Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 219

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 219 (NJ DDR 1964, S. 219); wendig, durch Vernehmung geeigneter Zeugen und wenn zweckdienlich auch durch das Anhören der Vertreter gesellschaftlicher Kollektive, den wahren Zustand des ehelichen Verhältnisses nach bester Möglichkeit zu erforschen. In der Richtlinie Nr. 10 des Obersten Gerichts wird unter Ziff. 4 besonders darauf hingewiesen, daß die Gerichte zumeist noch verkennen, daß sie nicht an die von den Parteien angebotenen Beweismittel gebunden sind, sondern von sich aus die Aufnahme von Beweisen anordnen und nach Anhören der Parteien auch solche Tatsachen berücksichtigen müssen, die von diesen nicht vorgetragen, aber für die Entscheidung der Sache von Bedeutung sind. Das Bestreben des Bezirksgerichts, die langjährige Ehe der Parteien zu erhalten, ist anzuerkennen. Die an sie gerichtete Aufforderung, sich vergangene Vorkommnisse nicht länger vorzuwerfen und sich in Anbetracht vieler harmonischer Ehejahre wieder zu einem gedeihlichen Eheleben zusammenzuflnden, wird jedoch dann nicht erfolgversprechend sein, wenn den Parteien nach sorgfältiger Untersuchung nicht überzeugend nachgewiesen wird, daß ihnen bei Berücksichtigung aller Umstände die Fortsetzung der Ehe zuzumuten ist. Die Hauptursache der jahrelangen ehelichen Auseinandersetzung der Parteien war die Tatsache, daß der Kläger seit etwa 1959 des öfteren nicht sofort von der Arbeit nach Hause kam, ohne die Verklagte hiervon vorher zu unterrichten oder sein Ausbleiben in jedem j Falle nach der Rückkehr zu begründen. Es kommt hinzu, daß der Berufungssenat selbst festgestellt hat, daß es nicht immer berufliche oder gesellschaftliche Verpflichtungen gewesen sind, die die Verspätung erforderten. Zur Klarstellung dieses für die Eheharmonie nicht förderlichen Verhaltens wäre es auch im Interesse der Verklagten notwendig gewesen, eingehender zu untersuchen, wo sich der Kläger in dieser Zeit tatsächlich aufgehalten hat und mit wem er gegebenenfalls zusammengetroffen ist. Zufolge der von ihm im Jahre 1956 angeknüpften Bekanntschaft mit einer anderen Frau, deren Name und Anschrift nicht ermittelt wurden, hat die Verklagte ihr seinerzeit begründetes Mißtrauen auch deshalb nicht überwinden können, weil der Kläger seine verspätete Heimkehr zum Teil überhaupt nicht, zum Teil aber auch mit unzutreffenden Gründen entschuldigte. Offenbar ist die Verklagte der Meinung gewesen, daß er entgegen seinen Beteuerungen doch noch Verbindung zu seiner früheren Geliebten unterhalte oder sich mit einer anderen Frau eingelassen habe. Das ergibt sich nicht nur aus ihrem Verhalten anläßlich der Straßenbahnfahrt im Herbst 1959, sondern auch aus dem Vortrag des Klägers, daß die Verklagte in einem Brief an ihre Schwester geschrieben hätte, er habe ein Verhältnis mit einer Frau „Inge“. Es kommt hinzu, daß der Kläger in der Klagschrift zunächst bestritten hat, ein Verhältnis zu einer anderen Frau unterhalten zu haben, es jedoch bei seinen persönlichen Vernehmungen nach und nach eingeräumt hat. Zur Klarstellung dieser Fragen wäre es deshalb notwendig gewesen, die betreffende Frau und den damaligen Abteilungsleiter des Klägers als Zeugen zu hören und, wenn notwendig, noch weitere zu erkundende Beweismöglichkeiten auszunutzen. Aus dem Vortrag des Klägers ist jedoch auch zu entnehmen, daß es in den letzten Ehejahren zu derart ernsten Auseinandersetzungen gekommen sein soll, daß diese bei Bestätigung ihrer Wahrheit geeignet wären, I selbst eine langjährige und bisher harmonisch verlaufene Ehe ernsthaft zu gefährden. So muß sich auf ein gedeihliches Eheleben sehr nachteilig auswirken, wenn ein Ehegatte laufend droht, aus dem Leben scheiden zu wollen, und sogar darangeht, ein solches Vorhaben zu verwirklichen. Keinem Ehegatten darf ver- dacht werden, wenn er sich gegen die Verletzung ehelicher Pflichten durch den anderen Ehegatten zur Wehr setzt. Seine Reaktion darf jedoch das nach Lage der Umstände gebotene Maß der Selbstbeherrschung nicht überschreiten, weil sonst unvermeidlich neue Ursachen zum weiteren Zerfall der Ehe gesetzt werden. Hierzu und zu den sonstigen diesbezüglichen Ausführungen des Klägers in der Klagschrift, im Protokoll vom 20. Juli 1962 und im Schriftsatz vom 4. Oktober 1962 hätte die Verklagte eingehender als geschehen vernommen werden müssen. Es wäre auch zweckmäßig gewesen, den Sohn der Parteien zum Ablauf des Familienlebens in den letzten Jahren vor der KlagerhSbung zu hören, der diese Verhältnisse aus eigener Anschauung kennt. Weiter hätten hierzu auch die Mitarbeiter des Klägers H. und P. sowie ein Vertreter der Kaderabteilung des VEB F. als Zeugen vernommen werden müssen. Die Angehörigen des Arbeilskollektivs des Klägers werden annehmbar auch in der Lage sein, darüber zu bei ich-' ten, ob und mit welchen Mitteln sie es unternommen haben, eheerhaltend auf die Parteien einzuwirken, und welche gemeinsame Auffassung die Brigade danach zum Stande der ehelichen Beziehungen der Parteien, insbesondere aber zum Verhalten des Klägers, gewonnen hat. Erst nach so gründlichen Untersuchungen wird es möglich sein, zu beurteilen, ob ernstliche Scheidungsgründe vorliegen, wobei auch die eigene Angabe der Verklagten nicht völlig unberücksichtigt bleiben darf, daß ein Grund für ihr Festhalten an der Ehe die „Position“ des Klägers ist. Hinweise auf eine negative innere Einstellung der Verklagten zum Kläger sind auch aus den Unterhaltsakten des Kreisgerichts zu ent--nehmen, die im Kassationsverfahren Vorlagen und auf die bei erneuter Verhandlung der Ehesache zurückzukommen sein wird. Da das Urteil des Bezirksgerichts § 8 EheVO, § 11 EheVerfO und die Richtlinien Nr. 9 und Nr. 10 des Obersten Gerichts verletzt, war es aufzuheben und die Sache in entsprechender Anwendung des § 565 Abs. 1 ZPO zurückzuverweisen. In der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht noch folgendes zu beachten haben: Es sind nicht nur die für die Erforschung des Eheablaufs bis zum Zeitpunkt der aufgehobenen Entscheidung gegebenen Hinweise zu beachten, sondern es ist auch die weitere Gestaltung der ehelichen und persönlichen'Verhältnisse der Parteien zu untersuchen. Sollten sich ernstliche Gründe für eine Scheidung der Ehe der Parteien ergeben, so wird bei Beachtung der in der Richtlinie Nr. 9 (Ziff. 4) gegebenen Hinweise auch gründlicher, als dies im kreisgerichtlichen Urteil geschah, zu erörtern sein, ob die Folgen einer Scheidung für die Verklagte eine unzumutbare Härte bedeuten würden. Die bisherigen Feststellungen reichen allerdings zu einer solchen Annahme nicht aus. Es wäre jedoch nicht, ausgeschlossen, daß sich in der Zwischenzeit hierfür beachtliche Umstände ergeben haben. Sollte er Berufungssenat erneut zu der Auffassung gelangen, daß die Voraussetzungen des § 8 EheVO nicht vorliegen, so wäre es seine Pflicht, zugleich zu erörtern, ob und in welcher Weise es möglich wäre, mit Hilfe geeigneter gesellschaftlicher Kräfte die Wiederherstellung harmonischer Verhältnisse unter den Parteien zu unterstützen, wobei auf die Besonderheit des Falles mit dem notwendigen Taktgefühl Rücksicht zu nehmen sein wird. Entsprechende Maßnahmen hätte im übrigen das Kreisgericht bereits erwägen müssen, als es das Verfahren in erster Instanz für eine gewisse Zeit aussetzte. Die Gerichte dürfen in einem solchen Falle nicht allein darauf vertrauen, daß die Parteien von selbst wieder zueinander finden werden. Es wird vielmehr notwendig sein, mit den gesellschaftlichen Kräften gründlich darüber zu beraten, welche eheerhaltenden 219;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 219 (NJ DDR 1964, S. 219) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 219 (NJ DDR 1964, S. 219)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Auftragsersuchen anderer Diensteinheiten Staatssicherheit oder eigener operativ bedeutsamer Feststellungen;. sorgfältige Dokumentierung aller Mißbrauchs handlun-gen gemäß Artikel des Transitabkommens, insbeson dere solcher, die mit der Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung in jedem Verantwortungsbereich der Linie zunehmende Bedeutung, Das Anliegen des vorliegenden Schulungsmaterials besteht darin, die wesentlichsten theoretischen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen der Abteilung Staatssicherheit Berlin er faßt ist. Ausgenommen sind hiervon Verlegungen in das jfaft-kankenhaus des Aii Staatssicherheit , Vorführungen zu Verhandlungen, Begutachtungen oder Besuchen der Strafgefangenen. Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen. Dadurch konnte eine umfassende Darstellung erlangt werden, die im konkreten Fall in der Beschuldigtenvernehmung nicht zu erreichen war.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X