Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 677

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 677 (NJ DDR 1963, S. 677); Rechte der Bürger nur ungenügend geschützt werden. Diese Mängel zeigen sich bei den einzelnen Gerichten in verschiedenen Formen: Die Darlegungen der Parteien werden entgegengenommen, ohne Beweis darüber zu erheben, und zur Grundlage des Vergleichs oder der Entscheidung gemacht; es kommt zu Anerkenntnis- und Versäumnisurteilen, ohne daß der Sachverhalt aufgeklärt wird, und zu anderen Unzulässigkeiten. So bestritten z. B. in dem Verfahren I C 94/63 des Kreisgerichts Dessau wegen Schadensersatzes aus unbefugter Benutzung eines Lkw die Eltern eines jugendlichen Verklagten die Höhe der Reparaturkosten. Nach ihrer Meinung waren die Reparaturkosten so hoch, weil das Fahrzeug schon vor dem Unfall reparaturbedürftig gewesen sei. Da ihnen jedoch die technischen. Kenntnisse fehlten und sie nicht wußten, ob sie dieses Bestreiten aufrechterhalten und auf Beweiserhebung bestehen sollten, stellten sie keine Anträge. Daraufhin erging auf Antrag Versäumnisurteil. Darin heißt es: Die gesetzlichen Vertreter des Verklagten sind im Termin nicht erschienen bzw. haben keine Anträge gestellt.“ Abgesehen davon, daß diese Formulierung zum Teil falsch, ein Versäumnisurteil aber formell zulässig war, hätte das Gericht klären müssen, inwieweit die Argumente der Eltern des Verklagten eine Beweiserhebung notwendig machten. Es wurde lediglich die Rechnung des Klägers zugrunde gelegt und keinerlei Beweis erhoben, nicht einmal durch Parteivernehmung. Dieses Urteil verschafft nicht die Überzeugung, daß die Rechte des Verklagten gewahrt worden sind. In einem anderen Falle wurde gegen eine Bürgerin Klage auf Räumung erhoben mit der Begründung, die Inhaberin nutze die Wohnung zu Unrecht. Auf diese Klage erwiderte die Tochter der Verklagten, daß sie und nicht ihre Mutter die Wohnung nutze und beanspruche, die Klage also gegen sie zu richten sei. Diese Erwiderung wurde im Termin, zu dem weder die Verklagte noch die Tochter erschienen waren, verlesen, ohne daß das Gericht den Vertreter der Klägerin auf die Sachlage mit einer entsprechenden Belehrung aufmerksam machte. Auf Antrag erging Versäumnisurteil gegen die Verklagte. In den Gründen wird lediglich ausgeführt, daß auch die Tochter die Wohnung zu verlassen habe. Das Gericht hat nicht geprüft, ob es eines gerichtlichen Verfahrens bedurfte oder ob die Entscheidung in diesem Fall durch den Rat der Gemeinde als Wohnraumlenkungsbehörde hätte getroffen werden müssen. Es hat nicht einmal geprüft, wer der Wohnungs-inhaber war, der demnach für die Klage passiv legitimiert gewesen wäre. Es erging ein Urteil gegen die Mutter, die nach Mitteilung der Tochter nicht Besitzerin der Wohnung war, während die eigentliche Besitzerin nicht verklagt und im Urteilstenor nicht genannt war. Gleichwohl sollte das Urteil auch gegen sie gelten. Die von Klar aufgeworfene Frage, ob unter Berücksichtigung der neuen Aufgaben der Rechtsprechung an der gegenwärtigen Vergleichspraxis festgehalten werden könne, gewinnt besonders deshalb an Bedeutung, weil wiederholt festgestellt werden mußte, daß manche Richter glauben, mit einem Vergleich ein Verfahren schneller beenden zu können. Manche Richter rechnen es sich zur Ehre an, eine große Anzahl von Verfahren erledigt zu haben. Über das „Wie“ geben sie sich keine Rechenschaft. So wurde z. B. am Kreisgericht Halle-Süd von mehr als 40 Zivil- und Familienverfahren nur eines durch streitiges Urteil beendet, und sogar die Feststellung der Vaterschaft für ein nichteheliches Kind erfolgte durch Vergleich. In einigen Fällen werden Vergleiche allein auf der Grundlage der Darlegungen der Parteien abgeschlossen, ohne den Sachverhalt aufzuklären und notfalls Beweis zu erheben. Oder es gibt Vergleiche, die den Parteien in ihrer Bedeutung nicht klar sind und sie mit ihren Sorgen allein lassen, weil der Konflikt und seine Ursachen nicht beseitigt wurden. Das Bestreben, ein Verfahren schnell zu beenden, ist lobenswert; es darf aber niemals auf Kosten .der umfassenden Sachaufklärung und der Überzeugungskraft der Entscheidungen verwirklicht werden. Dazu gehört auch eine sorgfältige Verhandlungsführung und strikte Beachtung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen, z. B. der richtigen Protokollierung der Aussagen und Anträge. Es darf nicht Vorkommen, daß im Urteil getroffene Feststellungen nicht im Einklang mit den im Protokoll festgehaltenen Aussagen stehen. Solche Urteile können die Parteien nicht von der Richtigkeit der getroffenen Entscheidung überzeugen und das Vertrauen der Bevölkerung zur Tätigkeit des Gerichts nicht festigen. Dann nützt auch keine Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte, weil diese nicht in der Lage sein können, die erstrebte gesellschaftliche Wirksamkeit zu erreichen. Um auf dem Wege zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit schnell voranzukommen, ist es notwendig, die Einheit zwischen gerichtlicher und gesellschaftlicher Wirksamkeit zu sehen, d. h., die Trennung der Zivilverfahren von der außerhalb der Verfahren geleisteten erzieherischen gesellschaftlichen Tätigkeit schnellstens zu überwinden, sich in jedem Verfahren darüber klarzuwerden, ob und welche Möglichkeiten der Einbeziehung von Werktätigen oder der Zusammenarbeit mit staatlichen oder gesellschaftlichen Organen bestehen, und noch sorgfältiger den Sachverhalt zu erforschen, die Rechte der Bürger zu wahren und die Überzeugungskraft der Entscheidungen zu erhöhen. Nur so kann es gelingen, die Werktätigen zur Bekämpfung von Gesetzesverletzungen zu mobilisieren. GERHARD KRÜGER, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz Rechtsanwalt GERHARD HÄUSLER, Mitglied des Kollegiums der Rechtsanwälte von Groß-Berlin Zur Erziehungsfunktion der Eherechtsprechung Die gesellschaftliche Funktion der Ehe und Familie wird durch den Charakter unserer Gesellschaftsordnung bestimmt. Im Sozialismus ist die Ehe frei von ökonomischen Fesseln und von ökonomischer Ungleichheit. Zwischen Gesellschaft und Familie bestehen bei uns keine Gegensätze; dadurch werden auch die auf sozialen Ursachen beruhenden Gegensätze innerhalb der Familie überwunden1. 1 Vgl. Kuhrig. „Zur Entwicklung sozialistischer Famülen-beziehungen in der DDR“, Einheit 1962, Heft 8, S. 39. Das einzige ethische Motiv der Eheschließung kann nur die beiderseitige Liebe zwischen Mann und Frau sein. Die hauptsächliche soziale Funktion der sozialistischen Familie ist die Erziehung der Kinder2. Die Übereinstimmung der gesellschaftlichen und der persönlichen Interessen hinsichtlich der Ehe und der Familienverhältnisse besteht gerade darin, daß die Interessen jedes Ehepartners, seine Familienbeziehun- 2 Charts chew. „Die Familie und der Kommunismus“, Presse der Sowjetunion I960, Nr. 74, S. 1635. 677;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 677 (NJ DDR 1963, S. 677) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 677 (NJ DDR 1963, S. 677)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung treffen. Diese bedürfen unverzüglich der Bestätigung des Staatsanwaltes des Gerichts. Der Leiter und die Angehörigen der Untersuchungshaftanstalt haben im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie weiter ope rativ-technisch kontrolliert und weitergeleitet werden. Die Notwendigkeit der operativ-technischen Kontrolle, wie zum Beispiel mittels Schräglicht und andere Methoden, ergibt sich aus der Spurenlage. Derartige Informationen, durch die Spezialkommission beweiskräftig gesichert, haben sowohl auf die weitere Untersuchung als auch auf das taktische Vorgehen der Untersuchungsführer Einfluß.

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