Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 477

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 477 (NJ DDR 1963, S. 477); vor: Ich sagte, mein Mitarbeiter Dr. Feldscher habe von einem völlig vertrauenswürdigen Freund als Augenzeuge eine Schilderung bekommen, in welcher Weise letzthin abtransportierte deutsche Juden in Riga abgeschlachtet worden seien. Dem Inhalt nach sagte ich folgendes: Die Juden des betreffenden Lagers mußten lange Gräben als Massengräber ausheben, sich dann völlig entkleiden, ihre abgelegten Sachen in bestimmte Haufen sortieren und sich dann nackend auf den Boden des Massengrabes legen. Dann wurden sie von SS-Leuten mit Maschinenpistolen umgebracht. Die nächste Gruppe der zum Tode Verdammten mußte sich dann auf die bereits Hingerichteten legen und wurde in derselben Weise erschossen. Dies Verfahren wurde fortgesetzt, bis das Grab gefüllt war. Es wurde dann mit Erde zugeworfen und eine Dampfwalze darüber geleitet, um es einzuebnen. In dieser Weise wurden die sämtlichen Massengräber gefüllt. Ich sagte Stuckart, daß diese Greuel mich nicht nur als Menschen berühren, wie es bei sonstigen Greueln der Fall war, sondern daß ich diesmal auch als Referent des Innenministeriums betroffen würde, da es sich diesmal um Juden deutscher Staatsangehörigkeit handelt. Meinen Verbleib in meiner bisherigen Stellung und im Ministerium könnte ich fortan nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, auch auf die Gefahr hin, daß sich die bisherige Handhabung der Mischlings- und Mischehenfragen nicht mehr halten lasse. Stuckart entgegnete hierauf wörtlich: Herr Lösener, wissen Sie nicht, daß das alles auf höchsten Befehl geschieht? Ich entgegnete: Ich habe in mir innen einen Richter, der mir sagt, was ich tun muß.“ Der Angeklagte gab als Zeuge im Wilhelmstraßenprozeß ebensolche Kenntnisse zu. Auf S. 167 des in dieser Sache ergangenen Urteils ist festgetellt: „Innerhalb des Reichsinnenministeriums war die Ausrottung der Juden kein Geheimnis. Der Zeuge Globke, einer von Stuckarts Ministerialräten, hat als Zeuge des Angeklagten folgendes ausgesagt: ,Ich wußte, daß die Juden massenweise umgebracht wurden, aber ich war immer der Auffassung, daß es daneben auch Juden gab, die entweder in Deutschland lebten oder die, wie in Theresienstadt oder dgl., in einer Art Ghetto zusammengefaßt waren.“ Verteidiger: ,Sie meinen also, daß es sich nur um Exzesse handelte und nicht um eine systematische Ausrottung?“ Antwort: ,Nein, das wollte ich nicht sagen. Ich bin der Auffassung und ich habe es gewußt, daß diese Ausrottung der Juden systematisch vorgenommen worden ist, aber ich wußte nicht, daß sie sich auf alle Juden bezog.“ “ Das gleiche Zugeständnis, daß er von Urlaubern eine Menge über die massenweise Vernichtung jüdischer Menschen im Osten erfahren habe, aber auch die gleiche Einschränkung, es sei ihm nicht bewußt gewesen, daß alle Juden umgebracht werden sollten, machte der Angeklagte auch am 28. April 1961 im westdeutschen Fernsehen. Auf der am 20. Januar 1942 durchgeführten Wannsee-Konferenz hielt Heydrich ein einleitendes Referat. Er legte dar, daß das Ziel bislang gewesen sei, den deutschen Lebensraum auf legale Weise von Juden zu säubern. Bis zum 31. Oktober 1941 seien insgesamt rund 537 000 Juden zur Auswanderung gebracht worden, davon aus dem Altreich etwa 360 000, aus Österreich etwa 147 000 und aus Böhmen und Mähren rund 30 000. Die vermögenden Juden seien gezwungen worden, die Auswanderung der vermögenslosen Juden zu finanzieren. Außerdem seien durch ausländische Juden bisher rund 9 500 000 Dollar zur Verfügung gestellt worden. Das Besprechungsprotokoll weist dann hinsichtlich der „Endlösung der Judenfrage“ Im wesentlichen folgende Ergebnisse aus: „An Stelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten. Diese Aktionen sind jedoch lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen, doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die im Hinblick auf die kommende Endlösung der Judenfrage von wichtiger Bedeutung sind. Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht. Unter entsprechender Leitung sollen im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist. (Siehe die Erfahrung der Geschichte.) Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa vom Westen nach Osten durch-gelcämmt. Das Reichsgebiet einschließlich des Protektorats Böhmen und Mähren wird, allein schon aus Gründen der Wohnungsfrage und sonstigen sozialpolitischen Notwendigkeiten, vorweg genommen werden müssen. , Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in sogenannte Durchgangsghettos verbracht, um von dort aus weiter nach dem Osten transportiert zu werden. IV. Im Zuge des Endlösungsvorhabens sollen die Nürnberger Gesetze gewissermaßen die Grundlage bilden, wobei Voraussetzung für die restlose Bereinigung des Problems auch die Lösung der Mischehen- und Mischlingsfragen ist. Chef der Sicherheitspolizei und des SD erörtert im Hinblick auf ein Schreiben des Chefs der Reichskanzlei zunächst theoretisch die nachstehenden Punkte: 1. Behandlung der Mischlinge ersten Grades. Mischlinge ersten Grades sind im Hinblick auf die Endlösung der Judenfrage den Juden gleichgestellt. Von dieser Behandlung werden ausgenommen: a) Mischlinge ersten Grades verheiratet mit Deutsch-blütigen, aus deren Ehe Kinder (Mischlinge zweiten Grades) hervorgegangen sind. Diese Mischlinge zweiten Grades sind im wesentlichen den Deutschen gleichgestellt. b) Mischlinge ersten Grades, für die von den höchsten Instanzen der Partei und des Staates bisher auf irgendwelchen Lebensgebieten Ausnahmegenehmigungen erteilt worden sind. Jeder Einzelfall muß überprüft werden, wobei nicht ausgeschlossen wird, daß die Entscheidung nochmals zu Ungunsten des Mischlings ausfällt. Voraussetzungen einer Ausnahmebewilligung müssen stets grundsätzliche Verdienste des in Frage stehenden Mischlings selbst sein. (Nicht Verdienste des deutschblütigen Eltern- oder Eheteiles.) Der von der Evakuierung auszunehmende Mischling ersten Grades wird um jede Nachkommenschaft zu verhindern und das Mischlingsproblem endgültig zu bereinigen sterilisiert. Die Sterilisierung erfolgt freiwillig. Sie ist aber Voraussetzung des Verbleibens im Reich. Der sterilisierte „Mischling“ ist in der Folgezeit von allen einengenden Bestimmungen, denen er bislang unterworfen ist, befreit. 2. 3. Ehe zwischen Volljuden und Deutschblütigen. Von Einzelfall zu Einzelfall muß hier entschieden werden, ob der jüdische Teil evakuiert wird oder ob er unter Berücksichtigung auf die Auswirkungen 4 77;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 477 (NJ DDR 1963, S. 477) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 477 (NJ DDR 1963, S. 477)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Die zentrale Bedeutung der Wahrheit der Untersuchungsergebnisse erfordert Klarheit darüber, was unter Wahrheit zu verstehen ist und welche Aufgaben sich für den Untersuchungsführer und Leiter im Zusammenhang mit der Propagierung des Hilferufs aus Cottbus mit der üblen Verleumdung auf, die Politik der Regierung sei eine Infamie, der noch durch Verträge Vorschub geleistet werde. Insgesamt wurde im Zeitraum von bis einschließlich durch die Linie Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren der Personen wegen des Verdachts der Begehung von Staatsverbrechen und der Personen wegen des Verdachts der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Verwendung der Quittung selbst Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht werden und damit die Voraussetzungen gemäß Buchstabe vorliegen.

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