Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 493

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 493 (NJ DDR 1963, S. 493); schloß, gab Richtern und Staatsanwälten ausdrücklich Generalvollmacht zur Abweichung von der Strafprozeßordnung, „wo dies zur schnellen und nachdrücklichen Durchführung des Verfahrens zweckmäßig“ erschien, und ließ das standgerichtliche Verfahren zu* wobei außer der Todesstrafe ausdrücklich die „Überweisung an die Geheime Staatspolizei“ als Strafe vorgesehen war. Als wesentliche materielle Bestimmungen der Verordnung sind zu nennen: 1. Polen und Juden werden mit dem Tode bestraft, wenn sie gegen einen Deutschen wegen seiner Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum eine Gewalttat begehen. 2. Sie werden mit dem Tode, in minderschweren Fällen mit Freiheitsstrafe bestraft, wenn sie durch gehässige oder hetzerische Betätigung eine deutschfeindliche Gesinnung bekunden, insbesondere deutsch-feindliche Äußerungen machen oder öffentliche Anschläge deutscher Behörden oder Dienststellen abreißen oder beschädigen, oder wenn sie durch ihr sonstiges Verhalten das Ansehen oder das Wohl des Deutschen Reiches oder des deutschen Volkes herabsetzen oder schädigen. 3. Sie werden mit dem Tode, in minderschweren Fällen mit Freiheitsstrafe bestraft, a) wenn sie gegen einen Angehörigen der deutsehen Wehrmacht oder ihres Gefolges, der deutschen Polizei einschließlich ihrer Hilfskräfte, des Reichsarbeitsdienstes, einer deutschen Behörde oder einer Dienststelle oder Gliederung der NSDAP eine Gewalttat begehen; b) wenn sie Einrichtungen der deutschen Behörden oder Dienststellen oder Sachen, die deren Arbeit oder dem öffentlichen Nutzen dienen, vorsätzlich beschädigen; c) wenn sie zum Ungehorsam gegen eine von den deutschen Behörden erlassene Verordnung oder Anordnung auffordern oder anreizen. Ausdrücklich wurde hervorgehoben, daß Polen und Juden auch dann bestraft werden sollten, wenn sie gegen die deutschen Strafgesetze verstießen oder eine Tat begingen, die „gemäß dem Grundgedanken eines deutschen Strafgesetzes nach den in den eingegliederten Ostgebieten bestehenden Staatsnotwendigkeiten“ Strafe verdiente. Die Verordnung schrieb zwingend vor, daß auf Todesstrafe zu erkennen war, wo das Gesetz sie androhte. Selbst wo das Gesetz Todesstrafe nicht vorsah, war sie nach der Verordnung zu verhängen, „wenn die Tat von besonders niedriger Gesinnung zeugt oder aus anderen Gründen besonders schwer ist; in diesen Fällen ist Todesstrafe auch gegen jugendliche Schwerverbrecher zulässig“. Die Schlußvorschriften besagten u. a.: „Polen im Sinne der Verordnung sind Schutzangehörige und Staatenlose polnischen Volkstums.“ Im Kommentar zu dieser Legaldefinition wird ausdrücklich auf § 7 der Verordnung vom 4. März 1941 verwiesen, die vom Angeklagten ausgearbeitet worden ist. In der dem Entwurf beigegebenen Begründung heißt es unter anderem: „Der Entwurf zieht die strafrechtlichen Folgerungen aus der staatsrechtlichen Sonderbehandlung, welche die Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten durch die Verordnung über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit vom 4. März 1941 erfahren haben. Er gestattet ein Sonderstrafrecht für Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten, das die Möglichkeit gibt, in allen geeigneten Fällen auch schärfste Strafen anwenden zu können, und das verfahrensrechtlich durch höchste Schnelligkeit gepaart mit sofortiger Vollstreckbarkeit des Urteils gekennzeichnet ist. Durch die Verordnung soll die Strafrechtspflege in die Lage versetzt werden, an der Verwirklichung der politischen Ziele des Führers in den eingegliederten Ostgebieten tatkräftig mitzuarbeiten.“ Unter Berufung auf diese Verordnung fällten faschistische Blutrichter Tausende Mordurteile. So hat das Sondergericht II in Kattowitz am 15. August 1942 in der Strafsache gegen Bolek und andere vier polnische Bürger nach Artikel I Abs. 3 der Polenstrafrechtsverordnung zum Tode verurteilt, weil sie polnischen Landwirten, die ausgesiedelt wurden, ihren Viehbestand aber restlos zurücklassen mußten, kurz vor der Aussiedlung Vieh abgekauft hatten. Welche Bedeutung in diesem Zusammenhang die Deutsche Volksliste hatte, ist aus den Gründen dieses Urteils ersichtlich. Darin heißt es unter anderem: „Sämtliche vorstehenden Angeklagten gehören dem polnischen Volkstum an. Dies gilt auch für den Angeklagten Roman Palka. Dieser hat zwar am 6. August 1942, also am Tage vor Beginn der Hauptverhandlung, einen Antrag auf Eintragung in die Deutsche Volksliste gestellt. Der Antrag ist verspätet und dient offenbar nur zur Verschleppung des Verfahrens. Nach einer Auskunft der Zweigstelle der Deutschen Volksliste ist Roman Palka nach den vorhandenen Unterlagen als Pole anzusehen. Die beiden Angeklagten Siwinski haben gleichfalls einen Antrag auf Aufnahme in die Deutsche Volkslisle gestellt. Die Aufnahme ist aber abgelehnt worden.“ Die Todesurteile sind vollstreckt worden. Auch die Mehrzahl der übrigen Verurteilten wurden ermordet. So wurde der Landwirt Roman Palka, der zu sechs Jahren Straflager verurteilt worden war, in das Konzentrationslager Auschwitz gebracht, wo er umkam. Der Bergarbeiter Josef Gucik, der zu einem Jahr einfachen Straflagers verurteilt worden war, der aber, wie es in den Vollstreckungsakten heißt, „für die Arbeiten in der Julienhütte nicht geeignet“ war, „verstarb“ im Stammlager Sosnowitz „infolge körperlicher Erschöpfung“ am 27. Dezember 1942. Auch die Verurteilten Lowiec und Boba „verstarben“ bereits am 6. Dezember 1942 bzw. am 9. Januar 1943. Uber die Durchführung dieses Prozesses vor dem Sondergericht in Kattowitz und über die Bedeutung, die die Eintragung oder Nichteintragung in die Deutsche Volksliste dabei und auch im übrigen hatte, haben die Zeugen Siwinska, Kowalczyk, Brozek und Palka vor dem Obersten Gericht ausgesagt. Sie schilderten, wie einige der vor dem Sondergericht ange-klagten Polen versucht hatten, in die Deutsche Volksliste aufgenommen zu werden, weil sie wußten, daß sie dann eine humanere Behandlung erfahren oder gar nicht angeklagt werden würden. Die Zeugin Kowalczyk, deren Mann in diesem Prozeß zum Tode verurteilt worden war, wurde ebenfalls vernommen und, da sie „nur Polin“ war, trotz ihres schwangeren Zustandes schwer mißhandelt, well sie sich nicht in die Deutsche Volksliste eintragen ließ. Sie wurde schließlich verurteilt, weil sie ihrer Cousine, die auch nicht in die Deutsche Volksliste eingetragen war und deshalb nur geringe Lebensmittelzuteilungen erhielt, ein Kilo Fleisch gegeben hatte. Sie konnte später feststellen, daß in den Gefängnissen, in denen sie sich befand, diejenigen Polen, die sich nicht in die Volksliste hatten eintragen lassen, schlechter behandelt wurden als die anderen. Sie erhielten eine wesentlich schlechtere Verpflegung, wurden bei den geringsten Anlässen grundlos geschlagen und mißhandelt und mußten außerdem besonders schwere Arbeit verrichten. Die Polen, die nicht in die Deutsche Volksliste eingetragen waren, erhielten nicht nur weitaus geringere Lebensmittelzuteilungen als die anderen, sondern waren auch fast völlig rechtlos. Sie mußten außerdem ständig befürchten, ausgesiedelt zu werden. 493;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 493 (NJ DDR 1963, S. 493) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 493 (NJ DDR 1963, S. 493)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, insbesondere durch operative Kontroll- und Voroeugungsmabnahmen, einen Übergang von feindlichnegativen Einstellungen zu feindlieh-negativen Handlungen frühzeitig zu verhindern, bevor Schäden und Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf sozialen Ebene der Vorbeugung feindlich-nega und Handlungen der allgemein tiver Cinsteilun-. Das Staatssicherheit trägt auf beiden Hauptebenen der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen in Rahnen der politisch-operativen Tätigkeit Staatssicherheit Theoretische und praktische Grundlagen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und begünstigenden Bedingungen wurden gründlich aufgedeckt. Diese fehlerhafte Arbeitsweise wurde korrigiert. Mit den beteiligten Kadern wurden und werden prinzipielle und sachliche Auseinandersetzungen geführt. Auf der Grundlage einer exakten Ursachenermittlung und schnellen Täterermittlung zu erkennen und aufzudecken. Auf der Grundlage einer ständig hohen Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter und einer hohen Qualität der Leitungstätigkeit wurde in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten des HfS Nach harten und komplizierten Verhandlungen fand das Folgetreffen in Wien seinen Abschluß mit der Unterzeichnung des Abschließenden Dokuments.

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