Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 95

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 95 (NJ DDR 1963, S. 95); Wenn dieser behaupte, er habe die am 8. August 1961 eingegangene Berufungsschrift nicht nach deren Abfassung unterschrieben, vielmehr sei dafür ein Bogen mit seiner Blankounterschrift verwendet worden, so habe er den unrichtigen Gebrauch dieser Blankounterschrift durch seine Büroangestellte zu vertreten, weil deren Verhalten auf mangelnde Beaufsichtigung durch ihn, den Rechtsanwalt, zurückzuführen sei. Das Verschulden eines Rechtsanwalts; das zur Versäumung der Berufungsfrist geführt habe, sei kein Grund zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gegen diesen Beschluß richtet sich der vom Präsidenten des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik gestellte Kassationsantrag, mit dem geltend gemacht wird, daß der Beschluß auf einer Verletzung von § 233 ZPO beruhe. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Auffassung des Bezirksgerichts, daß in den vom Verklagten vorgetragenen Umständen ein für ihn unabwendbarer Zufall nicht zu erblicken ist, ist nicht beizutreten. Zwar gilt auch für die Vertretung der Partei im Zivilprozeß der Grundsatz der unmittelbaren Stellvertretung (§ 85 ZPO). Dieser Grundsatz findet seinen Ausdruck auch in der Bestimmung des § 232 Abs. 2 ZPO. Sie besagt, daß, insofern es sich um die Aufhebung der Folgen einer unverschuldeten Versäumung handelt dazu gehören nicht zuletzt auch die im § 233 ZPO geregelten Fälle der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , eine Versäumung, welche in der Verschuldung eines Vertreters ihren Grund hat, als eine unverschuldete nicht angesehen werden kann. Nun gehören zwar die gesetzlichen Formvorschriften, insbesondere soweit sie zwingender Natur sind, zum unabdingbaren Bestände unserer sozialistischen Gesetzlichkeit, so daß es durchaus nicht etwa mit Formalismus zu tun hat, wenn unsere Gerichte gehalten sind, auf eine genaue Innehaltung dieser Vorschriften zu achten (vgl. OG., Urt. vom 20. November 1953 1 Zz 152/53 OGZ, Bd. 3, S. 66; NJ 1954 S. 121). Zu diesen Vorschriften zwingender Natur gehört auch die Vorschrift des § 518 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO über die mit der Einlegung der Berufung zu verbindende gleichzeitige Begründung. Wenn andererseits aber das Gesetz dem Bürger unseres Staates ausdrücklich den Schutz des Gerichts gegen unverschuldete Versäumung einer Notfrist auch die Berufungsfrist ist eine solche (§ 516 Abs. 1 ZPO) gewährt, so ergibt sich daraus sinngemäß, daß die Vorschrift des § 232 Abs. 2 ZPO ztoar als Regel zu gelten hat, daß aber eine Ausnahme davon dann Platz greifen muß, wenn ein etwaiges Verschulden des Vertreters für die Partei selbst den Umständen nach als ein „unabwendbarer Zufall“ im Sinne von § 233 ZPO gelten muß. Die Vorschrift des § 232 Abs. 2 ZPO ist ohnehin nicht um ihrer selbst willen erlassen worden, sondern soll, wie alle anderen Verfahrensvorschriften, der Durchsetzung des materiellen Rechts und der Gerechtigkeit, d. h. dem Schutze der Rechte des Bürgers im Sinne von § 2 Abs. 1 Buchst, d GVG, und nicht etwa ihrer Behinderung dienen. Daraus folgt, daß es Ausnahmen von der Regel des § 232 Abs. 2 ZPO geben kann und geben muß und daß es für die Frage, ob eine solche als vorliegend anzuerkennen ist oder nicht, auf die besondere Lage des Einzelfalles ankommt, wobei lebensfremde Überspitzungen bei der Anwendung des Verschuldensbegriffs auf die Frage der unmittelbaren Stellvertretung vermieden werden müssen. Betrachtet man die tatsächliche Lage des vorliegenden Falles unter diesen Gesichtspunkten, so muß man zu folgenden Ergebnissen gelangen: Zunächst ist die Angestellte Frau Bl. nicht „Vertreter“ des Verklagten gewesen. Vertreter war allein der vom Verklagten dazu bestellte Rechtsanwalt Dr. P. Sind aber Angestellte des mit der Vertretung der Partei beauftragten Rechtsanwalts nicht selbst „Vertreter“ der Partei, so kann schon aus diesem Grunde die Vorschrift des § 232 Abs. 2 ZPO auf sie keine Anwendung finden. Selbst wenn Frau Bl. also dadurch schuldhaft gehandelt haben sollte, daß sie den ihr von Rechtsanwalt Dr. P. aus einem anderen Anlaß hinterlassenen Blanko-Unter-schriftsbogen für die Einlegung der Berufung benutzte und in Unkenntnis der gesetzlichen Formvorschrift eine „einstweilige“ Begründung bis zur Rückkehr des Rechtsanwalts aus dem Urlaub für zulässig hielt, selbst dann könnte dieses Verschulden dem Verklagten nicht angerechnet werden. Im übrigen muß aber bei der Würdigung dieses Verhaltens der Büroangestellten beachtet werden, daß ihre Handlungsweise keinesfalls auf Leichtfertigkeit oder Pflichtverletzung beruhe, sondern ungeachtet des dabei unterlaufenen Formverstoßes Ausdruck ihres Verantwortungsbewußtseins war. Was aber das Verhalten des Rechtsanwalts selbst anlangt, so hat er glaubhaft versichert, daß er den Rechtsanwalt B. als Urlaubsvertreter bestellt hatte. Das Urteil des Kreisgerichts ergibt, daß dieser nicht als Prozeßbevollmächtigter der Klägerin bestellt worden war. Dr. P. durfte also, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, davon ausgehen, daß Frau Bl. auch in diesem Falle sich an Rechtsanwalt B. zwecks Einlegung der Berufung wenden würde. Der Gedanke, daß sie zu diesem Zwecke von einer in ihren Händen befindlichen Blankounterschrift Gebrauch machen würde, lag so fern, daß man im Sinne der oben dargelegten Auslegungsgrundsätze nicht von einem Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Verklagten reden kann. Selbst wenn man auch aber hier das Gegenteil annehmen wollte, so könnte es sich nur um ein Verschulden so geringen Grades handeln, daß es auf keinen Fall dazu führen könnte, den Verklagten seines staatsbürgerlichen Rechts auf Nachprüfung des kreisgerichtlichen Urteils für verlustig zu erklären, daß vielmehr nach den Umständen des Falles ein für ihn „unabwendbarer Zufall“ im Sinne von § 233 Abs. 1 ZPO als vorliegend erachtet werden müßte. Er hatte in sorgfältiger Beachtung der ihm mit dem Urteil zuteil gewordenen Rechtsmittelbelehrung alles getan, um rechtzeitig Berufung einzulegen. Daß er die Prozeßvollmacht dem Dr. P. erteilte, obwohl dieser sich im Urlaub befand, ist nicht schuldhaft. Im übrigen muß dem Verklagten auch zugute gehalten werden, daß Dr. P. in einer anderen Stadt ansässig war, so daß der Verklagte auch keine Möglichkeit hatte, an Ort und Stelle selbst zu kontrollieren, ob die Angestellte Frau Bl. alles Notwendige veranlaßt hatte, um die Berufungsfrist zu wahren. Nach alledem liegen alle für die Beurteilung des vorliegenden Falles in Betracht kommenden Tatumstände sowohl für den Verklagten selbst als auch für seinen Prozeßvertreter so günstig, daß die Voraussetzungen für die Annahme eines „unabwendbaren Zufalls“ als gegeben zu erachten sind. Gegen die Anwendbarkeit des § 233 Abs. 1 ZPO spricht auch nicht etwa der Umstand, daß es sich bei der von Frau Bl. veranlaßten Art der Berufungseinlegung um einen Formfehler und nicht um eine Fristversäumnis gehandelt hat. Die von ihr veranlaßte Einlegung des Rechtsmittels durch den Schriftsatz vom 7. August 1961 war wegen der Verletzung des § 518 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO schlechthin unzulässig und erzeugte daher keinerlei Rechtswirkung. Gerade deshalb aber hätte das Bezirksgericht die Entscheidung des Obersten Gerichts vom 22. Oktober 1956 - 2 Za 94/56 - (NJ 1957 S. 525; OGZ Arbeitssachen Bd. 2, S. 29) beachten' müssen, wonach es zulässig ist, eine wegen Formmangels unzulässige Berufung, sogar wenn sie bereits durch Beschluß 95;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 95 (NJ DDR 1963, S. 95) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 95 (NJ DDR 1963, S. 95)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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