Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 648

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 648 (NJ DDR 1963, S. 648); Beim Kreisgericht Merseburg mußte beispielsweise eine Hauptverhandlung unterbrochen werden, weil der Betrieb dem schriftlichen Ersuchen, einen Vertreter des Kollektivs zu entsenden, nicht Folge geleistet hatte. Das Gericht ging erneut den bürokratischen Weg und schrieb nochmals an den Betrieb. Zum zweiten Hauptverhandlungstermin erschien trotz des Schreibens erst nach telefonischer Aufforderung ein Leumundszeuge, aber kein Vertreter des Kollektivs. Das Gericht suchte die Ursachen für diese Erscheinungen nicht in der eigenen Arbeitsweise und der des Untersuchungsorgans sowie der Staatsanwaltschaft, sondern erließ einen Kritikbeschluß an die Adresse der Kaderabteilung des betreffenden VEB. Richligerweise hätte das Gericht im Eröffnungsverfahren die Arbeit des Untersuchungsorgans und der Staatsanwaltschaft kritisieren müssen, weil diese das Kollektiv nicht in das Ermittlungsverfahren einbezogen und keinen Vertreter des Kollektivs gehört hatten. Eine ähnlich mangelhafte Arbeitsweise zeigte sich in einem anderen Verfahren. Hier erschien ein Vertreter des Wohnbezirksausschusses der Nationalen Front; er konnte aber keinerlei Angaben zur Persönlichkeit der Täterin machen. Die Ladung war durch ein Schreiben erfolgt, in dem vermerkt war, daß er zur Hauptverhandlung gegen die Angeklagte X. zu erscheinen habe. Eine Beratung im Wohnbezirksausschuß hatte was bei dieser Verfahrensweise nicht anders zu erwarten war nicht stattgefunden. In diesem Fall begnügte sich das Gericht mit den Angaben der Angeklagten und einer Tatzeugin. Von einer umfassenden Aufdeckung der Straftat in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang und einer maximalen Wirksamkeit konnte deshalb keine Rede sein. Für die guten Erfahrungen, die bei der Einbeziehung der Vertreter der Kollektive in das Strafverfahren gesammelt wurden, sei stellvertretend für viele Beispiele das folgende kurz dargelegt: Das Kreisgericht Köthen führte vor erweiterter Öffentlichkeit ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung und Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen durch. Durch das Auftreten der Vertreter des Kollektivs war es möglich, die Umstände der Straftat und nicht zuletzt die Versäumnisse der für den Arbeitsschutz Verantwortlichen umfassend aufzudecken und die Basis für die Durchsetzung der Arbeitsschutzbestimmungen zu schaffen. Der AGL-Vor-sitzende als Vertreter des Kollektivs erklärte, daß er den Angeklagten schon seit 14 Jahren kenne und deswegen zur Einschätzung der Persönlichkeit besonders in der Lage sei. In Gesprächen betonten die Arbeiter des Betriebes, daß sie aus diesem Strafverfahren viel für ihre Arbeit und ihr Leben gelernt hätten. Vom gesamten Arbeitskollektiv wird nunmehr eine strenge Kontrolle über die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen durchgeführt. Die Fragen des Arbeitsschutzes sind fester Bestandteil der Leitungstätigkeit der Funktionäre des Betriebes und der Gewerkschaft geworden. Vertreter können aus jedem Kollektiv, mit dem der Angeklagte verbunden ist, entsandt werden. Im Rechtspflegeerlaß heißt es, daß „Vertreter von sozialistischen Brigaden, Hausgemeinschaften oder anderen Kollektiven“ geladen werden sollen. Ist der Angeklagte berufstätig, so sollte immer ein Vertreter seines Arbeitskollektivs im Ermittlungsverfahren gehört und zur Hauptverhandlung geladen werden. Daneben kann unter Umständen die Vernehmung eines Vertreters der Hausgemeinschaft erforderlich sein. Übt der Angeklagte besondere gesellschaftliche Funktionen aus, z. B. in einer Sportgemeinschaft, so kann auch die Beauftragung eines Vertreters durch diese zweckmäßig sein. Für diese neuen Formen der Mitwirkung der Werktätigen im Strafverfahren kann kein starres Schema ent- wickelt werden. Es kommt nicht wie manche Gerichte meinen auf eine Vielzahl von Vertretern in einem Strafverfahren an, sondern auf die Mitwirkung des richtigen Vertreters, der gestützt auf die Auseinandersetzung im Kollektiv dessen Auffassungen vorträgt. Ein Vortrag von Werturteilen reicht nicht aus. Die Einschätzung des Kollektivs muß auf Fakten gestützt werden; nur dann hilft sie dem Gericht bei der Lösung seiner Aufgaben und bei der Erforschung der objektiven Wahrheit. Bei einer echten Auseinandersetzung im Kollektiv wird es immer um bestimmte Ereignisse und Handlungen des Angeklagten gehen. Auf solche kritischen Auseinandersetzungen sind die Kollektive zu lenken. Die Auswahl eines Vertreters des Kollektivs ist ein Ausfluß des Rechts und der Pflicht der Bürger zur Mitgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ohne ins Administrieren zu verfallen, können die Untersuchungsorgane, die Staatsanwaltschaft und das Gericht die Beauftragung eines Vertreters des Kollektivs verlangen. Dies gilt aber nicht für die Beauftragung eines gesellschaftlichen Anklägers bzw. Verteidigers, wie im weiteren noch darzulegen ist. Am günstigsten hat sich erwiesen, wenn das Untersuchungsorgan das Kollektiv in einer Aussprache über den wesentlichen Sachverhalt informiert und um die Beauftragung eines Vertreters ersucht. Schriftliche Aufforderungen sind zur Mobilisierung der gesellschaftlichen Kräfte wenig geeignet. Das Kollektiv selbst und nicht die Organe der Strafrechtspflege wählt aus seinen Reihen den Vertreter aus. Der Vertreter des Kollektivs hat im Unterschied zum Zeugen das Recht und die Pflicht zur ununterbrochenen Anwesenheit in der Hauptverhandlung. Die Bestimmungen über die Vernehmung von Zeugen, insbesondere über die Wahrheitspflicht, die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens und über die Aussageverweigerung, gelten entsprechend, d. h. unter Berücksichtigung der Doppelfunktion des Vertreters des Kollektivs. Wenn wir auch der Auffassung sind, daß eine Vereidigung nicht in Frage kommt, so halten wir doch die Belehrung hinsichtlich der Folgen vorsätzlicher falscher Aussagen für erforderlich. Die Aufgaben des Vertreters des Kollektivs enden nicht mit der Hauptverhandlung. Sie beginnen mit der Beauftragung und münden in die Auswertung des Verfahrens, in die aktive Mitwirkung bei der Beseitigung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftat. Darin unterscheidet sich der Vertreter des Kollektivs vor allem vom Leumundszeugen. Zur Mitwirkung von gesellschaftlichen Anklägern und gesellschaftlichen Verteidigern Die Funktion gesellschaftlicher Ankläger und Verteidiger Das Ziel der Mitwirkung von gesellschaftlichen Anklägern bzw. Verteidigern wurde von L ü b c h e n , Naumann und Oehmke2 u. E. zutreffend und ausführlich dargelegt. Im Unterschied zum Vertreter des Kollektivs besteht für die Mitwirkung von gesellschaftlichen Anklägern bzw. Verteidigern nur in bestimmten Strafverfahren Veranlassung. An ihre Zulassung sind gewisse Anforderungen zu stellen, ohne dabei jedoch in eine kleinliche Einengung zu verfallen. Gesellschaftliche Ankläger bzw. Verteidiger haben in der Hauptverhandlung eine aktive Rolle auszuüben, die in ihrem Wesen der Aufgabe einer Prozeßpartei entspricht. 2 I.übchen/Naumann/Oehmke, „Erste Erfahrungen über das Auftreten gesellschaftlicher Ankläger und Verteidiger“, NJ 1963 S. 623 fl.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 648 (NJ DDR 1963, S. 648) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 648 (NJ DDR 1963, S. 648)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren sind die Anstrengungen zur weiteren Vervollkommnung der diesbezüglichen Leitungsprozesse vor allem zu konzentrieren auf die weitere Qualifizierung und feiet ivisrung der Untersuchungsplanung, der Erziehung und Befähigung der ist auch in der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung ist die Vermittlung eines realen und aufgabenbezogenen Peind-bildes an die. Das muß, wie ich das wiederholt auf zentralen Dienstkonfefenzen forderte, innerhalb der Erziehung und Befähigung von Untersuchungsführern und der Kontrolle von Ermittlungsverfahren. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der konkreten Arbsitsaufgaben, der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers verbundenen An forderungen zu bewältigen. Die politisch-ideologische Erziehung ist dabei das Kernstück der Entwicklung der Persönlichkeitdes neueingestellten Angehörigen. Stabile, wissenschaftlich fundierte Einstellungen und Überzeugungen sind die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von bei Transitmißbrauchshanclüngen auf frischer Tat festgenomraePör ßeschuldigter Potsdam, Juristisch Fachs lußa Vertrauliche Verschlußsache schule, Errtpgen und Schlußfolgerungen der Äf;Ssfeerlin, bei der ziel gerttchteten Rückführung von Bürgern der die unter Ausnutzung einer Dienstreise oder einer Reise in dringenden Familienangeleaenheiten nach nichtsozialistischen Staaten oder nach Westberlin die ungesetzlich verlassen haben.

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