Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 396

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 396 (NJ DDR 1963, S. 396); Die gemeinsame Richtlinie des Ministeriums für Handel und Versorgung und des Verbandes Deutscher Konsumgenossenschaften zur radikalen Senkung der Handelsverluste vom 12. Dezember 19623 verpflichtet den Betriebsleiter, innerhalb von einem Monat nach Durchführung der Inventur über die abschließende Behandlung von Inventurdifferenzen zu entscheiden (z. B. Ausbuchung oder Antrag an die Konfliktkommission). Eine Antragstellung verlangt die Kenntnis vom Schaden und des Verursachers. Bei kleineren Schäden, die etwa 10 Prozent des monatlichen Tariflohns nicht übersteigen, kann sich der Werktätige dem Betriebsleiter gegenüber auch freiwillig zur Schadensersatzleistung verpflichten. Kann der Werktätige den Schaden selbst beheben, so hat der Betrieb schriftlich mit ihm zu vereinbaren, auf welche Weise das erfolgen soll (§ 115 Abs. 3 und § 112 Abs. 3 GBA). Im Bezirk Gera kam es nicht selten vor, daß zwischen der Feststellung der InventuVdifferenz und der Feinabstimmung bzw. der Anlragstellung bei der Konfliktkommission eine Zeitspanne von einem Jahr und mehr lag. Im HO-Kreisbetrieb Stadtroda betrug z. B. die durchschnittliche Frist sieben Monate und bei HO-Industriewaren Gera über fünf Monate. Kein Werktätiger im Handel kann dafür Verständnis haben, wenn er nach so langer Zeit vor der Konfliktkommission eine Erklärung über seine fahrlässigen Pflichtverletzungen und deren Ursachen abgeben soll. Die Konfliktkommission kann unmöglich nach so langer Zeit die Ursachen für die entstandenen Manki erforschen und wirksame Maßnahmen zu ihrer Beseitigung empfehlen. Die Konfliktkommission und das Arbeitsgericht dürfen nicht nur Verletzungen von Arbeitspflichten, sondern müssen „auch die Ursächlichkeit des pflichtverletzenden Verhaltens für den Eintritt des Schadens ebenso wie das Verschulden des Werktätigen in bezug auf den Schaden feststellen“, ehe sie den Werktätigen zum Schadensersatz verpflichten können4. Sie müssen ferner gleichzeitig die Ursachen und Bedingungen für den eingetretenen Schaden mit dem Ziel ihrer Beseitigung erforschen. Solange eine Sache ungeklärt ist, die Ursachen und Bedingungen nicht erforscht und beseitigt sind, kann sich in dem Bereich, in dem der gesellschaftliche Konflikt aufgetreten ist, keine gesunde Atmosphäre entwickeln. Die Bedenken, durch die kurze Frist von drei Monaten würde mancher Antrag auf materielle Verantwortlichkeit nicht mehr gestellt werden können und dadurch der Schutz des sozialistischen Eigentums nicht genügend gewährleistet, sind unbegründet. Die gemeinsame Richtlinie widerlegt derartige Auffassungen. Der Betriebsleiter, der es versteht, die schöpferische Mitwirkung der Werktätigen bei der radikalen Senkung der Handelsverluste zu entfalten und zu nutzen, wird bei der Lösung von Konflikten, der Erforschung von Ursachen und deren Beseitigung viele willige Helfer haben. Die schöpferische Mitwirkung der Werktätigen bei der Leitung des Betriebes ist ein Wesenszug unserer sozialistischen Demokratie und wird dem Betriebsleiter insbesondere nach §§ 9 und 112 fL GBA und dem Rechtspflegeerlaß zur Pflicht gemac? Dadurch wird die Lösung von Konflikten im Betrieb zu einer Angelegenheit aller Werktätigen des Betriebes. Folgen der Fristversäumnis Zu klären ist das Problem, wann für die materielle Verantwortlichkeit des Betriebsleiters die Frist zu lau- 3 vgl. Broschüre: Millionen sind zu gewinnen, Berlin 1963, S. 54. 4 Aus dem OG-Urteil in Arbeit und Arbeitsrecht 1963, Heft 7, S. 162. fen beginnt, wenn er schuldhaft die Dreimonatsfrist hat verstreichen lassen. Wird z. B. durch ein Kontrollorgan oder auf andere Weise ein derartiges schuldhaftes Verhalten eines Betriebsleiters bekannt, so gilt der Tag des Bekanntwerdens für das zuständige Organ, das zur Antragstellung gegen den Betriebsleiter berechtigt und verpflichtet ist, als Beginn der Dreimonatsfrist, jedoch dürfen seit der Pflichtverletzung des Betriebsleiters nicht mehr als zwei Jahre vergangen sein (§ 115 GBA). Nach Ziff. 43 der Richtlinie über die Wahl und die Arbeitsweise der Konfliktkommissionen vom 30. März 1963 (GBl. II S. 237) ist der Leiter des übergeordneten Organs berechtigt, den Antrag auf materielle Verantwortlichkeit gegenüber dem Leiter des Betriebes zu stellen. Die Anregung zum Antrag kann jeder Werktätige des Betriebes geben. Der Staatsanwalt wird von seinem Antragsrecht nur dann Gebrauch machen, wenn der Leiter des übergeordneten Organs seine Pflicht nicht erfüllt. Die Autorität des Betriebsleiters wird durch die materielle Verantwortlichkeit nicht gemindert. Ihre Geltendmachung dient der Beseitigung von Mängeln in seiner Leitungstätigkeit und trägt zur Durchsetzung der Bestimmungen des Gesetzbuches der Arbeit bei. Die Dreimonatsfrist ist eine Ausschlußfrist; deshalb kann auch der Staatsanwalt nur in dieser Frist einen Antrag nach § 154 GBA stellen. Wann beginnt die Dreimonatsfrist, wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde? Ergibt sich aus vorbeugenden Kontrollen, aus Inventuren oder anderweitig der begründete Verdacht einer strafbaren Handlung gegen einen Mitarbeiter eines Handelsorgans oder gegen eine dritte Person, so ist der Betriebsleiter verpflichtet, gegen diese unverzüglich bei den zuständigen Strafverfolgungsorganen Anzeige zu erstatten. Der Anzeige soll der Antrag auf Schadensersatzanspruch gern. § 268 StPO beigefügt werden. Das gilt auch dann, wenn der Schadensbetrag noch berichtigt werden muß und erst später genau feststeht. Die Angehörigen der Kriminalpolizei sollten grundsätzlich bei jeder Anzeige die Betriebe darauf hinweisen. Das Prinzip der Konzentration und Beschleunigung verpflichtet sie hierzu. * Durch die Geltendmachung des Anspruchs im Strafverfahren muß die Dreimonatsfrist des § 115 Abs. 1 GBA als unterbrochen angesehen werden. Stellt sich später heraus, daß die Anzeige strafrechtlich unbegründet war und ward das Ermittlungsverfahren demzufolge eingestellt, dann beginnt die Frist mit dem Tage der Einstellung des Ermittlungsverfahrens weiter zu laufen. Wollte man die Unterbrechung des Fristablaufs nicht gelten lassen und als Beginn der Frist für die Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit den Tag der Anzeige oder der Einleitung des Ermittlungsverfahrens festlegen, so würde in all den Fällen, in denen die Ermittlungen länger als drei Monate dauern (§ 107 Abs. 2 StPO) und der Täter bekannt ist, die Durchsetzung der materiellen Verantwortlichkeit unmöglich gemacht. Das widerspricht dem Rechtspflegeerlaß, weil dann der Schutz des sozialistischen Eigentums nicht garantiert wäre und insbesondere die Ursachen und begünstigenden Bedingungen nicht mehr beseitigt werden könnten. Aber auch im Normalfall, daß das Ermittlungsverfahren innerhalb eines Monats abgeschlossen wird, träte eine Verkürzung der Frist ein, die § 115 GBA dem Betriebsleiter zubilligt. Sie wäre um so viel kürzer, als das Ermittlungsverfahren dauert. Das ist vom Gesetzgeber wie die angedeuteten Konsequenzen bei der 396;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 396 (NJ DDR 1963, S. 396) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 396 (NJ DDR 1963, S. 396)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des Erniittlungsverfahrens höchster politischer Nutzen angestrebt werden, was im Einzel-fall die Festlegung politisch kluger und wirksamer Maßnahmen zur Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung und wichtige Grundlage für eine wissenschaft-lich begründete Entscheidungsfindung bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher erfordert, an die Anordnung der Untersuchunoshaft hohe Anforderungen zu stellen.

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