Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 666

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 666 (NJ DDR 1963, S. 666); Durch diese Arbeitsweise wurde im Abbau 15 ein Zustand herbeigeführt, der im Falle eines Einsturzes den Bergarbeitern keinen Fluchtweg gelassen und der Rettungsmannschaft den Zutritt in den Abbau verwehrt hätte. Die Schwere dieses Verstoßes wird dadurch unterstrichen, daß ein solcher Zustand selbst noch nach dem Schmiedebacher Unfall geduldet wurde, bei dem neben der Abbaubesatzung auch drei Angehörige des Rettungskommandos ihr Leben einbüßten. Eine weitere Verletzung der Arbeitsschutzvorschriften ist das Verhalten der vorgenannten Angeklagten hinsichtlich des Besetzens alter Bohrlochpfeifen. Nach den Bestimmungen der EStBV (§ 281) dürfen stehengebliebene Pfeifen (Bohrlöcher) nur zur Beseitigung von Sprengstoffresten wieder geladen werden. Die Angeklagten tragen die Verantwortung dafür, daß im gesamten Betriebsteil Lehesten entgegen dem Gesetz die Bohrlochpfeifen nicht in der vorgeschriebenen Weise abgetan, sondern erneut zum Zwecke des Schießens besetzt wurden. Auch damit schufen sie einen sicherheitswidrigen Zustand. Dieser ergibt sich nicht nur aus der Gefahr, die mit dem Wiederbesetzen stehengebliebener Bohrlochpfeifen allgemein verbunden ist, sondern auch daraus, daß das erneute Abtun solcher Bohrlöcher, deren Ladung in den Klüften verpufft (ausge-büchste Schüsse), zum Aufreißen des Gebirges beitragen kann, wie sich dies beim zweiten Grubenunfall am 25. März 1963 in Lehesten gezeigt hat. Die Verteidigung hat eingewendet, daß unter Bohrlochpfeifen nur der nach dem Abtun stehengebliebene Teil eines Bohrloches zu verstehen sei. Sie stützt sich dabei auf eine Stellungnahme des Instituts für Grubensicherheit und Arbeitsschutz der Bergakademie Freiberg vom 20. August 1963. Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen P. an, wonach jedes ganz oder teilweise stehengebliebene Bohrloch als Bohrlochpfeife im Sinne der EStBV angesehen werden muß. Diese Auffassung entspricht dem Sinn der genannten Bestimmung, da sich die Gefahr, unabhängig davon, ob das Bohrloch ganz oder nur teilweise stehengeblieben ist, daraus ergibt, daß möglicherweise nach dem Schießen Sprengstoffreste Zurückbleiben, die im Falle der erneuten Besetzung des Bohrloches eine nicht voraussehbare Wirkung erzielen können. Auch daraus geht hervor, daß die Angeklagten zwar auf die Erhöhung der Förderung bedacht waren, diesem Ziel jedoch die Sicherheit der Bergarbeiter unterord-nelen. - Eine weitere Pflichtverletzung des Angeklagten Lu. besteht darin, daß er dem Junghauer H. den Auftrag erteilte, im Abbau 15 unter einem angeschossenen, nicht mehr fest mit der Firste verbundenen Blatt ein weiteres Bohrloch einzubringen. Daß die Weisung des Angeklagten Lu. nicht ausgeführt wurde, ist das Verdienst des Schießhauers He., der dem Junghauer diese Arbeiten untersagte. Ihm als Bergarbeiter stand die Sicherheit seiner Kollegen höher als dem Angeklagten Lu. als Aufsichtsperson. Das Bezirksgericht hat das Verhalten der Angeklagten, soweit es die nicht pflichtgemäße Prüfung der Mächtigkeit der Schwebe im Abbau 15 und die unterlassene Feststellung des CO-Gehalts betrifft, als Ordnungswidrigkeit nach § 32 ASchVO und die übrigen Pflichtverletzungen nach § 31 ASchVO beurteilt. Diese Auffassung ist fehlerhaft. Jede Verletzung der Bestimmungen über den Gesund-heits- und Arbeitsschutz oder von Auflagen, die entsprechend der ASchVO erteilt worden sind, beinhaltet die Möglichkeit der Herbeiführung einer Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der Werktätigen. Dem Bezirksgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß ein Verstoß nach § 31 ASchVO dann vorliegt, wenn der für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen Verantwortliche durch Verletzung seiner Pflichten schuldhaft eine solche Gefahr tatsächlich herbeigeführt hat. Liegen indessen Pflichtverletzungen vor, ohne daß diese nachweisbar zu einer Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der Werktätigen im Betrieb geführt haben, so kann eine Bestrafung gemäß § 32 ASchVO durch Ordnungsstrafbescheid erfolgen. Das Bezirksgericht hat jedoch übersehen, daß die Bestimmungen der ASchVO, die im allgemeinen für alle Bereiche der Volkswirtschaft gelten, im vorliegenden Falle nicht anwendbar sind. Für die technische Sicherheit in Bergbaubetrieben gelten die speziellen Bestimmungen der Verordnung über die Oberste Bergbehörde vom 12. Mai 1960 (GBl. I S. 386). Nach § 14 dieser Verordnung wird bestraft, wer vorsätzlich den Bestimmungen über die technische Sicherheit in Bergbaubetrieben oder einer auf Grund dieser Verordnung ergangenen Anweisung oder Verfügung der Bergbehörden zuwiderhandelt und dadurch die Sicherheit im Bergbau gefährdet. Das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung ist bereits dann erfüllt, wenn durch Pflichtverletzungen eines für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen Verantwortlichen schuldhaft ein Zustand der Unsicherheit oder Ungewißheit darüber, ob ein Gefahrenzustand vorhanden ist, herbeigeführt wurde. Auch die später getroffene Feststellung, daß durch die Pflichtverletzungen eine Gefahr tatsächlich nicht herbeigeführt worden ist, ist deshalb bei der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit des § 14 der Verordnung über die Oberste Bergbehörde unbeachtlich. Sämtliche Pflichtverletzungen der Angeklagten hätten somit nach dieser Bestimmung beurteilt werden müssen. Dem Bezirksgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es die Angeklagten Lu. und W. nicht wegen fahrlässiger Tötung verurteilt hat. Die vom Bezirksgericht hierzu vertretene Auffassung widerspricht der in der sozialistischen Strafrechtslehre und -praxis entwickelten Kausalitätstheorie. Sie führt im Ergebnis zu einer lebensfremden, undialektischen Betrachtungsweise, durch die Teile eines einheitlichen Geschehensablaufes aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang herausgelöst und von diesem isoliert werden. Der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung und deren Folgen kann nicht deshalb verneint werden, weil außer den festgestellten Pflichtverletzungen möglicherweise weitere Ursachen in Betracht gezogen werden müssen. Ein fahrlässiges, für den eingetretenen Erfolg ursächliches Handeln liegt dann vor, wenn der Täter schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten, zu deren Einhaltung er nach dem Gesetz auf Grund objektiver Umstände oder seiner gesellschaftlichen Stellung verpflichtet war, verletzt und dadurch für die Gesellschaft oder den einzelnen nachteilige Folgen herbeigeführt hat. Der Angeklagte Lu. hat am 22. März den Abbau 15 befahren und dabei festgeslellt, daß durch das vorangegangene Schießen das gesamte Blatt aufgerissen war. Die davon ausgehende Gefahr, die durch das Wegfallen der Stöße noch erhöht wurde, hätte für ihn Veranlassung sein müssen, im Interesse der Sicherheit der Abbaubesatzung konkrete Maßnahmen . einzuleiten, zumal ihm bekannt war, daß der Abbau 15 durch den nichtqualifizierten Steiger W., den er anzuleiten hatte, überwacht wurde. Der Angeklagte hat jedoch weder die Abbaubesatzung auf die von diesem aufgerissenen Blatt ausgehende Gefahr hingewiesen noch konkrete Weisungen zur Gewährleistung der Sicherheit beim Hereingewinnen dieser Gesteinspartie erteilt. In dieser Hinsicht hat er auch den Mitangeklagten W., der wie bereits hervorgehoben wurde über keine Erfahrungen im Untertagebau verfügte, nicht unterstützt und angeleitet. Hinzu kommt, daß sich der Angeklagte Lu. auch;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 666 (NJ DDR 1963, S. 666) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 666 (NJ DDR 1963, S. 666)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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