Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 383

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 383 (NJ DDR 1963, S. 383);  anderen Warenverlusten bzw. -minderungen) durch die Kaution voll gedeckt und daher eine materielle Schädigung des sozialistischen Eigentums ausgeschlossen ist. Bei relativ geringen Entnahmen eines sonst verantwortungsbewußt arbeitenden Kommissionshändlers kann, wenn der Wert der für den persönlichen Verbrauch entnommenen Waren durch die Kaution gedeckt wird, im Einzelfall die Verbrediensqualität gemäß § 8 StEG fehlen. Diese Erwägungen gelten auch für Geschäftseinrichtungen, die dem Kommissionshändler vom sozialistischen Handelsorgan zur Verfügung gestellt wurden. 2. Weit komplizierter ist die strafrechtliche Beurteilung, wenn die Kommissionshändler vom Verkaufserlös Gelder für sich verwenden. Der oben genannte Muster-Kommissionshandelsvertrag sah im Unterschied zu der ausdrücklichen Festlegung über den Eigentumscharakter der Ware (§ 1 Abs. 3) hinsichtlich des Erlöses für die Waren keine spezielle Regelung vor. Daraus war zu entnehmen, daß die durch den Verkauf der Waren erlangten Gelder in das Eigentum des Kommissionshändlers übergehen. Der betreffende sozialistische Handelsbetrieb hatte danach nur einen im einzelnen genau geregelten schuldrechtlichen Anspruch auf Abführung der Geldbeträge3 * * 6. Durch eine Anweisung des Ministers für Handel und Versorgung vom 15. März 1961 wurde jedoch die dem Muster-Kommissionshandelsvertrag zugrunde liegende Richtlinie dahingehend geändert, daß künftig die durch Verkauf der Waren vereinnahmten Erlöse unmittelbar sozialistisches Eigentum werden1. Gleichzeitig wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß die Berechtigung des Kommissionshändlers, die vereinbarte Provision von den vereinnahmten Erlösen abzuziehen, davon nicht berührt wird. Durch diese normative Regelung ist ab 15. März 1961 das von den Kommissionshändlern vereinnahmte' Geld sozialistisches Eigentum geworden. Der Kommissionshändler kann sich davon seine Provision in der vereinbarten Höhe (aber nur in dieser Höhe!) nehmen. Bei diesen objektiv bestehenden Eigentumsverhältnissen wäre also auch hinsichtlich der Entnahme von die Provision übersteigenden Beträgen eine Unterschlagung (Veruntreuung) von sozialistischem Eigentum gern. § 29 StEG möglich und nach den vorstehenden Gesichtspunkten zu prüfen. Wir hätten damit eine einheitliche strafrechtliche Behandlung der unbefugten Entnahme von Waren und Geld durch den Kommissionshändler. ln der Praxis der Handels- und Justizorgane ist diese Anweisung und die veränderte Rechtslage jedoch bis auf den heutigen Tag teilweise nicht bekannt. Die auch der strafrechtlichen Beurteilung zugrunde gelegten mit den jeweiligen Kommissionshändlern abgeschlossenen Verträge waren vielfach nach dem oben genannten Muster-Kommissionshandelsvertrag ohne die Klausel hinsichtlich der Eigentumsregelung des Erlöses abgefaßt. Die Beteiligten (Kommissionshändler, sozialistischer Handelsbetrieb und später auch die Justizorgane) gingen dementsprechend in solchen Fällen irrtümlich davon aus, daß der Kommissionshändler an dem vereinnahmten Geld Eigentum erwirbt was eine Unterschlagung ausschließen würde3. 3 So auch das Oberste Gericht und Thurner, a. a. O. 1 Vgl. Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Handel und Versorgung 1961. Heft 15, S. 106. 6 Ohne hier im einzelnen auf die Verantwortlichkeit für diesen Zustand eingehen zu wollen, scheint es doch offensichtlich, daß von seiten zentraler Organe ernste Versäumnisse bei der Propagierung und Erläuterung dieser entscheidenden Änderung der Rechtslage zu verzeichnen sind. Eine in Vorbereitung befindliche, den Kommissionshandel einheitlich regelnde VO wird helfen, die rechtlichen Unklarheiten zu beseitigen. Es gibt daher eine Reihe von Fällen, in denen bei den betreffenden Kommissionshändlern ein von ihnen nicht zu vertretender und deshalb strafrechtlich zu beachtender Irrtum über eine relevante Rechtstatsache, nämlich über den Eigentumscharakter des entnommenen Geldes, besteht. Sofern ihnen nicht nachgewiesen werden kann, daß sie die vereinnahmten Gelder zum Zeitpunkt der Tat für sozialistische Vermögenswerte gehalten haben, entfällt schon aus diesem Grunde die Möglichkeit einer Bestrafung wegen Unterschlagung (Veruntreuung). Indessen ist damit nicht absolut und unter allen Umständen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen. Denn die grobe Verletzung bestimmter vertraglicher Pflichten mit nachteiligen Folgen für das sozialistische Eigentum bleibt bestehen und ist gegebenenfalls selbständig strafrechtlich zu würdigen, namentlich unter dem Gesichtspunkt einer Untreue zum Nachteil von sozialistischem Eigentum gern. § 29 StEG (§ 266 StGB). Denn der § 266 StGB war ja gerade dazu geschaffen worden, auch bestimmte vertraglich und damit schuldrechtlich geregelte Vermögensbeziehungen vor kriminellen Anschlägen zu schützen. Bekanntlich setzt der Tatbestand der Untreue und hier kommt insbesondere der sog. Treuebruchstatbestand in Betracht voraus, daß der Täter auf Grund eines Rechtsverhältnisses (hier des Kommissionsvertrages) bestimmte Pflichten hat, fremde Vermögensinteressen (hier die des sozialistischen Handelsorgans) wahrzunehmen. Solche Pflichten hat der Kommissionshändler ohne Zweifel, und der Mustervertrag hat die wichtigsten ausdrücklich formuliert. So schreibt § 6 Ziff. 1 des Vertrages vor: „Der Kommissionshändler ist verpflichtet, bei Durchführung des Kommissionshandels die sich aus der Verwaltung von Volkseigentum ergebende erhöhte Sorgfaltspflicht wahrzunehmen.“ Unter Ziff.3 werden dann eine Anzahl spezieller Pflichten aufgeführt, darunter die der Abführung der Tageserlöse, der Mitteilung bei Gefährdung der Kommissionsware, der Abführung von endgültig festgestellten Überschüssen u. a. Soweit eine vorsätzliche Verletzung dieser vertraglichen Pflichten, insbesondere der Grundpflicht des § 6 Ziff. 1, zu einem ebenfalls vom Vorsatz umfaßten Vermögensschaden zum Nachteil des sozialistischen Eigentums führt (Kausalzusammenhang), kommt die Anwendung des Untreuetatbestandes in Betracht. Eine über die vertraglich eingeräumte Hauptbefugnis des Warenverkaufs im eigenen Namen für Rechnung des sozialistischen Handelsbetriebes hinausgehende besondere Selbständigkeit und Entscheidungsbefugnis des Kommissionshändlers zu fordern, wäre abwegig. (Diese Merkmale können dann eine besondere Bedeutung haben, wenn es um die Abgrenzung der Untreue von der Unterschlagung geht, die hier nicht zur Diskussion steht.) Natürlich wird nicht jedes eigenmächtige Verwenden des Verkaufserlöses aus den Waren, nicht jedes Vorenthalten der vertraglich gebotenen Abführung bereits eine Untreue darstellen. Vielmehr ist auch hier die Kaution zu berücksichtigen. Werden vereinnahmte Gelder in den Grenzen der tatsächlich gestellten und auch durch andere Warenverluste nicht geschmälerten Kaution nicht abgeführt (eine Pflichtverletzung gemäß § 6 Abs. 1 und Abs. 3 Ziff. c des Mustervertrages), so entsteht dem sozialistischen Eigentum in der Regel kein Vermögensschaden. Der sozialistische Handelspartner kann sich notfalls aus der Kaution befriedigen. Hier wird man nur schuldrechtliche Konsequenzen zu ziehen brauchen. Übersteigen dagegen die vorenthaltenen Geldeinnahmen die Höhe der vorhandenen Kaution (f/3 des Warenbestandes) haben sie demnach schon beträchtliche Ausmaße angenommen , so liegt darin eine der- j * 383;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit einzuschätzen. Ordnung und Sicherheit haben stets Vorrang. Dennoch ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben ode Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder Widerstan gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den Verhafteten ausgehen. Auf diese Weise ist ein hoher Grad der Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges durch die Suche, Sicherstellung und Dokumentierung von Gegenständen, Mitteln. Die Körperdurehsuenung wird im entkleideten Zustand der Verhafteten durchgeführt.

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