Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 445

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 445 (NJ DDR 1963, S. 445); absolut untauglichen Mittels wird daher in beiden Fällen gleichermaßen ein objektives Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt; zum anderen verlieren dadurch aber die übrigen aufgeführten Tätigkeitsakte nicht an Bedeutung. Der vom Bezirksgericht charakterisierte Unterschied ist daher kein Kriterium für die Strafbarkeit des sog. Versuchs mit untauglichen Mitteln. Aus den obigen Ausführungen zum Wesen des verbrecherischen Versuchs ergibt sich aber auch zugleich die Unzulänglichkeit der These des Bezirksgerichts, wonach der Täter strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn „für den Angegriffenen keine (konkrete) Gefahr“ herbeigeführt worden ist. Wie bereits dargelegt wurde, arbeitet der Täter bei der versuchten Straftat unter Ausnutzung und Veränderung objektiver Zusammenhänge zielstrebig auf die Herbeiführung des verbrecherischen Erfolgs hin. Der Gesetzgeber verleiht mit der Strafbarkeitserklärung des Versuchs den gesellschaftlichen Beziehungen zugleich den Charakter von Rechtsbeziehungen, die der Täter mit seinen Handlungen unabhängig von der konkreten Möglichkeit der Vollendung der Straftat verletzt, so z. B. beim Tötungsversuch an einem kurz vor Beginn der Ausführungshandlungen gestorbenen Menschen, bei der versuchten Schwangerschaftsunterbrechung an einer Nichtschwangeren, bei dem auf Grund einer plumpen Fälschung begangenen Lottobetrugsversuch und anderen sog. absolut untauglichen Versuchshandlungen. Das bedeutet aber zugleich, daß die Gesellschaftsgefährlichkeit dieser Straftaten weniger in der konkreten Gefahr der Vollendung als vielmehr in der teilweisen Verwirklichung der Staftat und der Verletzung der mit der Strafbarkeitserklärung des Versuchs geschaffenen Rechtsbeziehungen zu sehen ist. Es ist daher auch weniger von Bedeutung, inwieweit im einzelnen Fall der verbrecherische Erfolg möglicherweise hätte herbeigeführt werden können. Entscheidend ist vielmehr, in welchem Umfange der Täter in den gesellschaftlichen Beziehungen objektiv Veränderungen herbeigeführt, eine negative ideologische Einstellung zu den angegriffenen gesellschaftlichen Verhältnissen zur Geltung gebracht und welche Methoden er angewandt hat. Der Grund der Bestrafung des Täters besteht darin, daß er mit seinem Verhalten dem gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß zuwiderhandelte und damit Rechtsbeziehungen verletzte. Würde man die strafrechtliche Verantwortlichkeit im einzelnen Fall von der konkreten Gefährdung des Verbrechensgegenstandes abhängig machen, dann würde man die Bekämpfung versuchter Straftaten ungerechtfertigt einengen. Man würde darüber hinaus auch nicht mehr die Verletzung der genannten Rechtsbeziehungen als Kriterium der Strafbarkeit des Versuchs ansehen. Unsere Gerichte stellen daher völlig zu Recht nicht lediglich die konkrete Möglichkeit bzw. Gefahr der Vollendung der Straftat, sondern den gesamten Prozeß der Auseinandersetzung des Täters mit den von ihm angegriffenen gesellschaftlichen Verhältnissen in den Mittelpunkt der strafrechtlichen Betrachtungen und untersuchen auf diese Weise Umfang, Methoden und Intensität der verbrecherischen Tätigkeit, die Täter-persönlichkeit sowie seine ideologische Einstellung zu den angegriffenen gesellschaftlichen Verhältnissen. Die Möglichkeit der Vollendung ist für die Einschätzung der einzelnen versuchten Straftat insofern bedeutsam, als damit der Grad der Verwirklichung der Straftat zu erkennen ist. Mit den vorangegangenen Ausführungen erweist sich aber auch zugleich, daß die Bestrafung sog. absolut untauglicher versuchter Straftaten mit dem vom Bezirksgericht angeführten faschistischen Gesinnungsstrafrecht nichts zu tun hat. Die imperialistische subjektive Ver- suchstheorie lehnt nicht nur die objektive, konkrete Gefahr der Vollendung der Straftat als Kriterium für die Strafbarkeit des Versuchs ab, sondern leugnet überhaupt einen „objektiven Versuchstatbestand“. Nach ihr ist der Grund der Strafbarkeit des Versuchs nicht die ausgeführte Tat in der untrennbaren Einheit ihrer subjektiven und objektiven Tatelemente, sondern der „verbrecherische Wille“, und die Rechtsordnung wird wie W elzel zur subjektiven Versuchstheorie erläuternd axisführt „schon durch einen Willen verletzt, der Handlungen vornimmt, die er für eine taugliche Ausführungshandlung eines Verbrechens hält"1 2 3. Damit kann man bereits erste Willensäußerungen praktisch die Gesinnung der Bürger strafrechtlich verfolgen sowie die strafrechtliche Repressivgewalt grenzenlos ausdehnen und hat es auch getan, wie die Rechtsprechung des ehemaligen Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs zeigt1. Diese Konsequenzen ergeben sich aber keineswegs aus der Ablehnung der konkreten Möglichkeit der Vollendung als Kriterium der Strafbarkeit des Versuchs. Sie ergeben sich vielmehr aus dem gesamten Zersetzungsprozeß des imperialistischen Strafrechts3. Einer besonderen Erörterung bedürfen nunmehr noch die an die subjektive Seite der versuchten Giftbeibringung zu stellenden Anforderungen. Der Vorsatz des Täters muß sich darauf erstrecken, einem Menschen objektiv wirksames Gift i. S. des § 229 StGB beizubringen oder um ein anderes Beispiel zu nennen einen Menschen durch Erschießen zu töten. Der Täter setzt hier eine Verhaltensweise durch, die im gesellschaftlichen Leben realisierbar ist, als negatives Beispiel feindlich oder rückständig eingestellte Menschen zur Nachahmung reizt und daher von unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht nicht geduldet werden kann. Deshalb vermag in solchen Fällen der Irrtum über das angewandte Mittel bzw. den angegriffenen „Verbrechensgegenstand“ wie z. B. die Verabreichung eines harmlosen Pulvers statt Arsens infolge Vergreifens die Gesellschaftsgefährlichkeit der ausgeführten Straftat nicht auszuschließen. Anders ist es dagegen, wenn sich der Vorsatz des Täters objektiv auf ein völlig harmloses Mittel bezieht, so z. B., wenn der Täter mit Hilfe von Pfefferminztee eine Schwangerschaftsunterbrechung durchführen will. Diese Verhaltensweise ist überhaupt nicht realisierbar und daher strafrechtlich nicht bedeutsam. Der Täter bekundet hier zwar eine negative Einstellung zu bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, besitzt aber, auch wenn er dieses Mittel für noch so geeignet hält, keinen verbrecherischen Vorsatz. Das Bezirksgericht führt daher völlig zu Recht aus, daß der Versuch bei der Giftbeibringung nur dann strafrechtlich bedeutsam sein kann, wenn er sich auf Gift i.S. des § 229 StGB bezieht, wenn das vom Täter subjektiv ausgewählte Mittel objektiv Gift im Sinne des Gesetzes ist. Sieht man die Meinung des Täters über die Tauglichkeit dieses Mittels (z. B. des Pfefferminztees) als das entscheidende Kriterium an, dann würde man in der Tat der Subjektivierung der Versuchsproblematik das Wort reden und müßte auch den in absoluter Unkenntnis von den Naturgesetzen oder auf Grund abergläubi- 1 Welzel, Das deutsche Strafrecht, (West)Berlin 1958, S. 168. 2 Siehe hierzu z. B. die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 1951 2 StR 534/51 , veröffentlicht in „Neue Juristische Wochenschrift“ 1952, Heft 11, S. 430. 3 So heißt es ln der amtlichen Begründung des sich zur subjektiven Versuchstheorie bekennenden westdeutschen Strafgesetzbuchentwurfs: i,Des Entwurf steht hingegen auf dem Boden des Schuldstrafrechts und läßt für die Strafwürdigkeit in erster Linie die Persönlichkeit des Täters und die Stärke seines gegen die Rechtsordnung gerichteten Willens entscheiden“. (Entwurf eines Strafgesetzbuches [E 1962] mit Begründung, Bundesratsvorlage, Drucksache 200/62, Bonn 1962, S. 15). 445;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Ergebnisse das entscheidende Kriterium für den Wert operativer Kombinationen sind. Hauptbestandteil der operativen Kombinationen hat der zielgerichtete, legendierte Einsatz zuverlässiger, bewährter, erfahrener und für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der relevanten Sachverhalte bedeutsamen Tatsachen, Zusammenhänge und Beziehungen und auch Informationen zum Ausschluß von Möglichkeiten einer Widerlegung von Untersuchungsergebnissen gewonnen werden.

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