Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 540

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 540 (NJ DDR 1963, S. 540); b) in einem geringen Alter des Täters (22 Jahre!) (Stadtgericht Groß-Berlin 102 c BSB 129/62 ), c) im eingeschränkten ehelichen Verkehr (Stadtgericht Groß-Berlin - 102 c BSB 129/62 -), d) in der kurzen Dauer der Unzuchtshandlung und der durch äußere Einflüsse bedingten Abstandnahme von der weiteren Tatfortsetzung (KrG Seelow/Mark - S 2/63 -), e) im Nichteintritt nachteiliger Folgen bei dem geschädigten Kind (KrG Seelow/Mark S 2/63 ). Mildernde Umstände sind nur solche objektiven oder subjektiven Umstände der strafbaren Handlung, die sich unmittelbar auf die Straftat beziehen. So hat das Kreisgericht Rochlitz im Verfahren gegen einen Jugendlichen (S 26/63) richtigerweise das Vorliegen mildernder Umstände bejaht. Der 16jährige Jugendliche, der sich bisher den Mädchen und Frauen gegenüber ordentlich verhalten und noch keine geschlechtlichen Beziehungen zu Frauen unterhalten hatte, folgte abends der Geschädigten. Er faßte sie an, verlangte, daß sie ihn küssen solle und drängte sie, als sie dieses Ansinnen ablehnte, an eine Mauer. Er drückte seinen Körper gegen sie und faßte nach ihrem Geschlechtsteil. Durch die Gegenwehr der Frau und weil er ein Auto kommen hörte, ließ er von ihr ab. Die Feststellung, daß die Intensität der Handlung in bezug auf die Gewaltanwendung gering und sein Verhalten vor der Tat, insbesondere im Umgang mit Frauen, moralisch sauber war, führte zur überzeugenden Begründung mildernder Umstände. Den bereits genannten fehlerhaften Auffassungen ist das Oberste Gericht mit seinen Entscheidungen wiederholt entgegengetreten. So hat es mehrfach ausgesprochen, daß die Gründe des §51 Abs. 2 StGB keine mildernden Umstände sind; daß z. B. nicht die Zeitdauer des Delikts, sondern der gesamte Geschehensablauf und die Intensität der unzüchtigen Handlung die Tiefe des schädigenden Erlebens bei einem Kind bestimmen; daß die Auswirkungen von an Kindern verübten Sexualdelikten in den seltensten Fällen im vollen Umfange überblickt werden können, dabei aber immer zu beachten ist, daß diese Straftaten generell die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung auf die Psyche des Kindes in sich bergen. Gleichwohl sind aber, wie sich auch aus den Einschätzungen der Rechtsprechung auf diesem Gebiet durch die Bezirksgerichte Berlin, Frankfurt (Oder) und Karl-Marx-Stadt ergibt, diese fehlerhaften Auffassungen noch nicht überwunden. 3. Grundsätzlich bemühen sich die Gerichte ernsthaft und mit Erfolg, die Grundsätze des Rechtspflegeerlasses zu verwirklichen und alle Umstände der Tat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen und der Persönlichkeit des Täters aufzuklären. So kommen sie auch im allgemeinen zu richtigen Ergebnissen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß teilweise keine exakte Feststellung des Tatbestandes erfolgt. So erkannte im Verfahren gegen H. das Kreisgericht Karl-Marx-Stadt (Land) S 16/63 wegen Unzucht mit Kindern auf Freispruch, ohne daß der zur Beurteilung stehende Sachverhalt umfassend aufgeklärt worden ist. Auf Grund des gegen diese Entscheidung eingelegten Protestes der Staatsanwaltschaft verurteilte das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt den H. gemäß § 176 Abs. 1 Ziff. 3 StGB zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr, ohne daß durch eine allseitige Aufklärung des Sachverhalts die Tatbestandsmäßigkeit exakt begründet werden konnte. Derartige Mängel in der Durchführung von Verfahren auf dem Gebiete der Gewalt- und Sexualverbrechen verletzen in gleicher Weise wie die anderen genannten groben Fehler die Grundsätze des Staatsratserlasses. Im Verfahren gegen H. weist das Oberste Gericht deshalb darauf hin, daß der entschiedene Kampf gegen solche Verbrechen, die eine große Gefahr für die sittlich-moralische Entwicklung der Kinder und darüber hinaus für die moralischen Beziehungen der Menschen zueinander mit sich bringen und von bedeutender moralischer Verwerflichkeit sind, in besonderem Maße die Notwendigkeit vollständiger Sachaufklärung, insbesondere die Erforschung der Ursachen und Bedingungen der Straftat, der Persönlichkeit des Täters und die genaue Beachtung des gesetzlichen Tatbestandes erfordert. Richtig hat z. B. das Bezirksgericht Rostock den Freispruch im Verfahren 2 BSB 64/63 (NJ 1963 S. 435) begründet. Das Kreisgericht hatte den Angeklagten wegen Notzucht gemäß § 177 Abs. 1 und 3 StGB zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, ohne den Sachverhalt konkret aufzuklären und die Tatbestandsmäßigkeit genau zu prüfen. Aus den negativen Beurteilungen der Täterpersönlichkeit hat das Kreisgericht Schlußfolgerungen für das Tatgeschehen gezogen, obwohl diese nicht durch objektive tatbestandsmäßige Feststellungen bestätigt wurden. 4. Die Gründe für die vorstehend genannten Mängel liegen darin, daß noch nicht alle Richter die erforderliche ideologische Klarheit über die Bedeutung derartiger Verbrechen und ihre schwerwiegenden Folgen für die sozialistische Gesellschaft und den einzelnen haben. Sie betrachten sie deshalb auch nicht als schwere Verbrechen im Sinne des Staatsratserlasses, obwohl auch das Oberste Gericht wiederholt auf ihre hohe Gefährlichkeit hingewiesen hat. Sie bemühen sich noch zu wenig, die ganze Kompliziertheit der in diesen verbrecherischen Handlungen zum Ausdruck kommenden gesellschaftlichen Zusammenhänge und die ideologischen Ursachen der Gewaltverbrechen aufzudecken. Diese Ursachen liegen in aller Regel darin, daß es die Täter von Gewaltverbrechen und Sittlichkeitsdelikten an der Achtung vor dem Leben, der Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit und Menschenwürde anderer Bürger, insbesondere auch an Verantwortung für junge Menschen fehlen lassen. II Aus den Einschätzungen der Bezirke geht hervor, daß es in einigen Verfahren gelungen ist, gesellschaftliche Kräfte einzubeziehen und Maßnahmen festzulegen, um Ursachen und begünstigende Bedingungen zu beseitigen. Das trifft besonders bei Verletzungen von gesellschaftlichem Eigentum zu. Bei Gewaltverbrechen kann das jedoch noch nicht im gleichen Maße gesagt werden. Den Gerichten fällt es in diesen Verfahren besonders schwer, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen dieser Straftaten zu erkennen und aufzudecken, und deshalb sind sie noch nicht in der Lage, gesellschaftlich wirksame Maßnahmen festzulegen. Die Gerichte müssen erreichen, daß im konkreten Verfahren die Ursachen, Motive und begünstigenden Bedingungen festgestellt werden. Sie müssen auch die Erscheinungsformen dieser Delikte analysieren und die für die Rechtsprechung und die Tätigkeit der örtlichen Organe sowie gesellschaftlichen Organisationen erforderlichen Schlußfolgerungen zur wirksamen Bekämpfung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen derartiger Straftaten ziehen. Das gilt nicht nur für die Verfahren, die mit einer Verurteilung des Täters zu einer unbedingten oder bedingten Freiheitsstrafe enden, sondern ist grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn das Verfahren durch das Gericht nach den im Gesetz vorgesehenen Gründen eingestellt wird (z. B. wegen Ausschlusses der strafrechtlichen Verantwortlichkeit). Das Nichtvorliegen der 5 40;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 540 (NJ DDR 1963, S. 540) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 540 (NJ DDR 1963, S. 540)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung nicht bestätigt. Gerade dieses stets einzukalkulierende Ergebnis der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung begründet in höchstem Maße die Anforderung, die Rechtsstellung des Verdächtigen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit herauszuarbeiten. Möglich!:eiten der politisch-operativ effektiven Nutzung der Regelungen des für die Ingangsetzung eines Prüfunnsverfahrens durch die Untersuchunosoroane Staatssicherheit. Die Durchführung eines strafprozessuslen Prüfuncisverfahrar. durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in Ermittlungsverfahren mit Haft bearbeiteten Personen hat eine, wenn auch differenzierte, so doch aber feindlieh-negative Einstellung. Diese feindlich-negative Einstellung richtet sich gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch vorliegt - als Ordnungswidrigkeit zügig und mit angemessener Ordnungsstrafe verfolgt werden. Nach wie vor werden die entsprechenden Genehmigungen durch das Ministerium des Innern, die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchunqshaftanstalt. Bei der Gewährleistung der allseitigen Sicherheiter Unter- tivitäten feindlich-negativer Personen sind die potenzenaer zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei oder der Nationalen Volksarmee oder anderen Übernahme Übergabesteilen. Der Gefangenentransport erfolgt auf: Antrag des zuständigen Staatsanwaltes, Antrag des zuständigen Gerichtes, Weisung des Leiters der Abteilung. Der Leiter hat sich vor der Vorführung von Inhaftierten zu Arztvorstellungen und medizinischen Behandlungen mit der Untersuchungsabteilung zu konsultieren.

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