Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 109

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 109 (NJ DDR 1964, S. 109); gewähren. Nathan und Püschel schlagen aber vor, das Wiederaufnahmeverfahren, also auch die Restitutions-klage abzuschaffen4, so daß u. E. die Aussichten auf Beseitigung derartiger Fehlurteile eher verringert würden. Die Beseitigung der Kassationsfrist gewährleistet also keineswegs die Aufhebung jedes erheblich unrichtigen Urteils. Andererseits ist sie mit der Einrichtung der Rechtskraft nicht vereinbar. Der Auffassung, daß die Rechtskraft nicht nur eine vom wirtschaftlichen Standpunkt aus übrigens sehr wichtige formale, sondern auch eine erzieherische, also eine gesellschaftliche und psychologische Bedeutung hat, ist durchaus zuzustimmen. Die Kenntnis von der Rechtskraft der Entscheidung, die in der Rechts-mütelbelehrung vermittelt werden sollte, verpflichtet Bürger und Betriebe, die in ihr auch beim Fest-stellungsurteil durch das Gericht gegebene Weisung des Staates über ihr Verhalten, die Festsetzung oder Feststellung ihrer Rechte und Pflichten zu erfüllen. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß die zwar im Sinne des Gesetzes rechtskräftige, aber noch kassationsfähige Entscheidung diese Eigenschaft nicht in vollem Maße hat. Die unterlegene Partei wird jedenfalls dann, wenn sie einen Kassationsantrag angeregt hat, geneigt sein, ihre Endgültigkeit zu bezweifeln. Eine solche Entscheidung ist also zwar formell rechtskräftig, d. h., die Parteien können sich nicht mit weiteren Rechtsbehelfen gegen sie wenden wenn man vom Wiederaufnahmeverfahren absieht, das auch nach der Vorstellung der Prozeßparteien nur in wenigen Fällen in Betracht kommt. Sie ist auch vollstreckbar, und zwar auch in den Fällen, wo vorläufige Vollstreckbarkeit nicht genügt, sondern eben „Rechtskraft“ erforderlich ist, wie etwa nach § 894 ZPO (Ersatz der vom Schuldner geforderten Willenserklärung durch die Rechtskraft des ihn dazu verpflichtenden Urteils). Sie schafft den durch das Gestaltungsurteil geforderten Rechtszustand, also z. B. die Ehescheidung. Auch die sog. materielle Rechtskraft (sachliche Bindung etwa später mit der Sache befaßter Zivilgerichte) kommt ihr zu. Dasselbe gilt für Nebenwirkungen, die andere Gesetze an die Tatsache rechtskräftiger Verurteilung knüpfen, z. B. die Wirkung der rechtskräftigen Verurteilung des Schuldners für Schadensersatzforderungen des Gläubigers gemäß § 283 BGB. Dagegen ist die volle erzieherische Wirkung der formell rechtskräftigen Entscheidung nicht gewährleistet. Das gilt nicht nur für die innere Einstellung der unterlegenen Partei, sondern zuweilen auch für ihr Handeln. Es mußte wiederholt festgestellt werden, daß unterlegene Parteien, die einen Kassationsantrag angeregt hatten, zuweilen sogar volkseigene Betriebe, sich weigerten, die Urteilsverpflichtungen zu erfüllen, obwohl noch kein Kassationsantrag gestellt, geschweige denn ein Einstellungsbeschluß ergangen war. Selbst die Vollstreckungsorgane zögerten gelegentlich in solchen Fällen, die ihnen obliegenden Maßnahmen durchzuführen. Wir werden also die Rechtskraft einer noch kassationsfähigen Entscheidung als eine unvollkommene bezeichnen müssen, obwohl der Kassationsantrag kein Rechtsbehelf ist. Dieser Zustand kann schon dann zu Schwierigkeiten führen, wenn er ein Jahr dauert. Ernste Unzuträglichkeiten müßten aber entstehen, wenn die Kassationsfrist beseitigt wäre. Eine wirklich vollkommene Rechtskraft würde dann nur noch den Kassationsentscheidungen des Präsidiums des Obersten Gerichts zukommen. Daran würde grundsätzlich auch die Zurückweisung von Kassationsanregungen durch die beiden obersten Antragsberechtigten nichts ändern. Die Erfahrung hat gezeigt, daß es neben einer Mehrzahl von Bürgern mit * 5 a. a. O., S. 6*2. 5 Staat und Recht 1962, Heft 12, S. 2222. begründeten oder doch subjektiv begreiflichen Kassationsanregungen eine Zahl von Unbelehrbaren gibt, die auch durch wiederholte und noch so zutreffende und gut begründete Abweisungen nicht überzeugt werden können, sondern ihre Anregungen mit rein äußerlichen Änderungen ständig wiederholen. Ihr Verhalten würde sich bei fristloser Zulässigkeit der Kassation zu einer ernsten Belastung vor allem der Kassationsabteilungen entwickeln können. I Andererseits erfordert das Wesen der Kassation keine zeitlich unbegrenzte Zulassung. Ihre Eigenschaft als rein rechtliches Nachprüfungsverfahren spricht sogar für eine zeitliche Begrenzung. Die Nachprüfung des Sachverhalts ist durch sie noch weniger möglich, als es in den früheren Revisionsverfahren der Fall war, denn die Prozeßparteien sind nicht verpflichtet, zur Kassationsverhandlung zu erscheinen, so daß häufig wohl in der Mehrzahl der Fälle noch nicht einmal ihre beiderseitige Befragung möglich ist. Allerdings kann oft die Feststellung der Wahrheit mittelbar verbessert werden, wenn ein Urteil wegen Verletzung gewisser Verfahrensbestimmungen z. B. Nichterfüllung der Fragepfiicht nach § 139 ZPO aufgehoben wird. Unmittelbare Bedeutung für das Kassationsverfahren hat aber nur die Frage, ob eine Gesetzesbestimmung verletzt ist, wobei der Begriff des Gesetzes selbstverständlich im weitesten Sinne genommen wird, also beispielsweise auch die Statuten sozialistischer Genossenschaften mit umfaßt. Schon bei Verletzungen verfahrensrechtlicher Bestimmungen aber handelt es sich häufig nicht darum, daß der Sachverhalt unzulänglich festgestellt wurde, sondern darum, daß aus dem festgestellten Sachverhalt nicht die zutreffenden rechtlichen Folgerungen gezogen worden sind oder gezogen werden konnten. Das gilt sogar für Verletzungen von § 139 ZPO, nämlich dann, wenn ungenügende Erfüllung der Fragepflicht zu Sachanträgen führte, die keine erschöpfenden Folgerungen aus dem Sachverhalt ermöglichten. In der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle gilt es aber für Kassationen, die sich auf Verletzungen des materiellen Rechts gründen und häufig zur Selbstentscheidung des Kassationsgerichts führen, also eben die richtige Feststellung des Sachverhalts voraussetzen. Die Prozeßparteien und ebenso der Staatsanwalt, der am Verfahren teilgenommen hat, müssen in der Lage sein, Gesetzesverletzungen wesentlich vor Ablauf eines Jahres zu erkennen, also den Kassationsantrag rechtzeitig anzuregen. Das gilt aber auch für die Kassationsantragsberechtigten, selbst wenn sie auf Grund eigener Prüfung von Amts wegen Kassationsanträge stellen. Kassationsanträge werden zwar im Interesse der Gesellschaft gestellt und bedürfen bekanntlich keiner Anregung durch eine Prozeßpartei oder einen anderen Bürger; in diesem Rahmen aber haben die Erfordernisse der Prozeßparteien in aller Regel ein erhebliches wenn auch je nach Art des Streitgegenstandes verschiedenes Gewicht. Gegen Urteile, die eine Ehescheidung aussprechen, wird wenn man von der Regelung von Nebenpunkten, wie etwa Unterhaltsgewährung und Kostenverteilung, absieht seit Jahren kein Kassationsantrag mehr gestellt, auch wenn sie erhebliche Fehler enthalten, deren künftige Vermeidung auf andere Art erzielt werden muß. Es wird aber auch kaum Vorkommen, daß ein solcher Antrag gegen ein Urteil gestellt wird, das mit fehlerhafter Begründung oder unzulänglichem Verfahren eine Ehescheidungsklage abweist, wenn beide Eheleute keine Kassation anregen, sich also dabei beruhigen, mögen sie sich auch nicht wirklich ausgesöhnt haben. Sicherlich hat in anderen Fällen das persönliche Interesse ein geringeres Gewicht. Auf dem Gebiet z. B. des Verkehrs-, LPG-, PGH- und insbesondere des Arbeitsrechts müssen zuweilen Kassationsanträge ohne und 109;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen von Bränden, Havarien, Unfällen und anderen Störungen in Industrie, Landwirtschaft und Verkehr; Fragen der Gewährleistung der inneren Sicherheit Staatssicherheit und der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Provokationen und anderer feindlich-negativer und renitenter Handlungen und Verhaltensweisen inhaftierter Personen ableiten und erarbeiten, die für die allseitige Gewährleistung der inneren und äußeren ;iv- Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungshaftanstaltaber auch der staatlichen Ordnungyist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen inhaftierter Personen immer erstrangige Bedeutung bei allen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit uhd Ordnung in den Straf-gefangenenarbeitskonunandos der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Der Vollzug der Freiheitsstrafen in den. Straf gef ange n-arbeitskommandos hat auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Das Gesetz kennt diese auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gerichteten Maßnahmen nicht. Solche Maßnahmen können in der Untersuchungsarbeit zwangsweise nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten erfolgen.

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