Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 416

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 416 (NJ DDR 1963, S. 416); scheiden und darüber hinaus der Verklagten anzuraten, gegen die Verkäuferin K. ein selbständiges Verfahren zur Geltendmachung ihrer materiellen Verantwortlichkeit vor der Konfliktkommission einzuleiten. Der Senat hält eine Zurückverweisung des Streitfalls gemäß § 50 Abs. 2 AGO, nur um dem Kreisarbeitsgericht die Einbeziehung der Verkäuferin K. als Partei in das Verfahren gemäß § 51 Abs. 2 AGO aufzugeben, für unzulässig. Die unzulässige Einbeziehung der Verkäuferin K. als Partei in das Berufungsverfahren durch das Bezirksarbeitsgericht ist aber nicht nur auf eine Verkennung und gesetzwidrige Anwendung verfahrensrechtlieher, sondern auf materiellrechtlicher Bestimmungen des Arbeitsrechts zurückzuführen. Den Entscheidungsgründen zufolge hat das Bezirksarbeitsgericht unzulässigerweise unterstellt, daß die Klägerin und die Verkäuferin K. durch Verletzung ihrer Arbeitspflichten schuldhaft den von der Verklagten geltend gemachten Schaden verursacht haben. Das war auch maßgebend für die Einbeziehung der Verkäuferin K. in das Verfahren. Die eigentliche Begründung für die Einbeziehung der Verkäuferin K. und die Verurteilung der Klägerin und der Verkäuferin zur Leistung von Schadenersatz in begrenzter Höhe besteht nämlich in dem einzigen, sachlich gegen die Auffassung des Kreisarbeitsgerichts, die Klägerin sei für die Fehlbeträge nicht materiell verantwortlich, gerichteten Satz des Urteils: „Die Tatsache, daß die zweite Verkäuferin die Schlüssel zur Verkaufsstelle im Besitz hatte und zeitweise die Vertretung ausübte, befreit weder die Klägerin noch die zweite Verkaufskraft von der materiellen Verantwortung.“ Obwohl das Bezirksarbeitsgericht weder rechtserhebliche Tatsachen ermittelt noch Beweise erhoben hat, wird hierin als feststehend davon ausgegangen, daß die Klägerin und die Verkäuferin K. für den von der Verklagten geltend gemachten Schaden materiell verantwortlich sind und sich allenfalls davon befreien konnten, aber nicht befreit haben. Die Entscheidung des Bezirksarbeitsgerichts beruht somit letzten Endes auf einer unzulässigen Schuldvermutung in Verbindung mit der Umkehrung der Beweislast. Sie verletzt hierdurch die Bestimmungen der §§ 112 Abs. 2, 113 Abs. 1, 114 Abs. 1 GBA und des § 14 Abs. 1 AGO. Es bedarf keiner eingehenden Erörterung, daß die Entscheidung des Bezirksarbeitsgerichts nicht geeignet ist, die im Urteil des Kreisarbeitsgerichts vertretene Auffassung zu widerlegen und das Kreisarbeitsgericht richtig anzuleiten. Das Bezirksarbeitsgericht hat sich bei der rechtlichen Beurteilung des Arbeitsstreitfalls offenbar von einer unrichtigen Auffassung des Inhalts der Bestimmung des § 113 Abs. 3 GBA leiten lassen. Diese Bestimmung regelt die anteilmäßige Schadenersatzpflicht bei fahrlässiger Schadensverursachung durch mehrere Werktätige. Die Entscheidungsgründe lassen den Eindruck entstehen, als sei das Bezirksarbeitsgericht der Auffassung gewesen, gemäß § 113 Abs. 3 GBA brauchten die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen für den Eintritt der materiellen Verantwortlichkeit jedes einzelnen Werktätigen überhaupt nicht konkret geprüft und zur Begründung einer entsprechenden Verurteilung där-gelegt zu werden, wenn den allgemeinen Umständen nach anzunehmen sei, ein Schaden könne nur durch mehrere Werktätige verursacht, worden sein, ohne daß ihnen Vorsatz zur Last gelegt werden kann. Es scheint also, als habe das Bezirksarbeitsgericht in der Bestimmung des § 113 Abs. 3 GBA die gesetzliche Grundlage für die Zulässigkeit der von ihm praktizierten Schuldvermutung erblickt. Von fler angenommenen gesetzlich begründeten Schuldvermutung ausgehend, hatte es dann konsequenterweise lediglich noch die Umstände darzu- legen, aus denen sich die Differenzierung der Höhe des von der Klägerin und der Verkäuferin K. zu leistenden Schadenersatzes ergab. Tatsächlich haben die lediglich auf ungeprüftem Vorbringen der Verklagten beruhenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen über wirkliche oder mutmaßliche Verletzungen der Arbeitspflichten durch die Klägerin und die Verkäuferin K., die nach der Meinung des Bezirksarbeitsgerichts geeignet waren, einen Schaden zu verursachen, auch nur diese Bedeutung. Nach dem Gedankengang des Bezirksarbeitsgerichts, der aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, sollten diese Ausführungen nicht etwa selbständig die materielle Verantwortlichkeit der beiden Werktätigen gemäß § 112 Abs. 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 GBA begründen. Sie waren hierzu auch sachlich gar nicht geeignet. Es besteht Veranlassung, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Bestimmung des § 113 Abs. 3 GBA auf keinen Fall als gesetzliche Grundlage für die Zulässigkeit der Schuldvermutung bei als fahrlässig unterstellter, jedenfalls nicht vorsätzlicher Schadensverursachung mehrerer Werktätiger angesehen und angewendet werden kann. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt vielmehr voraus, daß mehrere Werktätige durch gemeinschaftliches oder selbständiges, voneinander unabhängiges Handeln unter Verletzung ihrer Arbeitspflichten fahrlässig einen Schaden verursacht haben. Obwohl § 113 Abs. 3 GBA von einem Schaden als Folge des pflichtwidrigen Verhaltens mehrerer Werktätiger ausgeht, muß jeder Werktätige für sich die Voraussetzungen für den Eintritt der materiellen Verantwortlichkeit gemäß § 112 Abs. 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 GBA erfüllt haben. Im Verfahren vor der Konfliktkommission und dem Arbeitsgericht ist. das konkret zu prüfen und bei einer dahingehenden Entscheidung entsprechend zu begründen. Die Bestimmung des § 113 Abs. 3 GBA stellt somit gegenüber der Bestimmung des § 113 Abs. 1 GBA keine Sonderregelung der Voraussetzungen für den Eintritt der materiellen Verantwortlichkeit von Werktätigen dar. Sie hat vielmehr ausschließlich Bedeutung für die Festsetzung des Anteils der Schadenersatzpflicht jedes einzelnen von mehreren Werktätigen, die fahrlässig einen Schaden verursacht haben. Dabei besteht ihre hauptsächliche Zielsetzung in der unterschiedlichen Behandlung dieses Falles gegenüber dem in der Bestimmung des § 114 Abs. 2 GBA geregelten Fall der materiellen Verantwortlichkeit bei vorsätzlicher Schadensverursachung durch mehrere gemeinschaftlich handelnde Werktätige. Das hätte auch das Bezirksarbeitsgericht erkennen müssen. Aus den angeführten Gründen war das Urteil des Bezirksarbeitsgerichts aufzuheben und, da der Sachverhalt noch nicht ausreichend geklärt ist, der Streitfall gemäß § 9 Abs. 2 AGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksarbeitsgericht zurückzuverweisen. Ebenso war der Beschluß des Bezirksarbeitsgerichts über die Einbeziehung der Verkäuferin K. in das Berufungsverfahren aufzuheben. In dem erneuten Verfahren hat das Bezirksarbeitsgericht unter Beachtung der in dieser Entscheidung gegebenen Hinweise zu prüfen, ob der Streitfall vom Kreisarbeitsgericht so weit bearbeitet und geklärt worden ist, daß auf den Einspruch (Berufung) der Verklagten hin abschließend entschieden werden kann bzw. ob eine abschließende Entscheidung durch das Bezirksarbeitsgericht sachdienlich ist. Ist das nicht der Fall, so hat das Bezirksarbeitsgericht den Streitfall gemäß § 50 Abs. 2 AGO an das Kreisarbeitsgericht zurückzuverweisen, wobei es in den Gründen seiner Entscheidung die Zurückverweisung konkret zu begründen und dem Kreisarbeitsgericht gemäß § 51 Abs. 2 AGO geeignete Hinweise für die weitere Bearbeitung zu geben hat. 416;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 416 (NJ DDR 1963, S. 416) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 416 (NJ DDR 1963, S. 416)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Verhafteten kann in Abhängigkeit vom Stand des Verfahrens, von der Zustimmung der verfahrensdurchführenden Organe und der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit sowie der Rechte und der Würde der Bürger bei der Anwendung des sozialistischen Rechts nicht entsprechen, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des sozialistischen Staates einzuordnen. Oegliche Rechtsanwendung. die diesem grundlegenden Erfordernis entgegenwirkt, nicht von politischem Mutzen ist, sondern im Gegenteil dazu angetan ist, die Ougendpolitik der Partei und des Staates dargestellt werden. Die Einleitung strafprozessualer Maßnahmen und oie Anwendung strafrechtlicher Sanktionen auf staatsfeindliche und andere kriminelle Handlungen Jugendlicher, die Ausdruck oder Bestandteil des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher können nur dann voll wirksam werden, wenn die Ursachen und Bedingungen, die der Handlung zugrunde lagen, wenn ihr konkreter Wirkungsroechanismus, die Art und Weise des Bekanntwerdens des Kandidaten und andere, für die Gewährleistung der, Konspiration und Geheimhaltung wesentliche Gesichtspunkte, die in der künftigen inoffiziellen Zusammenarbeit besonders zu beachtenden Faktoren, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage und der Persönlichkeit der Verhafteten ergeben,und auf dieser Grundlage die Kräfte, Mittel und Methoden zur Sicherung der jeweiligen Transporte Verhafteter festzulegen.

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