Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 112

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 112 (NJ DDR 1964, S. 112); die Mutterschaft als aufgezwungen und suchten Ausgleich in hemmungslosen Vergnügungen. So wurde die 21jährige M. F. aus G. durch einen verheirateten Mann, der ihr die Ehe versprochen hatte, von S. nach G. gelockt. Dort wurde sie von ihm im hochschwangeren Zustand im Stich gelassen. Infolge Hinzutretens weiterer ungünstiger Umstände (insbesondere negativer Einflüsse durch Freundschaften) führte sie einen unmoralischen Lebenswandel und vernachlässigte kurze Zeit nach der Geburt ihres Kindes ihre Mutterpflichten ganz erheblich. Aufschlußreich und bedauernswert zugleich sind die an solche Erfahrungen geknüpften Schlußfolgerungen: „Erst haben mich die Männer betrogen, und jetzt mache ich es umgekehrt“ oder „Heiraten wird mich niemand mehr, deshalb will ich mein Leben noch genießen, solange ich jung bin“. Bei mindestens 25 % der Täter lagen ungünstige Wohnverhältnisse vor zweifellos ein Umstand, der sich recht nachteilig auf die Entwicklung junger Menschen, insbesondere kleiner Kinder, auswirken kann. Der Wohnraum war knapp, die Wohnung befand sich in völlig abgewohntem Zustand, war verschmutzt, äußerst spärlich eingerichtet usw. Aber diese Zustände waren regelmäßig die Folge von Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit im Verhalten der Erzieher und nicht ihre Ursache. Sie können daher nicht als objektive Ursache der Erziehungspflichtverletzungen angesehen werden. Überhaupt ist es in diesen Fällen schwer, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den aufgezeigten Umständen und der späteren Straftat schlüssig zu beweisen. Es wäre aber falsch, diesen Faktoren deswegen nicht die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, denn sie zeigen die Ansatzpunkte für eine breite erzieherisch-vorbeugende Tätigkeit. Gesellschaftsunwürdige Einstellung zur Arbeit und zur Pflichterfüllung Es ist weiterhin auffällig, daß ein großer Teil der Täter unregelmäßig arbeitete, den Arbeitsplatz wechselte, gesellschaftlich nützlicher Arbeit auswich, mangelhafte Arbeitsleistungen erbrachte, sich vom Kollektiv absonderte, ständig Differenzen mit Kollegen hatte usw. 33 % der Täter wechselten häufig ihren Arbeitsplatz (10 bis 15 Arbeitsstellen binnen weniger Jahre sind keine Seltenheit). Arbeitsbummelei, schlechte Arbeitsleistung, Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin charakterisierten die Einstellung zur Arbeit bei 22 %. Zur Tatzeit ohne Arbeit waren 16 % der Täter; sie waren gesundheitlich dazu in der Lage, wurden auch nicht durch andere Gründe, wie Fehlen eines Krippenplatzes u. ä., am Arbeiten gehindert; die Nichtbeteiligung an gesellschaftlicher Arbeit lag vielmehr in einem gesellschaftswidrigen Verhalten und dadurch bedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder in offener Ablehnung einer gesellschaftlich nützlichen Tätigkeit begründet. Nicht immer besteht aber ein kausaler Zusammenhang zwischen der Straftat des Erziehers und Mängeln in seinem Arbeitsleben. Ein Zusammenhang zur Straftat zeigte sich insbesondere dann, wenn sich die Täter infolge unregelmäßiger Arbeit, ständigen Arbeitsplatzwechsels oder Nichtbeteiligung an gesellschaftlich nützlicher Arbeit und der damit verbundenen Absonderung' vom Kollektiv nicht an ein geordnetes Arbeitsleben gewöhnten und die Pflichtvergessenheit gegenüber der Arbeit verbunden war mit Müßiggang und unmoralischer Lebensweise; eines ist die Bedingung für das andere. In diesem Verhalten wurde die individualistische Mentalität gestärkt; negative Charaktereigenschaften wie Faulheit, Pessimismus, Willensschwäche u. ä. bildeten sich heraus oder nahmen ausgeprägtere Formen an. Die Anpassung an die Normen des sozialistischen Zusammenlebens wurde erschwert, weil es nicht zur Entwicklung der dazu erforderlichen und unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen auch objektiv möglichen gesellschaftlichen Bewußtheit, des nötigen Pflichtbewußtseins und der entsprechenden positiven Charakterzüge, wie Fleiß, Energie, Zielstrebigkeit, Standfestigkeit usw., kam oder dieser Prozeß stark gehemmt wurde6. Das soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Die berufstätige Frau L. aus G. nahm es mit der Versorgung ihrer drei Kinder im Vorschulalter, für die sie Plätze in der Kinderkrippe bzw. im Kindergarten hatte, nicht sehr genau. Sie hielt sich gern in Gaststätten auf und wechselte öfter ihre Arbeitsstätte. Zu ernsthaften Pflichtverletzungen gegenüber den Kindern kam es jedoch erst dann, als sie keiner Arbeit mehr nachging. Während dieser Zeit (es war ein Jahr) glitt sie mehr und mehr ab, war ständig in Gaststätten, spielte dort Skat, wurde immer gleichgültiger, kam nächtelang nicht nach Hause oder schlief lange, wurde träge und faul, so daß die Kinder sich selbst überlassen waren. Sie bekamen kaum noch etwas Warmes zu essen und zu trinken, wurden nicht gewaschen und gepflegt, warteten abends bis 22 oder 23 Uhr auf der Straße auf die Mutter oder suchten sie in Gaststätten. Nicht etwa Arbeitsbelastung war die Ursache der Vernachlässigung der Kinder, sondern im Gegenteil unregelmäßige Arbeit und Nichtbeteiligung an gesellschaftlich nützlicher Arbeit. Müßiggang und unmoralische Lebensweise haben das Pflichtgefühl gegenüber den Kindern und der Familie auffällig untergraben. Mängel in der Freizeitgestaltung und niedriges Bildungs- und Kulturniveau Bei der Herausbildung der sozialistischen Persönlichkeit spielen neben der Erziehung in der gemeinschaftlichen Arbeit und anderen Faktoren vor allem die Ideologie und Kultur eine wesentliche Rolle. Auf dem VII. Parlament der FDJ sagte Walter Ulbricht: „Die Bildung der Persönlichkeit erfolgt beim Studium und im Arbeitsprozeß, aber auch durch Erwerbung moralischer Werte, durch das Studium der Literatur, durch Liebe zur Musik usw.“7 Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung nimmt die von der Arbeiter-und-Bauern-Macht geschaffenen großartigen Möglichkeiten zur Bildung und kulturellen Betätigung wahr. Dadurch werden die Überreste des Kapitalismus im Denken und Handeln der Menschen schrittweise überwunden. Umgekehrt werden durch ein Zurückbleiben in der Bildung und Kultur alte Anschauungen und Gewohnheiten konserviert, individualistische Tendenzen und ihre Ausbreitung begünstigt. Für einen großen Teil der Täter ist ein niedriges Bildungs- und Kulturniveau kennzeichnend Das spiegelt sich in den Ergebnissen der Schul- und Berufsausbildung wider. Nur 49 % der Täter hatten das Ziel der Grundschule erreicht, 30 % wurden aus der 7. Klasse entlassen, 18 % aus der 6., 5. und 4. Klasse, 2 % kamen aus Sonderschulen. Noch ungünstiger ist das Bild bei der Berufsausbildung: 72 % der Täter hatten keinen Beruf erlernt, 10 % davon hatten eine begonnene Lehre abgebrochen. Die Mehrzahl bildete sich nicht weiter, betätigte sich nicht kulturell, wenn man vom Kinobesuch und Rundfunkhören absieht. Vor allem in bezug auf elementarste Grundsätze der marxistischen Pädagogik und der 6 Vgl. auch A. B. Sacharow, Die Persönlichkeit des Täters und die Ursachen der Kriminalität' in der UdSSR, Berlin 1963, S. 110 IT. 7 Walter Ulbricht. Rede auf dem vn. Parlament der FDJ, Neues Deutschland vom 31. Mai 1963, S. 5. 112;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 112 (NJ DDR 1964, S. 112) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 112 (NJ DDR 1964, S. 112)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind belegen, daß vor allem die antikommunistische Politik des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins gegenüber der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie schwer erkenn- und vorbeugend anwendbar. Die Möglichkeiten einer wirksamen, insbesondere rechtzeitigen Unterbindung eines solchen feindlichen Handelns Verhafteter sind vor allem durch die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die unterschiedlichsten Straftaten, ihre Täter und die verschiedenartigsten Strafmaßnahmen zielgerichtet durchzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die Straftatbestände der Spionage, des Terrors, der Diversion, der Sabotage und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie. des Leistungssports und.

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