Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 128

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 128 (NJ DDR 1964, S. 128); Nach alledem sei die Entgegennahme der Marken durch den Angeklagten festgestellt, und es bestehe kein Anlaß, an seiner Schuld zu zweifeln. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, mit der das Urteil in vollem Umfange ange-fochten und Freispruch beantragt wird. Zur Begründung wird im wesentlichen angeführt, daß das Urteil des Kreisgerichts den Grundsatz, daß im Zweifel zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist, verletzt habe. Es sei unlogisch, die Glaubwürdigkeit des Zeugen damit zu begründen, er habe sich nicht unbegründet selbst belasten müssen. Es sei vielmehr so, daß für ihn keine höhere oder mindere Belastung eintrete, wenn er innerhalb der von ihm angegebenen beiseite geschafften Markenmenge einen Käufer nenne oder verschweige. Darüber hinaus seien die Aussagen des Zeugen F. sehr widersprüchlich. Auch hätte aus dem Zugeständnis des Angeklagten, im Jahre 1957 oder 1958 eine kleine Menge Marken empfangen zu haben, nicht der Schluß gezogen werden dürfen, daß er dann auch Verwendung für die behauptete größere Menge gehabt habe. Es sei kein vernünftiger Zweck erkennbar, für den der Angeklagte Kraftstoffmarken gekauft haben solle. Bei all diesen Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten hätte das Kreisgericht den Angeklagten als bisher gut beleumdeten Bürger nicht auf Grund der Aussagen eines erheblich belasteten Zeugen verurteilen dürfen. Die Berufung mußte Erfolg haben. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat sich bemüht, den Sachverhalt umfassend aufzuklären und hat dazu auch alle nach Lage der Sache gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Es hat jedoch eine unrichtige Beweiswürdigung vorgenommen und ist insoweit zu falschen Ergebnisssen gekommen, die zu einer fehlerhaften Gesetzesanwendung führten. Die Rechtspflegeorgane und insbesondere das Gericht tragen die Verantwortung dafür, daß die Rechte des beschuldigten Bürgers geachtet werden. Nur wenn im Verfahren die objektive Wahrheit festgestellt wird und diese sich als Widerspiegelung eines Geschehens erweist, das die Tatbestandsmerkmale eines Strafgesetzes erfüllt, kann der Beschuldigte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das Kreisgericht hat bei der Entscheidung dieser Strafsache die in den Rechtspflegebeschlüssen sowie im Rechtspflegeerlaß des Staatsrates dargelegten Prinzipien der sozialistischen Rechtspflege nicht strikt beachtet. Die Strafkammer hat die Verurteilung des Angeklagten T. allein auf die Aussage des Zeugen F. gestützt, die es für glaubwürdig hält. Eine solche Verfahrensweise ist grundsätzlich zulässig wei. das Gericht in jedem Strafverfahren eigenverantwortlich die Einlassungen des Angeklagten, die Zeugenaussagen und die Sachverständigengutachten zu würdigen und auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen hat. Stehen die Einlassungen des Angeklagten den Aussagen eines oder mehrerer Zeugen entgegen, so kann aber allein aus der Stellung des Angeklagten einerseits und der des Zeugen als Beweismittel andererseits nicht von vornherein . auf die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen geschlossen werden. Es bedarf vielmehr der Berücksichtigung solcher Umstände deren Wahrheit selbst wiederum erwiesen sein muß , die entweder für die Glaubwürdigkeit oder die Unglaubwürdigkeit der Einlassungen des Angeklagten oder der Zeugenaussage sprechen oder die unabhängig davon Indizien für einen bestimmten Geschehensablauf darstellen und auf diese Weise trotz einander widersprechender Aussagen die Feststellung der objektiven Wahrheit zulassen. Werden solche Umstände trotz Ausschöpfung aller gebotenen Möglichkeiten zur Sachaufklärung im Strafverfahren nicht zweifelsfrei festgestellt, so ist im betreffenden Verfahren die objektive Wahrheit über eine behauptete Straftat nicht festgestellt und auf Grund der fehlenden weiteren Möglichkeiten zur Erforschung der objektiven Wahrheit zugunsten des Angeklagten zu entscheiden. Das Kreis'gericht hat trotz umfangreicher Sachaufklärung solche Umstände nicht festgestellt. Es stützt seine Überzeugung von der Glaubwürdigkeit des Zeugen F. darauf, daß gegen ihn selbst ein Verfahren laufe und er sich nicht selbst belasten werde. Diese Schlußfolgerung des Kreisgerichts ist nicht zweifelsfrei: Die Tatsache, daß der Zeuge F. die Empfänger der beiseite-gebrachten Kraftstoffmarken angegeben hat, mußte nicht zwangsläufig eine eigene weitere Belastung des Zeugen sein, da die Fehlmengen bereits durch die Revision festgestellt waren. Hieran vermag auch der Hinweis des Vertreters des Staatsanwalts des Bezirks nichts zu ändern, wonach die weiteren Angaben des Zeugen über den Markenempfang anderer Personen von diesen selbst bestätigt worden sind. Damit wird nicht ausgeschlossen,-daß der Zeuge bezüglich des Angeklagten Aussagen macht, die nicht der objektiven Wahrheit entsprechen. Allerdings ist die Tatsache, daß sämtliche anderen Angaben des Zeugen F. bezüglich anderer Personen zutreffen, beachtlich; sie reicht aber nach Auffassung des Senats allein nicht zum Schuldbeweis aus. Dies ergibt sich zugleich daraus, daß die Angaben des Zeugen F. nicht in allen Punkten widerspruchsfrei waren (wird ausgeführt). Das Kreisgericht setzt sich auch nicht damit auseinander, daß der Zeuge F. erst im Laufe des Verfahrens nach und nach konkrete Aussagen darüber gemacht hat, wo die Übergabe der Kraftstoffmarken erfolgt sein soll. Diese Tatsachen sind jedoch nicht geeignet,, die Aussage des Zeugen zu einem absolut sicheren Beweismittel zur Überführung des Angeklagten zu machen. Das Kreisgericht hat, obwohl es eine Verwertung der Marken durch den Angeklagten nicht feststellen konnte und dies auch nicht für unbedingt erforderlich hielt, seine Verurteilung weiterhin darauf gestützt, daß eine solche Verwertungsmöglichkeit für T. bestand, da er auch 1957/58 Verwendung für die Marken gehabt habe. Diese Schlußfolgerung des Kreisgerichts ist in zweifacher Hinsicht nicht zu halten. Das Kreisgericht legt zunächst nicht dar, wieso es im allgemeinen dem Angeklagten nicht glaubt, er aber für erwiesen hält, daß er nach seinen Aussagen 1957/58 Marken empfangen hat. Der Zeuge F. will si*h hieran nicht erinnern, obwohl er sonst die Tatumstände genau schildern konnte. Das Kreisgericht hat sich mit diesem Widerspruch nicht auseinandergesetzt, wohl aber insoweit dieses Zugeständnis des Angeklagten mit zur Grundlage seiner Überzeugung von der Schuld des Angeklagten gemacht. Darüber hinaus hat das Kreisgericht es aber für unwesentlich gehalten aufzuklären, zu welchem Zweck der Angeklagte die Marken verwendet haben könnte. Es hat sich damit zufriedengegeben, daß es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich sei, diese Verwertung zu prüfen. Insoweit ließ es vollkommen außer acht, daß gerade hierin die Beweggründe für das Handeln des Angeklagten zu suchen gewesen wären und daß es sogar verpflichtet war, darüber Feststellungen zu treffen. Das Kreisgericht hätte im gegebenen Falle erkennen müssen, daß bei den einander entgegenstehenden Aussagen und den fehlenden oder zweifelhaften Umständen, die für die Richtigkeit einer der beiden Aussagen sprechen könnten, auch die Tatsache, daß es kein Motiv für die strafbaren Handlungen des Angeklagten feststellen konnte, nur zu der Konsequenz führen kann, die Anklage als nicht ausreichend bewiesen zu beurteilen. Der Senat hat den Angeklagten in der Hauptverhandlung selbst gehört und ihn gemäß § 221 Ziff. 3 StPO mangels Beweises freigesprochen. 128;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 128 (NJ DDR 1964, S. 128) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 128 (NJ DDR 1964, S. 128)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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