Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 462

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 462 (NJ DDR 1963, S. 462); den Namen „Israel“ annehmen und den sogenannten Judenstern tragen. Auch aus der Wohnung wurden sie ausgewiesen. Frau Kohn durfte nichts in „arischen“ Geschäften einkaufen und war auch sonst überall Anfeindungen wegen ihrer ehelichen Bindung ausgesetzt. Im Februar 1945 nahmen die Faschisten auch keine Rücksicht mehr darauf, daß Herr Kohn mit einer Nichtjüdin verheiratet war. Sie verbraditen ihn nach Theresienstadt, und es gab bis zu seiner Befreiung keinerlei Verbindung mehr zwischen den Eheleuten. In gleicher Weise wie bei Namensänderungsanträgen verfuhren der Angeklagte und andere Mitarbeiter der Abteilung I bei beabsichtigten Annahmen an Kindes Statt. Auch hierzu gibt es umfangreiches Beweismaterial. So wollte beispielsweise den aus einer geschiedenen Mischehe stammenden Wolf Löwenstein sein Stiefvater adoptieren. Der Württembergische Innenminister hielt dies in öffentlichem Interesse für unerwünscht, weil durch die Annahme an Kindes Statt die halbjüdische Abstammung des Jungen verschleiert würde. Diesen Standpunkt teilte der Angeklagte mit Schreiben vom 1. Februar 1939 I d. L. 58/5654 , und er gab die Ermächtigung, dem Anträge zu widersprechen. Am 28. Juni 1942 bat Frau Bertha Böckstiegel aus Berlin-Dahlem inständig darum, ein 15 Jahre altes Mädchen adoptieren zu dürfen, an dem sie schon seit dem Jahre 1937 die Mutterstelle vertrat. Aus jedem ihrer Worte wurde das innige Verhältnis sichtbar, das zwischen den beiden Menschen bestand. Da das Kind nach den faschistischen Abstammungsregeln jüdischer Mischling ersten Grades war, wurde das Gesuch abgelehnt. Ebenso wurde das Gesuch der Eheleute Bleitner vom 9. Mai 1941 abgelehnt, den jüdischen Mischling ersten Grades Karl-Heinz Kusch adoptieren zu dürfen. Es wurde eingeräumt, daß die Eheleute Bleitner in geordneten Verhältnissen lebten, mit großer Liebe an dem Pflegekind hingen und auch in den Jahren eigener wirtschaftlicher Notlage selbstlos für den Jungen eingetreten waren. Aber außer der Tatsache, daß das Pflegekind Mischling sei, müsse die Ablehnung auch erfolgen, weil der Ehemann Bleitner politisch nicht zuverlässig sei. Er sei früher gewerkschaftlicher Referent der SPD gewesen, und seine politische Haltung lasse nach Einschätzung der Gauleitung der NSDAP Halle-Merseburg erkennen, „daß er auch bis heute für den Nationalsozialismus kein Verständnis aufbringen kann“. Wie sehr diese Entscheidungen der eigenen Einstellung des Angeklagten entsprachen, ergibt sich aus einem von ihm verfaßten Schreiben, das am 15. März 1934 1 Z. 10/1934 an den Reichsminister des Innern mit der Anfrage ging, ob im Interesse der erhöhten Bedeutung der Rassenpflege an der bisherigen Praxis festgehalten werden solle. Durch das preußische Innenministerium seien bisher zwar nur Namen von Personen arischer Abstammung geändert worden, um eine Verschleierung der Rassenzugehörigkeit zu verhindern. Neuerdings gäbe es aber auch Anträge auf Verdeutschung von Namen, deren Träger z. B. ungarische Vorfahren hätten. Die Ungarn und Finnen seien aber keine Arier, und es frage sich, wie in diesen Fällen zu verfahren sei. Am 25. Juni 1934 fand die Neubearbeitung der Namensänderungen durch den Angeklagten Billigung. Die für ihn dabei maßgeblichen Grundgedanken hatte er in einem Vermerk I Z. 10 IV festgehalten. Insbesondere hielt er die Aufnahme von Vorschriften über den Nachweis der arischen Abstammung für dringlich. Weiter hielt er nun den Zeitpunkt für gekommen, die im Jahre 1932 aus gutem Grunde unveröffentlicht gelassenen Richtlinien für die inhaltliche Bearbeitung der Anträge auf Namensänderung nunmehr zu veröffentlichen, „da eine Kenntnis dieser Richtlinien in zahlreichen Fällen die Stellung aussichtsloser Anträge verhindern wird“. Um in dieser Beziehung keine Zweifel aufkommen zu lassen, bearbeitete er den Abschnitt „Judennamen“ völlig neu. Der entscheidende Passus lautete nunmehr: „Anträgen von Personen nichtarischer Abstammung, ihren Namen zu ändern, wird grundsätzlich nicht stattgegeben, weil durch die Änderung des Namens die nichtarische Abstammung des Namensträgers Verschleiert würde. Auch der Übertritt zum Christentum ist nicht geeignet, eine Namensänderung zu begründen.“ Die vom Angeklagten ausgearbeiteten Neuregelungen zur Namensänderung ergingen als Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeit zur Änderung von Familien- und Vornamen mit einem Runderlaß und den überarbeiteten Richtlinien aus dem Jahre 1932 (Pr. GS. 1934 S. 316, MBliV. 1939 S. 886 ff.). Einer der führenden Leute der chauvinistischen „Alldeutschen Bewegung“, von und zu Loewenstein, sandte am 25. Mai 1935 an das Reichs- und Preußische Ministerium des Innern zu Händen des Regierungsrates Dr. Gisevius „das gewünschte Material“. Es handelte sich um den Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Schutz von Familiennamen. Der § 1 hatte folgenden Wortlaut: „Familiennamen von politischer, geschichtlicher oder kultureller Bedeutung stehen fortan unter gesetzlichem Schutz. Sie dürfen nicht beliebig angenommen werden. Nichtarische Familien, welche seit dem Jahre 1806 solche geschützten Familiennamen angenommen haben, sind zur Änderung ihres Familiennamens verpflichtet, widrigenfalls der Familienname von Amts wegen geändert wird.“ Nachdem der damalige Reichsinnenminister Frick den von Loewenstein eingereichten Entwurf zur Kenntnis genommen hatte, vermerkte er dazu, daß der Grundgedanke gesund sei und verdiene, Gesetz zu werden. Er verfügte die gesetzgeberische Bearbeitung und Bericht hierüber bis zum 1. Oktober 1935. Der Angeklagte legte bereits am 14. August 1935 den Referentenentwurf für ein Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vor. Der Entwurf wurde am 14. August 1935 dem Stellvertreter des Führers und dem Reichsminister der Justiz zur Stellungnahme zugeleitet. In dem Anschreiben IB (I Z. Allg. 26) hob der Angeklagte als besonderen Vorzug des beabsichtigten Gesetzes hervor, daß die vor dem 30. Januar 1933 genehmigten Namensänderungen widerrufen werden könnten, wenn sie „nicht als erwünscht“ anzusehen seien. Damit sei vor allem die Möglichkeit gegeben, Namensänderungen, die der Verschleierung der jüdischen Abstammung dienten, rüdegängig zu machen. Damit hatte der Angeklagte das mit dem Gesetz angestrebte Ziel unmißverständlich genannt. Dem Angeklagten gefiel offenkundig aber auch der Vorschlag des von und zu Loewenstein. Mit diesem übereinstimmend hielt auch er den Zustand für unbefriedigend, daß sich deutsche Sippen zur Aufgabe ihrer ererbten Namen gezwungen sähen, weil Juden ebenfalls diese Namen angenommen hätten und die betreffenden Namen heutzutage als typisch jüdisch angesehen würden. Er hielt auch schon die juristische Regelung bereit, die diesen nach seiner Meinung unbefriedigenden Zustand beseitigen könnte. Deshalb schlug er vor, in den vorgelegten Referentenentwurf noch einen § 7 a folgenden Wortlauts einzufügen: 462;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 462 (NJ DDR 1963, S. 462) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 462 (NJ DDR 1963, S. 462)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld. seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit die Aufgabenstellung, die politisch-operativen Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen vorwiegend auf das vorbeugende Peststellen und Verhindern von Provokationen Inhaftierter zu richten, welche sowohl die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und sich einheitliche Standpunkte zu allen wichtigen ideologischen Fragen und Problemen des tschekistischen Kampfes zu erarbeiten. Den Mitarbeitern ist auf der Grundlage der Beschlüsse der Partei und der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit unter den Aspekt ihrer für die vorbeugende Tätigkeit entscheidenden, orientierenden Rolle. Die Beschlüsse der Partei und des Ministerrates der zur Verwirklichung der in den Zielprogrammen des und daraus abgeleiteten Abkommen sowie im Programm der Spezialisierung und Kooperation der Produktion zwischen der und der bis zu einer Tiefe von reicht und im wesentlichen den Handlungsraum der Grenzüberwachungs Organe der an der Staatsgrenze zur darstellt.

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