsrates der DDR 1963, Nr. 5, S. 14. 4 Vgl. hierzu auch Saeharow, Die Persönlichkeit des Täters und die Ursachen der Kriminalität in der UdSSR, Berlin 1963. S. 78 ff.; Hartmann, „Notwendigkeit und Ausgestaltung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern, und Jugendlichen im künftigen StGB“, NJ 1961 S. 670 ff.; Streit, „Zu einigen Fragen der Jugendkriminalität“, NJ 1961 S. 316 if. (S. 321) und NJ 1958 S. 474 ff. (S. 476). 5 JugendkommuniqucS des Politbüros, a. a. O., S. 20. 6 Vgl. M. Benjamin, NJ 1963 S. 49 f. einer Überbetonung der Umweltsmängel und zu einer Unterbewertung der Erziehung führen? Lenkt sie nicht davon ab, den Hauptstoß der Verhütung der Jugendkriminalität auf der Ebene der Erziehung zu führen? In den Artikeln zur Ursachenforschung stößt man oft auf eine solche unzulässige gleiche Bewertung von Erziehung und Umweltsmängeln. Manchmal wird auch andeutungsweise zum Ausdruck gebracht, daß die beim Täter vorhandene individualistische Bewußtseinshaltung sozusagen das rechnerische Mittel aus „äußeren“ und „inneren“ Umständen oder Bedingungen sei7. Wir meinen, daß die Diskussion über die Ursachenforschung hier einer notwendigen Konsequenz ausweicht, nämlich der, den pädagogischen Aspekt stärker ins Spiel zu bringen. Das betrifft sowohl die Kausalreihe, die bis zur individualistischen Bewußtseinshaltung führt, als auch die Kausalreihe, an deren Endpunkt die Straftat selbst steht. Stärkere Beachtung des pädagogischen Aspekts in der Ursachenforschung! Eine stärkere Beachtung des pädagogischen Aspekts wäre für die vorbeugende Tätigkeit und auch für die Umerziehung und Wiedereingliederung der Rechtsverletzer von Vorteil. Wir wollen.das an einem Beispiel deutlich machen: Buchholz betrachtet die Frage nach den Ursachen der ungenügenden Wirksamkeit der Vorstrafe als Kernproblem der Rückfallkriminalität und kommt zu interessanten Ergebnissen. Vor allem weist er darauf hin, daß die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß und in das gesellschaftliche Leben von großer Bedeutung ist8. Unserer Ansicht nach könnte eine pädagogische Fragestellung hier noch weiterführen und sogar bestimmte Erkenntnisse in einem anderen Licht erscheinen lassen. Unter pädagogischem Aspekt lautet die Fragestellung: Warum ist der Rechtsverletzer nicht erfolgreich umerzogen worden? Unter Umerziehung versteht Makarenko die Normalisierung der defektiven Beziehungen zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft. Auf Grund seiner Erfahrungen und bestimmter theoretischer Überlegungen, auf die wir hier nicht weiter eingehen können, gelangt er zu dem Schluß, daß die Umerziehung nur auf dem Wege der „Explosion“ und nicht der Evolution der defektiven Beziehungen vor sich gehen kann. Unter Explosion versteht Makarenko eine „plötzliche Einwirkung, die alle Wünsche des Menschen, alle seine Bestrebungen von unterst zu oberst kehrt“9, eine „frontale Attacke“, eine „ununterbrochene Folge entschiedener und kategorischer Forderungen“10. Dieser Phase der „Explosion“ schließt sich selbstverständlich die Eingliederung des Jugendlichen in eine vernünftige Erziehungsumgebung und seine Verwurzelung in einer positiven sozialen Gemeinschaft an. Unter dem Aspekt dieser Theorie der Umerziehung wird gegenwärtig die gesamte Jugendwerkhofproblematik durchdacht. Wir gelangen zu grundlegend neuen Schlußfolgerungen hinsichtlich des Systems der Jugendwerkhoferziehung. Wir könnten uns vorstellen, daß sich aus dieser pädagogischen Fragestellung auch Konsequenzen für das Strafverfahren und die Urteilsfindung sowie für den Strafvollzug ergeben. Vielleicht würde z. B. die notwendige, aber doch einseitige Orientierung 7 Vgl. Blüthner, NJ 1963 S. 621 ff.; Wagner/Krohn, NJ 1963 S. 777; Stiller. „Zur Methodologie der Erforschung der Kriminalität und der Verbrechens Vorbeugung“, Staat und Recht 1963, Heft 10, S. 1697. 8 Vgl. Buchholz, „Die Erforschung der Ursachen der Riick-falllcriminalität bei Eigentumsdelikten und ihre Bekämpfung“, NJ 1963 S. 107 f. 9 Makarenko, Werke, Band V, S. 262. 10 Makarenko, Werke, Band IV, Berlin 1957, S. 466. 232;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 232 (NJ DDR 1964, S. 232) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 232 (NJ DDR 1964, S. 232)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und dem Untersuchungsorgan wird beispielsweise realisiert durch - regelmäßige Absprachen und Zusammenkünfte zwischen den Leitern der Abteilung und dem Untersuchungsorgan zwecks Informationsaustausch zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen. Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und der Auswertungsorgane zu gewährleisten. Über alle sind entsprechend den politisch-operativen Erfordernissen, mindestens jedoch alle Jahre, schriftliche Beurteilungen zu erarbeiten.

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