Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 381

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 381 (NJ DDR 1963, S. 381); In dem kreisgerichtlichen Urteil wird ausgeführt, daß der von der Angeklagten angerichtete Schaden bereits in voller Höhe zurückgezahlt sei, da die einbehaltene Provision von 2,5 Prozent einen Gesamtbetrag von etwa .8000 DM ausmache und überdies sich der Kommittent auch aus der Kautionssumme in Höhe von 4 000 DM befriedigen konnte. - In diesem Sachverhalf sah das Kreisgericht eine fortgesetzte Unterschlagung von genossenschaftlichem Eigentum und erkannte nach § 29 StEG auf eine Gefängnisstrafe. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte Berufung eingelegt. Sie führt zur Begründung aus: Richtig sei, daß eine Unterschlagung von genossenschaftlichem Eigentum vorläge, soweit sie Waren im Werte von 1000 DM entnommen habe. Unterschlagung läge jedoch nicht vor hinsichtlich der Geldentnahme; denn hieran habe der Konsum noch kein Eigentum erlangt, und es hätte lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung bestanden, das Geld an den Kommittenten abzuführen. Hinsichtlich der Geldentnahme läge aber auch keine Untreue vor. Diese Auffassung wird auch von der Bezirksstaatsanwaltschaft vertreten. Der Untreuetatbestand erfordere nicht nur die Begründung eines besonderen Treueverhältnisses, sondern es bedinge auch eine gewisse Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Täters. Diese Voraussetzungen lägen bei einem Kommissionär nicht vor, denn nach den §§ 383, 384 HGB, deren Inhalt auch in den Kommissionsvertrag Eingang gefunden habe, habe der Kommissionär nach den Weisungen des Kommittenten zu handeln. Aus den Gründen: Der Senat kann sich nicht im vollen Umfange diesem Vorbringen anschließen. Richtig und unzweifelhaft ist, daß durch das Kreisgericht hinsichtlich der von der Angeklagten einbehaltenen Geldbeträge zu Unrecht eine Unterschlagung bejaht wurde. Da der Kommissionsvertrag keine Bestimmung enthält, daß an die Stelle der Ware der Verkaufserlös tritt, hatte die Konsumgenossenschaft noch kein Eigentum erlangt, so daß es insoweit an der Tatbestandsmäßigkeit nach § 246 StGB fehlt. Das Geld war für die Angeklagte keine fremde bewegliche Sache, sondern stand in ihrem Eigentum, und sie war verpflichtet, es auf den Kommittenten zu übertragen. (Vgl. Urteil des Obersten Gerichts vom 13. Mai 1958 in NJ 1959 S. 186, das den gleichen Rechtsgrundsatz aufstellt.) Dagegen ist nach Auffassung des Senats die prinzipielle Verneinung des Tatbestandes der Untreue nach § 266 rechtsirrig. Es wird nicht verkannt, daß der Kommissionsvertrag, der dem privaten Einzelhändler eine Perspektive in der sozialistischen Gesellschaftsordnung bietet, eine Reihe von Problemen aufwirft. Diese ergeben sich aus dem bewußtseinsmäßigen Widerspruch beim Kommissionär, der sich vor die Tatsache gestellt sieht, entgegen seiner bisher üblichen Praxis, nämlich Geld aus der Ladenkasse je nach Bedarf zu entnehmen, nunmehr die Vermögensinteressen des staatlichen oder genossenschaftlichen Handels wahrzunehmen. Durch eine sinnvolle Zusammenarbeit des staatlichen oder genossenschaftlichen Handels mit den Kommissions-händlem können diese Widersprüche ’gelöst und kann auch in der Arbeit des Kommissionshändlers die Einheit zwischen den persönlichen und gesellschaftlichen Interessen hergestellt werden. Deshalb wäre auch jede schematische Annahme einer Untreue selbst in den Fällen, in denen der Kommissionär sich über die ihm zustehende Provision hinaus an den vereinnahmten Geldern vergreift, rechtspolitisch nicht vertretbar. Aber anders liegt der Fall, wenn der Kommissionär über seine Leistungsfähigkeit, also weit über die von ihm hinterlegte Kaution und seine sonstige Zahlungsfähigkeit hinaus, die vereinnahmten Gelder vertragswidrig für sich behält und somit die Realisierung der dem Kommittenten zustehenden Geldforderungen vereitelt oder erheblich erschwert. Das ist in der' vorliegenden Sache teilweise gegeben. Der Hinweis der Angeklagten, sie habe angenommen, daß die von ihr zusätzlich neben der Provision einbehaltenen Beträge durch ihre Kaution sowie die nicht in Anspruch genommenen 2,5 Prozent der Provision gedeckt seien, ist nicht völlig glaubhaft. Wenn auch bis zum Jahresende 1960 die Fehlbeträge noch durch die Kaution und die einbehaltene Provision ausgeglichen waren, so ergibt sich für die folgende Zeit, daß die danach auftretenden Minusdifferenzen nicht mehr durch die einbehaltene Provision gedeckt wurden. Einem Minusbetrag von 4 619,55 DM am 30. Mai 1961 steht lediglich eine Summe von 1153,10 DM einbehaltener Provision gegenüber. Nach dem 30. Mai 1961 mußte also der Angeklagten klar sein, daß sie nicht mehr genügend Sicherheit bieten konnte. Wenn sie dennoch ihr Verhalten fortsetzte und nach wie vor Beträge bis zu 200 DM entnahm, die über die Provision hinausgingen, hat sie sich der Untreue schuldig gemacht. § 266 StGB setzt in seiner zweiten Alternative (sog. Treuebruchstatbestand) voraus, daß der Täter die ihm durch Rechtsgeschäft obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Diese Tatbestandsmerkmale liegen vor. Die Angeklagte hat sich durch den Kommissionsvertrag verpflichtet, bei Durchführung des Kommissionshandels die sich aus der Verwaltung von gesellschaftlichem Eigentum ergebende erhöhte Sorgfaltspflicht wahrzunehmen und dabei die Interessen der Konsumgenossenschaft zu beachten (§ 6 des Vertrages). Zu ihren Pflichten gehörte weiter, die Tageserlöse abzüglich ihrer Provision in voller Höhe bis 10 Uhr des nachfolgenden Tages auf das Konto der Konsumgenossenschaft einzuzahlen. Diese Verpflichtung hat sie durch ihre unberechtigten Geldentnahmen verletzt und somit dem Kommittenten einen Nachteil zugefügt, der darin besteht, daß noch heute eine Forderung von über 9000 DM nicht beglichen ist. Damit ist aber zugleich der erste Einwand der Staatsanwaltschaft widerlegt, daß durch den Kommissionsvertrag kein besonderes Treueverhältnis begründet werde. Es hieße den Kommissionsvertrag in seiner Bedeutung unter den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen verkennen, wenn sich daraus nicht auch eine Verpflichtung für den Kommissionär ergäbe, gegenüber dem sozialistischen Vertragspartner ehrlich, gewissenhaft und verantwortungsbewußt zu handeln. Zum anderen mangelt es aber an der Tatbestandsmäßigkeit der Untreue nicht etwa deshalb, weil der Kommissionär den Weisungen des Kommittenten zu folgen verpflichtet ist und deshalb die nach § 266 StGB für den Täter notwendige Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit fehlt. Diese Auffassung verkennt, daß zwar die juristische Ausgestaltung in Form des im HGB geregelten Kommissionsvertrages auch für die Beziehungen zwischen dem sozialistischen Kommittenten und dem Kommissionär erfolgt, daß jedoch der Inhalt dieses Vertrages maßgeblich von neuen gesellschaftlichen Bedingungen beeinflußt wird: Der Kommissionsvertrag gibt dem privaten Einzelhandel eine Perspektive; er schaltet dabei in keiner Weise die Initiative des Kommissionärs aus, im Gegenteil setzt er sie voraus, weil er eine immer bessere Versorgung unserer Bevölkerung zum Inhalt hat. Deshalb kann von einer Beeinträchtigung der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Kommissionärs nicht die Rede sein. Es ist denkbar, daß die Notwendigkeit eines strafrechtlichen Schutzes bei der Abwicklung der Kommissionsverträge von der Bezirksstaatsanwaltschaft deshalb 381;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 381 (NJ DDR 1963, S. 381) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 381 (NJ DDR 1963, S. 381)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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