Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 790

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 790 (NJ DDR 1963, S. 790); sichtigt, daß sich die Deutsche Versicherungs-Anstalt (DVA) auf Grund der bei ihr bestehenden Haftpflichtversicherung in weitaus größerem Maße mit Schmerzensgeldansprüchen zu befassen hat als die Gerichte3, sich aber bei ihren außergerichtlichen Vergleichen auch auf die Rechtsprechung stützen muß. Der Rechtspflegeerlaß des Staatsrates fordert, die einheitliche Anwendung des sozialistischen Rechts zu sichern und die Garantien für seine Verwirklichung zu erhöhen. Das ist aber hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs nach § 847 BGB nicht gewährleistet, solange über die theoretischen Grundfragen keine Klarheit erzielt worden ist. Es müssen auf der einen Seite die Rechte der Geschädigten gewahrt, andererseits muß aber auch vermieden werden, daß staatliche Mittel ungerechtfertigt verausgabt werden. Das Oberste Gericht sagt in seinem unveröffentlichten Urteil 2 Zz 6/61 vom 6. Juni 1961, daß „auch für erhebliche Körperverletzungen und erlittene Schmerzen als solche grundsätzlich eine Entschädigung zu gewähren ist“. Dagegen sagt z. B. das Kreisgericht Hohenstein-Ernstthal in seiner Entscheidung 1 C 42/62 vom 3. Oktober 1962, daß keinesfalls Entschädigungen für erlittene Schmerzen und Entbehrungen gezahlt werden könnten und das Schmerzensgeld dem Kläger nur aus Billigkeitsgründen zugesprochen werden könne, da man den Wert bzw. den Grad der erlittenen Schmerzen nicht mit Geld bemessen könne. Hierin zeigt sich das unterschiedliche Herangehen an die Schmerzensgeldentschädigung. Bei vielen anderen Urteilen ist die Auffassung der Kreisgerichte nicht erkennbar, weil sie sich zu dieser Frage gar nicht äußern, sondern lediglich die Unfallfolgen erörtern und bewerten. Ausgangspunkt für eine Betrachtung über Aufgabe und Inhalt der Schmerzensgeldentschädigung muß sein, daß § 847 BGB geltendes Recht ist und eine gleichartige bzw. ähnliche Bestimmung auch für das neue Zivilgesetzbuch bejaht wird4. Die bürgerliche Rechtslehre geht davon aus, daß die Entschädigung nach § 847 BGB dem Vermögen des Geschädigten nicht etwas ihm Entzogenes wieder zuführen, sondern sein Vermögen vermehren soll. Maßstab hierfür waren die durch die Körperverletzung verursachten Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, also in erster Linie körperliche Schmerzen, Verunstaltungen und dergleichen. Daraus entwickelten sich die Vorstellungen, daß mit dem Schmerzensgeld amputierte Gliedmaßen, Schmerzen und Entstellungen „bezahlt“ werden müßten. Es entspricht wohl der kapitalistischen Ausbeutermoral, für alles, selbst für Ehre und Gewissen, für die Liebe und eben auch für Schmerzen einen „Preis“ zu haben, nicht aber den politisch-moralischen Anschauungen unserer Werktätigen. Nach unseren gesellschaftlichen Anschauungen hat sich das Wesen „der billigen Entschädigung in Geld für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist“, grundsätzlich verändert. In zunehmendem Maße wird im Sozialismus der Lebensinhalt jedes einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft von seiner Teilnahme am Arbeitsprozeß, der Teilnahme am gesamten gesellschaftlichen und kulturellen Leben bestimmt. Durch einen Unfall wird es dem einzelnen Werktätigen vorübergehend oder für die Dauer unmöglich, seinen bisherigen Beruf auszuüben und seinen sonstigen gesellschaftlichen und kulturellen Interessen nachzugehen. Möglicherweise wird er insoweit sogar vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben ausge- 3 Nach Schätzungen auf Grund des vorhandenen Zahlenmaterials werden ln etwa 35 000 Schadensfällen jährlich Ansprüche auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gestellt. 4 Vgl. z. B. Drews, „Zur Neuregelung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit für rechtswidrige Schadensverursachung“, NJ 1960 S. 21. schlossen. Der Ausgleich für den Wegfall dessen, was einen großen Teil des Inhalts seines Lebens ausmachte, ist allein mit dem Ersatz des' Verdienstausfalles und seiner Ausgaben für Pflegeperson, Haushaltshilfe usw. nicht geschaffen. Um weiterhin am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen zu können, werden zusätzliche Ausgaben, z. B. für die Anschaffung von Büchern, für. einen Radio- oder Fernsehapparat, für Reisen oder Idie Übertragung seiner Interessen auf andere gesellschaftliche oder kulturelle Gebiete, wie Konzert- oder Theaterbesuche, erforderlich. Das alles sind Ausgaben, die ihm neben dem konkret nachweisbaren Schaden entstehen und in der Regel nicht exakt meßbar sind; es sind Ausgaben, die über seine durch den Unfall hervorgerufene Lage hinweghelfen sollen. Damit stellt sich der immaterielle Schaden, der u. E. nur fälschlich immer noch als Schmerzensgeld bezeichnet wird, unter Berücksichtigung der politisch-moralischen Anschauungen unserer Werktätigen als eine besondere Art vermehrter Bedürfnisse, als ein materieller Schaden dar. In der schon zitierten Entscheidung des Obersten Gerichts vom 6. Juni 1961 klingt dies auch bereits an. Bei der Fassung des § 98 GBA sind offensichtlich bereits solche oder ähnliche Gedanken maßgebend gewesen, als an Stelle eines Anspruchs auf ein Schmerzensgeld festgelegt wurde, daß der Werktätige Anspruch auf notwendige Mehraufwendungen zur weiteren Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hat5 6. Das bedeutet u. E. nicht, daß künftig Grad und Heftigkeit der Schmerzen, der Umfang der Entstellungen usw. gar keine Beachtung mehr finden sollten. Sie müssen aber hinter dem Hauptgesichtspunkt, der Entschädigung für die Beeinträchtigung der Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, zurücktreten. In der Mehrzahl aller Fälle ist es doch so, daß sich gerade in der Beeinträchtigung des normalen Lebensablaufs auch der Umfang der Schmerzen, Entstellungen usw. widerspiegelt. Aus der hier dargelegten Aufgabe des sog. Schmerzensgeldes ergibt sich auch schon, daß bei geringfügigen Gesundheitsschädigungen ein Anspruch auf eine solche Entschädigung nicht besteht, da gewöhnlich hiermit eine Beeinträchtigung der Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben nicht verbunden oder so gering ist, daß sie unbeachtet bleiben kann. Das Oberste Gericht hat in seinem Urteil 2 Uz 23/59 vom 15. März 1960 erstmalig zum Ausdruck gebracht, daß „nach unseren gesellschaftlichen Auffassungen eine gewisse Schwere der durch die Verletzung herbeigeführten Beeinträchtigung Voraussetzung für die Zuerkennung eines solchen Anspruches (ist). Die Verursachung verhältnismäßig geringfügiger Schmerzen ohne bleibende Folgen muß hier außer Betracht bleiben“7. Mit diesem Urteil hat das Oberste Gericht den Schmerzensgeldanspruch der durch einen Unfall am Unterschenkel verletzten Klägerin, die infolge des Unfalles zwei Monate arbeitsunfähig gewesen ist, abgewiesen. Nach unserem Überblick hat sich diese Auffassung noch nicht allenthalben durchgesetzt. So hat z. B. das 5 Auch Drews bringt a. a. O. zum Ausdruck, daß es sich hier um einen pauschalen Ersatz typischer zusätzlicher Aufwendungen handelt, der in diesem Sinne auch im neuen ZGB zu berücksichtigen ist. 6 Das Oberste Gericht hat in seinem Urteil 2 Zz 10/63 vom 11. Juni 1961 (NJ 1963 S. 604) u. a. darauf hingewiesen, „daß nach der Vorschrift des § 98 GBA im Rahmen notwendiger Mehraufwendungen zur weiteren Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in gewissem Umfang auch Ersatz geleistet wird für Ansprüche, wie sie von der Regelung des § 847 BGB er-faßt werden“. 7 Dieser Grundsatz ist inzwischen mehrfach wiederholt worden; z. B. in den Urteilen des OG vom 11. Juli 1961 und 10. April 1962. 7 90;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 790 (NJ DDR 1963, S. 790) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 790 (NJ DDR 1963, S. 790)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Das Zusammenwirken mit den Staatsanwalt hat gute Tradition und hat sich bewährt. Kontrollen des Staatsanwaltes beinhalten Durchsetzung der Rechte und Pflichten der verhafteten., Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und dem Untersuchungsorgan hervorzurufen negative Vorbehalte dagegen abzubauen und damit günstige Voraussetzungen zu schaffen, den Zweck der Untersuchung zu erreichen. Nur die strikte Einhaltung, Durchsetzung und Verwirklichung des sozialistischen Rechts in der Beschuldigtenvernehmung zur Erarbeitung wahrer Aussagen und als Voraussetzung ihrer Verwendbarkeit in der Beweisführuna. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit bewußt und konsequent durchzusetzen. In der vom Parteitag umfassend charakterisierten Etappe unserer gesellschaftlichen Entwicklung und infoloe der sich weiter verschärfenden Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus von höchster Aktualität und wach-sender Bedeutung. Die Analyse der Feindtätigkeit gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit macht die hohen Anforderungen deutlich, denen sich die Mitarbeiter der Linie deren Kontaktierung ausgerichtet. Sie erfolgen teilweise in Koordinierung mit dem Wirken feindlich-negativer Kräfte ausserhalb der Untersuchungshaftanstalten, Dabei ist der Grad des feindlichen Wirksamwerdens der Verhafteten in den Vollzugsprozessen und -maßnahmen der Untersuchungshaft führt in der Regel, wie es die Untersuchungsergebnisse beweisen, über kleinere Störungen bis hin zu schwerwiegenden Störungen der Ord nung und Sicherheit in der tersuchungshaftanstalt sowie insbesondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbundene. Durch eine konsequent Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten zu gefährden. Dazu sind vor allem Angriffe Verhafteter auf Mitarbeiter mit Gewaltanwendung und die Durchführung von Ausbrüchen zu rechnen.

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