Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 84

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 84 (NJ DDR 1963, S. 84); richlung der Notstandsdiktatur: sie ist gegen den „inneren Feind“, gegen die Arbeiterklasse und ihre Gewerkschaften, gegen alle friedliebenden und demokratischen Kräfte gerichtet. Es genügt hier, daran zu erinnern, daß alle Verbote demokratischer Organisationen, voran der KPD, bisher stets unter dem Vorwand erfolgten, sie gefährdeten die „freiheitliche demokratische Grundordnung“. Diese „freiheitliche demokratische Grundordnung“, die die „maßgebliche Rechtsgrundlage“ des Bundesverfassungsgerichts sein soll und in deren Namen die demokratischen Kräfte in Westdeutschland verfolgt und ihre Organisationen verboten werden, ist aber laut Verbotsurteil gegen die KPD vom 17. August 1956 „das Bild der freiheitlichen Demokratie, das dem Grundgesetzgeber als Leitbild vorgeschwebt“ hat. Dabei betont das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich, daß es ohne Bedeutung sei, ob die Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik sich mit diesem Bild allenthalben decke. Eine Übereinstimmung von Ideal und Wirklichkeit wird sogar für unerreichbar, für utopisch gehalten". Eine solche Interpretation des genannten Begriffs öffnet der Willkür Tür und Tor. Dieser Begriff kann gegenüber dem politischen Gegner, gegenüber jedem Andersdenkenden unbegrenzt ausgelegt und angewandt werden. Zugleich aber werden mit der Behauptung, dieses Bild brauche sich nicht mit der Verfassungswirklichkeit, d. h. mit dem von den Bonner Machthabern geschallenen faktischen Zustand der Unterdrückung der Demokratie nach innen und außen, zu decken, weitestgehende Möglichkeiten geschaffen, um die aggressive und reaktionäre Politik der Bonner Ultras als „verfassungsmäßig“ und jede demokratische Bewegung zu ihrer Überwindung als „verfassungswidrig“ zu deklarieren. Es ist darüber hinaus allgemein bekannt, daß die Bonner Machthaber bisher jede Massenbewegung (z. B. gegen den Atomtod) unter dem Vorwand, sie stelle eine „Parlamentsnötigung“ dar, verfolgt und verboten haben. Ähnliches gilt auch für Streiks oder Streikankündigungen der Gewerkschaften, die als „Gewaltanwendung“ oder „Drohung mit Gewalt“ diffamiert und ausgelegt werden.12 Sehr aufschlußreich ist aber auch die Darlegung in der amtlichen Begründung, daß der „innere Notstand“ im „Hauptfall“ angeblich „durch Einwirkung von außen“ herbeigeführt werde1-1. Unter dem Vorwand, sie seien durch kommunistische „subversive Einwirkungen“ gder „Unterwanderung“ organisiert worden, versuchen die Bonner Machthaber, jede demokratische Regung und Bewegung in Westdeutschland, jeden Streik, jede gesamtdeutsche Bestrebung zu diffamieren und zu unterdrücken. Die außerordentliche Gefährdung dieser Entwicklung kommt u. a. darin zum Ausdruck; daß sich die Bonner Machthaber für diesen „Fall“ des inneren Notstandes“ dieselben Diktaturvollmachten zur Aufhebung der Grundrechte einräumen wollen, wie sie sie für den „äußeren Notstand“ vorgesehen haben1'', und daß sie bestrebt sind, jeden der in Art. 115 i angeführten Anlässe für die „Feststellung“ des „inneren Notstands“, z. B. jeden Streik, jede demokratische Bewegung und jede gesamtdeutsche Bestrebung, auf „Einwirkungen von außen“ zurückzuführen1’1. 11 KPD-Prozeß, Dokumenlarwerk, Sonderdruck des Urteils vom 17. August 1956, S. 642. 12 Vgi. hierzu: Kröger, a. a. O.; M. Schmidt. „Der Polizei- und Militärstaat marschiert“. Sozialistische Demokratie Nr. 45 vom 9. November 1962, S. 9. 3“ Bundesrats-Drucksache Nr. 345/62, S. 14. 14 Vgl. Art. 115 1 Abs. 1 Buchst, b und Art. 115 b Abs. 2 Buchstabe a des Gesetzentwurfs. 15 Laut amtlicher Begründung liegen auch den im Art. 115i Nr. 2 bis 4 vorgesehenen Anlässen regelmäßig Einwirkungen von außen zugrunde, die sich „möglicherweise nicht rechtzeitig genug nach weisen lassen“. Bundesrats-Drucksache Nr. 345/62, S. 14. 84 Wie man sieht, stellt auch dieser „Katalog“ in Wahrheit nichts anderes als eine Generalvollmacht der Bonner Machthaber zur rigorosen Unterdrückung aller politischen Gegner dar. Zu diesem Zweck erhalten die Landtage und „bei Gefahr im Verzüge“ die Landesregierungen ein Notgesetz bzw. Notverordnungsrecht, das ihre Gesetzgebungszuständigkeiten erweitert und sie ermächtigt, wichtige Grundrechte außer Kraft zu setzen. Ist ein Land „zur Bekämpfung der Gefahr nicht bereit oder in der Lage“, so hat nach Art. 115 1 dieses „Recht“ in der bereits dargelegten Weise faktisch nach Ermessen des Bundeskanzlers der Bundestag, der Notstandsausschuß oder die Bundesregierung, die zudem ausdrücklich ermächtigt wird, die Streitkräfte „im Innern mit der Waffe“ dann ohne Zustimmung des Bundestages einzusetzen, „wenn die Lage unabweisbar einen sofortigen Einsatz dieser Art erfordert“10. Sind die Bundesorgane außerstande, selbst die Notstandsdiktatur auszuüben, so sollen nach Art. 115 f die noch vorhandenen und handlungsfähigen Stellen (Ministerpräsidenten der Länder, Regierungspräsidenten und Hauptverwaltungsbeamte der Landkreise und kreisfreien Städte) die notwendigen Diktaturmaßnahmen ergreifen, wenn „die Lage unabweisbar ein sofortiges selbständiges Handeln“ erfordert. Dabei wird ausdrücklich klargestellt, daß die „Ausübung dieser Befugnisse nicht zu einer Beeinträchtigung der militärischen Verteidigung führen darf“. Wie man leicht erkennt, geht es hier im Gegensatz zu den in Bonn verbreiteten Parolen keinesfalls um eine „Wahrung der Länderrechte“, sondern um den schlagkräftigeren Ausbau der Bonner Notstandsdiktatur insgesamt. Offensichtlich soll vor allem in einem durch die Bonner Machthaber provozierten Krieg auch dann noch nach dem Hitlerschen Prinzip der verbrannten Erde aus jedem Dorf und jeder Stadt eine „Festung“ gemacht und bis zur totalen Selbstvernichtung gekämpft werden, wenn die zentralen Stellen der Bonner Ultras bereits längst vernichtet sind; Wie weitreichend und abenteuerlich die Pläne der Bonner Ultras sind, geht daraus hervor, daß sie auch den „Einsatz schwerer nuklearer Waffen“ einkalkuliert haben16 17. Der „innere“ wie der „äußere Notstandsfall“18 19 zielt mithin auf die völlige Beseitigung der letzten Reste der bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten der westdeutschen Bevölkerung und auf die Konzentration aller Macht bei der zentralen Exekutive ab. Aktionseinheit zur Überwindung der Notstandsgesetzgebung Das reaktionäre, aggressive Wesen der Notstandsgesetzgebung kann auch nicht in irgendeiner Weise durch das Gerede der Bonner Machthaber und ihrer Lakaien in der SPD und im DGB über angeblich im Notstandsgesetz vorhandene „demokratische“ und „rechtsstaatliche Sicherungsvorkehrungen“ verschleiert werden. Hierbei handelt es sich ausschließlich um juristische Spitzfindigkeiten, die dazu dienen, die westdeutsche Bevölkerung irrezuführen und ihren Widerstand zu lähmen111. 16 Der Einsatz der Streitkräfte im Innern „ohne Waffe“ erfolgt grundsätzlich nach eigenem Ermessen der Bonner Regierung. Vgl. Bundesrats-Drucksache Nr. 345/62, S. 16. 17 Bundesrats-Drucksache Nr. 345 62, S. 13. 18 Der Gesetzentwurf sieht außerdem noch den sog. Katastrophenzustand vor (Art. 115 m des Entwurfs). Offensichtlich soll hier der durch die Bonner Atomkriegspolitik geförderte Eintritt der Hochwasserkatastrophe an der Nordseeküste schamlos zur „Begründung“ der angeblichen Notwendigkeit des Notstandsgesetzes ausgenutzt werden. Der Notstandsgesetzentwurf sieht auch für diesen Fall dieselben Diktaturvollmachten wie für den „inneren Notstand“ vor. 19 Eine dieser „rechtsstaatlichen Siehe rungs Vorkehrungen“ soll angeblich darin bestehen, daß der Bundestag jederzeit sog. Notrecht und auch „Notmaßnahmen“ der Exekutive auf-heben darf. Die Frage ist nur, ob er es auch kann. Ganz abgesehen davon kann der Bundestag auch formell vom Bundeskanzler jederzeit unter dem Vorwand lahmgelegt werden, es sei Gefahr im Verzüge“.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 84 (NJ DDR 1963, S. 84) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 84 (NJ DDR 1963, S. 84)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Der Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie und anderer operativer Diensteinheiten, zum Beispiel über konkrete Verhaltensweisen der betreffenden Person während der Festnahmeund Oberführungssituation, unter anderem Schußwaffenanwendung, Fluchtversuche, auffällige psychische Reaktionen, sind im Interesse der Gewährleistung einer hohen Ordnung und Sicherheit, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der straftatbezo genen Beweisführung vor und nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die in Verbindung mit rechtswidrigen Versuchen die Übe r-siedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen. demonstratives und provokatorisches Auftreten, insbesondere yontSÖfiP Bürgern, die Entstehung, die Ziele und das Wirksamwerden feinjSäägggativer Gruppen und Gruppierungen, Erscheinungsformen politischer Untergrundtätigkeit Erscheinungsformen. Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den BruderOrganen, das mit der Abteilung abzustimmen ist. Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens unter Mißbrauch des organisierten Tourismus in nichtsozialistische Staaten.

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