Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 76

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 76 (NJ DDR 1963, S. 76); Nach unserer Meinung wäre auch im folgenden Fall die Entscheidung der Konfliktkommission erzieherisch wirkungsvoller gewesen als eine gerichtliche Verurteilung: Der siebzehnjährige Siegfried B. hatte im Mai 1962 einer Ärztin aus dem Beratungszimmer 50 DM entwendet, um seiner Freundin mit Geschenken imponieren zu können. B. wurde erst vier Monate nach seiner Straftat zu drei Monaten Freiheitsentzug bedingt verurteilt, d. h. zu der für Jugendliche geltenden Mindeststrafe. Wie in vielen anderen Jugendsachen kam es auch bei Siegfried B. besonders darauf an, seine Einstellung zur Arbeit, seine Arbeitsmoral und -diszi-plin zu verbessern. Gerade auf diesem Gebiet gilt es, die Konfliktkommissionen, wie überhaupt die Kraft der Gesellschaft stärker als bisher zur Erziehung jugendlicher Rechtsbrecher einzusetzen und so die Vielfalt der Möglichkeiten für eine gesellschaftliche Erziehung Jugendlicher zu nutzen. Fast alle Beratungen und Beschlüsse der Konfliktkommissionen zielen auf eine Veränderung in der Einstellung des Jugendlichen zur Arbeit hin und legen auf sachbezogene, konkret meßbare und kontrollierbare Selbstverpflichtungen Wert: So hatte sich beispielsweise der sechzehnjährige Peter N., der ein Motorrad des Volkseigenen Gutes F. unbefugt benutzt hatte, vor der Konfliktkommission seines Betriebes verpflichtet, einen achtstündigen Arbeitseinsatz im Volkseigenen Gut F. zu leisten, um auf diese Weise sein Vergehen wiedergutzumachen. Richtig und erzieherisch wirksam sind auch solche Ergebnisse der Beratungen von Konfliktkommissionen, die dazu führen, daß der Jugendliche sich schulisch und beruflich qualifiziert, ein engeres Verhältnis zu seiner Arbeit gewinnt und seine Freizeit sinnvoll gestaltet, sich der Arbeit gesellschaftlicher Organisationen anschließt u. a. m. Um dieses Ziel zu erreichen, finden wir häufig in den Beschlüssen der Konfliktkommissionen die Feststellung, daß sich ältere, erfahrene und andere vorbildliche Kollegen, z. B. Lehrausbilder, bereit erklären, dem einmal gestrauchelten Jugendlichen helfend zur Seite zu stehen. Allerdings sind jedoch auch Anzeichen dafür vorhanden, daß einige Konfliktkommissionen schematische Skalen von 10, 20, 100 Aufbaustunden ähnlich wie bei den von den Gerichten angeordneten Freizeitarbeiten entwickeln. Zweifellos gibt es nicht selten bei der Entscheidung über die Einstellung und Übergabe von Jugendsachen an die Konfliktkommissionen vielfältige und schwierige Probleme. Sie entstehen heute noch, wenn wie es häufig der Fall ist die Straftaten Jugendlicher in Mehrtäterschaft begangen worden sind, aber nicht in jedem Betrieb der Beschuldigten eine Konfliktkommission besteht; weiterhin dann, wenn der oder die Jugendliche vor der Beratung der Konfliktkommission das Arbeitsverhältnis löst und damit versucht, sich der gesellschaftlichen Erziehung zu entziehen. Bekanntlich ist die Fluktuation gerade bei Jugendlichen ein ernst zu nehmendes Problem. Schließlich entstehen solche Probleme auch dann, wenn der oder die Jugendliche trotz eindringlicher Aussprache im Arbeitskollektiv vor der Beratung der Konfliktkommission wieder in gleicher Weise straffällig wird, z. B. erneut Geld aus der Ladenkasse entwendet. Auch in solchen Fällen müssen in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit z. B. der Intensität und Schwere der Straftat bzw. des Tatbeitrags, der Persönlichkeit des Täters stets differenzierte Entscheidungen getroffen und muß die Kraft der Gesellschaft genutzt werden; jedoch wird es gerade hier oftmals notwendig sein, ein gerichtliches Verfahren durchzuführen, so beispielsweise dann, wenn es sich um einen Jugendlichen handelt, der bereits mehrfach seine Arbeitsstelle ge- wechselt oder sich besonders uneinsichtig gegenüber gesellschaftlichen Erziehungsmaßnahmen gezeigt hat. Es darf keine Schwächung der sozialistischen Gesetzlichkeit, keine Minderung des Schutzes unserer Rechtsordnung und der gesetzlichen Interessen der Bürger zugelassen werden. Einige spezifische Probleme der Übergabe Bei der Entscheidung über die Übergabe von Jugendsachen an die Konfliktkommissionen tauchen jedoch noch eine Reihe spezifischer Probleme auf, die u. E. sowohl unter dem Gesichtspunkt der geltenden als auch der künftigen gesetzlichen Regelung untersucht und geklärt werden müssen. Bekanntlich haben die Organe der Jugendhilfe im Rahmen des geltenden Jugendgerichtsgesetzes (§§ 35 und 40) umfangreiche Rechte zur Anordnung von Erziehungsmaßnahmen, wenn Jugendliche geringfügige Straftaten begangen haben. In dem Entwurf zu einem neuen Strafgesetzbuch und einer Jugendhilfe-Verordnung ist der Vorschlag enthalten, bei den Jugendhilfeorganen Ausschüsse zu bilden, die die Befugnis haben, über bestimmte Straftaten Jugendlicher zu beraten und zu entscheiden. Wann soll eine Jugendsache den Organen der Jugendhilfe zur Entscheidung übergeben werden? In Jugendsachen besteht bekanntlich die Pflicht der Strafverfolgungsorgane, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 JGG zu prüfen sowie eingehend die Erziehungssituation zu untersuchen. Eine solche Pflicht besteht natürlich auch dann, wenn Volkspolizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht beabsichtigen, das Verfahren einzustellen und die Sache einer Konfliktkommission zur Beratung und Entscheidung zu übergeben. Diese Prüfungspflicht bleibt unbedingtes Erfordernis der Gesetzlichkeit; liegen die Voraussetzungen des § 4 JGG bei einem jugendlichen Beschuldigten nicht vor, so ist keine Straftat gegeben. Im Interesse der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit sollte deshalb in all den Fällen, in denen Zweifel an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des jugendlichen Beschuldigten aus biologischen, psychologischen oder anderen Gründen bestehen, keine Übergabe an die Konfliktkommission vorgenommen werden, weil die Voraussetzungen für eine Übergabe der Sache nicht gegeben sind. Es ist unmöglich, eine Beratung der Konfliktkommission mit Gutachten und anderen Erklärungen von Sachverständigen zu belasten. Außerdem muß gerade in diesen Fällen dem jugendlichen Beschuldigten eine besondere pädagogische Hilfe geleistet werden. Diese spezifische Aufgabe obliegt den Organen der Jugendhilfe. Gleiches gilt auch für die Verfahren, bei denen besonders komplizierte Erziehungssituationen im Elternhaus angetroffen werden. In einigen Fällen können die Ermittlungen ergeben, daß der jugendliche Beschuldigte aus dem seine weitere Entwicklung gefährdenden Elternhaus genommen werden muß, d. h. die Einweisung in einen Jugendwerkhof oder ein anderes Heim erforderlich ist bzw. andere besondere pädagogisch wirksame Maßnahmen durch die Organe der Jugendhilfe ergriffen werden müssen. Auch in solchen Fällen wird entweder eine gerichtliche Verhandlung oder eine Übergabe an die Organe der Jugendhilfe notwendig sein. Es Ist nicht das Anliegen dieses Beitrags, die Aufgaben der Jugendhilfe im einzelnen darzulegen. Es muß jedoch hervorgehoben werden, daß es nicht darum geht, die Tätigkeit der Jugendhilfe auf die Behandlung pädagogisch besonders schwieriger Fälle einzuschrän- 3 3 Natürlich kann auch ln solchen Fällen eine Beratung der Konfliktkommission wegen des vorliegenden Moralverstoßes notwendig sein; nicht möglich ist aber die Übergabe durch die Strafverfolgungsorgane.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 76 (NJ DDR 1963, S. 76) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 76 (NJ DDR 1963, S. 76)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen- der Untersuchungshaftvoilzugsorduung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Dabei haben, solche Schwerpunkte im Mittelpunkt zu stehen, wie - Abstimmung aller politisch-operativen Maßnahmen, die zur Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Ges-etzlichkeit während des Strafverfahrens notwendig sind, allseitige Durchsetzung der Ordnungs- wind Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Beachtung der politisch-operativen Lage, Gewährleistung einer hohen inneren und äußeren Sicherheit des Untersuchungshaf tvollzuges in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit sowie bei wesentlichen Vollzugsmaßnahmen unter den gegenwärtigen und für die Zukunft absehbaren Lagebedingungen.

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