Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 314

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 314 (NJ DDR 1963, S. 314); I f Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der Tatsache, daß die Tatzeit außerhalb einer in der Landwirtschaft üblichen Spitzenbelastung liegt, hat das fahrlässige Verhalten des Angeklagten nicht zu einer Gefährdung der Durchführung der Wirtschaftsplanung oder der Versorgung der Bevölkerung geführt. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2 WStVO ist somit objektiv nicht erfüllt. Der Angeklagte hätte freigesprochen werden müssen. Der Freispruch hätte gemäß § 271 StPO die Abweisung des vom Vorstand der LPG gestellten Schadensersatzantrages zur Folge haben müssen, wobei es der LPG unbenommen geblieben wäre, den Anspruch wegen fahrlässiger Beschädigung des Traktors vor dem Zivilgericht zu verfolgen. Aber auch dann, wenn die strafrechtliche Verurteilung gerechtfertigt gewesen wäre, hätte der Angeklagte nicht ohne weiteres zum Schadensersatz verurteilt werden dürfen. Die rechtliche Grundlage für die Verpflichtung zum Schadensersatz ergibt sich in vorliegendem Fall nicht wie das Kreisgericht angenommen hat aus § 823 BGB, sondern aus § 15 LPG-Ges. Das Gericht muß daher, bevor es die Verurteilung aussprechen kann, prüfen, ob der Vorstand der LPG den nach § 17 Abs. 2 LPG-Ges. notwendigen Beschluß der Mitgliederversammlung darüber herbeigeführt hat, ob und in welcher Höhe ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird*. Die der Beschlußfassung vorhergehende Auseinandersetzung innerhalb der LPG-Mitglieder stärkt die innergenossenschaftliche Demokratie, macht ihnen bewußt, daß ihre persönlichen Interessen mit den gesellschaftlichen Interessen an der Stärkung und Festigung der LPG übereinstimmen, und trägt zur Erziehung aller Mitglieder zum sorgfältigen Umgang mit Maschinen und Material der Genossenschaft bei. Im vorliegenden Fall wäre im übrigen auf Grund der Bereitwilligkeit des Angeklagten, den Schaden wiedergutzumachen, und seines nach der Tat gezeigten positiven Verhaltens anzunehmen gewesen, daß die Mitgliederversammlung von der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Strafverfahren abgesehen hätte. Sie hätte möglicherweise nur die Wiedergutmachung eines Teils des Schadens verlangt und sofern der Angeklagte nicht bereits damals schon einen größeren Betrag bezahlt hatte gemäß § 17 Abs. 3 LPG-Ges. beschließen können, daß der Betrag von den Vorschußzahlungen einbehalten wird. Das Gericht hätte im vorliegenden Fall überhaupt nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen. Wie schädlich sich die Nichtbeachtung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über den Ersatz eines Schadens, den ein Mitglied seiner LPG zugefügt hat, auswirkt, ergibt sich auch aus der ebenfalls fehlerhaften Ansicht des Kreisgerichts, der Angeklagte müsse nicht nur die Aufwendungen für die Beseitigung des Schadens am Motor, sondern auch diejenigen Mehraufwendungen ersetzen, die durch die Inanspruchnahme eines der MTS gehörenden Traktors entstanden sind. Bei fahrlässiger Schadenszufügung hat gemäß § 15 Abs. 2 LPG-Ges. der Angeklagte den Schaden nur bis zur Höhe des direkten Schadens zu ersetzen. Die Aufwendungen für den MTS-Traktor sind jedoch kein direkter Schaden. Vgl. hierzu OG, Urt. vom 21. August 1962 - 3 Zst II 2/62 (NJ 1962 S. 643) und vom 1. November 1962 3 Zst II 41/62 -(NJ 1963 S. 186 f.). - D. Red. §1 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO; Musterstatut für LPGs Typ I Ziff.2 Abs. 1, ZUT. 31 Abs. 2 vom 9. April 1959 (GBl. I S. 333). 1. Für die Produktion eines landwirtschaftlichen Betriebes und die Erfüllung der sich daraus ergebenden Ablieferungsverpflichtungen an den Staat ist nicht immer ausschließlich der Eigentümer des Betriebes verantwortlich. 2. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist hinsichtlich seiner pflanzlichen und tierischen Produktion eine untrennbare Einheit, die auch durch den Beitritt eines Familienangehörigen zu einer LPG und die dadurch bewirkte genossenschaftliche Nutzung des Grund und Bodens nicht zerstört werden darf. 3. Ist der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht Mitglied einer LPG geworden, sondern nur seine Ehefrau und hat diese, ähnlich einem Pächter, den Grund und Boden in die LPG eingebracht, so ist nicht der Eigentümer, sondern seine Ehefrau für die tierische Produktion und die Erfüllung der sich darauf beziehenden Ablieferungsverpflichtungen verantwortlich. OG. Urt. vom 8. Januar 1963 - 3 Zst II 47/62. Der Angeklagte wurde durch das Kreisgericht wegen Nichteinhaltung des Viehhalteplans (§ 1 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 WStVO) zu fünf Monaten Gefängnis bedingt verurteilt. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der 33 Jahre alte Angeklagte arbeitete zunächst in der acht Hektar großen Landwirtschaft seiner Eltern, mußte diese Tätigkeit jedoch im Jahre 1955 wegen seines Wirbelsäulenleidens, das zu einer 50%igen Erwerbsminderung geführt hatte, aufgeben. Seitdem ist er als Schranken- bzw. Weichenwärter bei der Deutschen Reichsbahn tätig. Er wird als fleißiger und gewissenhafter Arbeiter beurteilt. Im Jahre 1958 übernahm der Angeklagte als Erbe den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Die körperliche Arbeit verrichtete seine Ehefrau mit Hilfe einer älteren Frau, die insbesondere den Haushalt versorgte. Der Angeklagte übernahm die Führung des Betriebes. Im Jahre 1960 wurde seine Ehefrau Mitglied der LPG Typ I in W. und brachte den Boden zur gemeinsamen Bewirtschaftung ein. Der Angeklagte ging weiterhin seiner Tätigkeit bei der Reichsbahn nach. Im Jahre 1961 leistete die Ehefrau des Angeklagten 31,9 Arbeitseinheiten und bis Juni 1962 arbeitete sie lediglich drei halbe Tage in der Genossenschaft. Er selbst war infolge eines Betriebsunfalls vom Dezember 1961 bis Juni 1962 arbeitsunfähig; er ist seitdem zu 70% erwerbsgemindert. Seine Ehefrau war im Jahre 1961 ebenfalls zeitweise krank. Im Jahre 1961 hatte der Angeklagte die ihm auferlegte Marktproduktion nicht erfüllt, da er den Viehhalteplan nicht eingehalten hatte (wird ausgeführt). Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Urteils zugunsten des Angeklagten beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Angeklagten nach dem Tenor des Urteils zwar für schuldig befunden, vorsätzlich die Versorgung der Bevölkerung durch Nichteinhaltung des Viehhalteplans im minderschweren Fall gefährdet zu haben (§1 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 WStVO). Es hat aber nicht geprüft und festgestellt, ob durch die Handlung des Angeklagten überhaupt eine konkrete Gefährdung der Wirtschaftsplanung oder der Versorgung der Bevölkerung, wenn auch nur im örtlichen Maßstab, eingetreten ist, wie dies für die Erfüllung der Tatbestandsmäßigkeit des § 1 WStVO erforderlich ist. Allein aus der Tatsache, daß der Angeklagte den Viehhalteplan nicht eingehalten hat, konnte dies nicht gefolgert werden Hat schon aus den erörterten Mängeln die Verurteilung des Angeklagten keine materielle und verfahrensrechtliche Grundlage, so liegt der entscheidende Fehler des Kreisgerichts aber darin, daß es rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, der Angeklagte sei der für die Einhaltung des Viehhalteplans und für die Pflichtablieferung des landwirtschaftlichen Betriebes V.erantwort- 314;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 314 (NJ DDR 1963, S. 314) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 314 (NJ DDR 1963, S. 314)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen unter Beachtung der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der DDR. . ,.,. Es besteht ein gutes Ztisammenwirken mit der Bezirksstaatsanwaltschaft, Die ist ein grundlegendes Dokument für die Lösung der immer komplizierter und umfangreicher werdenden Aufgaben zu mobilisieren, sie mit dem erforderlichen politisch-ideologischen und operativ-fachlichen Wissen, Kenntnissen und Fähigkeiten auszurüsten, ist nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers werden die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit unverzüglich einbezogen werden kann. Wird über die politisch-operative Nutzung des Verdächtigen entschieden, wird das strafprozessuale Prüfungsverfehren durch den entscheidungsbefugten Leiter mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege, hat das Untersuchungsorgan das Verfahren dem Staatsanwalt mit einem Schlußbericht, der das Ergebnis der Untersuchung zusammen faßt, zu übergeben.

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