Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 286

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 286 (NJ DDR 1963, S. 286); (§ 4 Abs. 1 JGG) die Eröffnung des Hauptverfahrens gern. § 175 StPO aus rechtlichen Gründen abgelehnt werden könne. Das wirft die Frage auf, welche Stellung die Bestimmungen des JGG zu denen der StPO einnehmeri. § 3 EGStPO weist darauf hin, daß auch bei Strafverfahren gegen Jugendliche die Vorschriften der StPO in Verbindung mit den besonderen Bestimmungen des JGG Anwendung finden. Aus dieser Bestimmung geht klar hervor, daß das Jugendstrafrecht und das Erwachsenenstrafrecht eine Einheit bilden. Das JGG hebt überwiegend nur die Ausnahmen gegenüber dem allgemeinen Strafrecht und Strafverfahrensrecht hervor. Das bedeutet, daß die Vorschriften des allgemeinen Straf- und Prozeßrechts sowie deren Prinzipien immer dann anzuwenden sind, wenn das JGG im Einzelfall keine Sonderregelung vorsieht. Hinsichtlich der im gegebenen Fall zu entscheidenden Frage hat das JGG jedoch in den §§ 4, 9 Abs. 3 und 40 Abs. 1 eine spezielle Regelung getroffen, die eine Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Fehlens der Verantwortlichkeit beim Angeklagten gern. § 4 Abs. 1 JGG und damit die Anwendung des § 175 StPO nicht zuläßt. Dies erklärt sich daraus, daß das JGG hier, wie in allen seinen Bestimmungen, von der wirkungsvollen Durchsetzung des Erziehungsgedankens getragen ist und daher bei den in der Entwicklung zurückgebliebenen jungen Menschen, die Straftatbestände verletzt haben, eine mehr oder weniger formale Beendigung des Verfahrens nicht gerechtfertigt ist. Deshalb sieht zunächst § 4 Abs. 2 JGG vor, daß gegen einen Jugendlichen auch Erziehungsmaßnahmen angeordnet werden können, wenn er strafrechtlich nicht verantwortlich ist. § 9 Abs. 3 JGG bestimmt, daß diese Erziehungsmaßnahmen im Urteil auszusprechen sind. Das bedeutet also, daß das Gericht bei Anwendung des § 4 Abs. 2 JGG wenn es Erziehungsmaßnahmen anordnen will das Verfahren eröffnen, die Hauptverhandlung durchführen und diese Erziehungsmaßnahmen festlegen muß. Dabei ist davon auszugehen, daß in den meisten Fällen beim Fehlen der Verantwortlichkeit des jugendlichen Angeklagten die Anordnung von Erziehungsmaßnahmen im gesellschaftlichen Interesse liegt. Andernfalls hat das Gericht nach § 40 Abs. 1 JGG nur die Möglichkeit, das Verfahren nach Anklageerhebung bis zur Urteilsverkündung einzustellen. In einem solchen Einstellungsbeschluß können jedoch Erziehungsmaßnahmen nicht angeordnet werden (vgl. Urteil des OG vom 26. August 1958 - 3 Zst III 44/58 -, NJ 1958 S. 861). Diese Einstellungsmöglichkeit ist nach Anklageerhebung das einzige Mittel des Gerichts, das Verfahren ohne Durchführung einer Hauptverhandlung und Urteilsfällung abzuschließen. Dies wird in der genannten Entscheidung des Obersten Gerichts deutlich ausgesprochen. An dieser Stelle muß auch darauf hingewiesen werden, daß das Plenum des Obersten Gerichts in seiner Richtlinie Nr. 17 (NJ 1963 S. 89 ff.) die bereits im Urteil vom 26. August 1958 dargelegte Auffassung dadurch bestätigt hat, daß es neben der erschöpfenden Aufzählung aller Strafaufhebungs-, Rechtfertigungs-, Straf- und Schuldausschließungsgründe, die eine Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens gern. § 175 StPO zulassen, § 4 JGG nicht erwähnt. Das Gericht hat also bei Fehlen der Verantwortlichkeit gern. § 4 JGG vor der Eröffnung des Hauptverfahrens nur zwei Möglichkeiten der Entscheidung. Es kann erstens das Hauptverfahren eröffnen, muß verhandeln, den Angeklagten freisprechen und kann dann Erziehungsmaßnahmen im Urteil anordnen, oder es stellt zweitens das Verfahren nach § 40 Abs. 1 Satz 2 JGG ein. Welche der beiden Möglichkeiten anzuwenden ist, bestimmt sich danach, ob im Einzelfall die Anordnung von Erziehungsmaßnahmen geboten ist oder nicht, d. h., ob trotz fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit zur Erziehung des Jugendlichen und zum Schutze der gesellschaftlichen Ordnung und der Interessen der Bürger Erziehungsmaßnahmen erforderlich sind. Man kann auch nicht der Auffassung sein, daß der Beschluß des Kreisgerichts trotz aller Formmängel inhaltlich ein solcher nach § 40 Abs. 1 Satz 2 JGG sei, immer vorausgesetzt, daß beim Jugendlichen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 JGG tatsächlich nicht vorliegen. Erstens ist das Vorliegen oder das Fehlen der Voraussetzungen des § 4 JGG im gegebenen Fall noch gar nicht unumstößlich festgestellt, und zweitens erachtet der Senat im Fall des Günter T. die Anordnung von Erziehungsmaßnahmen für unbedingt notwendig. Der Beschluß der Strafkammer bedeutet auch keine Einstellung des Verfahrens nach § 40 Abs. I Satz 1 JGG, weil Erziehungsmaßnahmen gegen den Jugendlichen in dieser Sache überhaupt noch nicht angeordnet wurden. Aus der Beschwerdeschrift ist ersichtlich, daß auf Grund des Verhaltens des Angeklagten bei der Tatausführung angenommen werden kann, daß das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 JGG bei ihm noch zweifelhaft ist. Eine Klärung dieser Frage kann hier nur in der gerichtlichen Hauptverhandlung erfolgen. Schon deshalb ist die Durchführung des Hauplverfahrens gegen den Jugendlichen geboten, weil sich das Jugendgericht in jedem Fall einen persönlichen Eindruck von dem jugendlichen Angeklagten verschaffen muß und sich nicht nur auf gutachtliche Äußerungen von Psychiatern und anderen Sachverständigen, wie Lehrern, Ausbildern u. a., verlassen darf. Solche gutachtlichen Äußerungen liegen im gegebenen Fall aber noch nicht einmal vor. Selbst wenn in der Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, daß der Jugendliche nicht die Fähigkeit besitzt, die es erlaubt, ihm die Tat als eine solche zuzurechnen, für die er vor Gericht einzustehen und deren Folgen er zu tragen hat (§ 4 Abs. 1 JGG), müssen im gegebenen Fall Erziehungsmaßnahmen gern. § 9 JGG angeordnet werden. Das fordern die gesamten Umstände der Tat und die Persönlichkeit des Jugendlichen, auf den, wie die Vergangenheit zeigt, durchaus positiv erzieherisch eingewirkt werden kann. Hat der Staatsanwalt einmal Anklage erhoben, so ist das Gericht verpflichtet, die Notwendigkeit der Anordnung solcher Maßnahmen und ihr Ausmaß zu prüfen und entsprechend zu entscheiden. Dies ergibt sich zwingend aus der in der StPO und im JGG festgelegten Verfahrensweise. Das Gericht muß jetzt die Lebensverhältnisse des Jugendlichen, seine Familienverhältnisse, seine materiellen Lebensbedingungen sowie alle Umstände erforschen, die zur Beurteilung seiner körperlichen und geistigen Eigenart dienen. Wenn die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel Anklage erhoben hat, die Anordnung einer Erziehungsmaßnahme zu erreichen, so ist dagegen nichts einzuwenden. Das Gericht ist vielmehr verpflichtet, unter Einhaltung des gesetzlichen Verfahrensweges diesen Antrag zu prüfen und darüber zu entscheiden. Keineswegs kann jetzt das Gericht mit einem Hinweis auf § 35 JGG von der Durchführung des Verfahrens Abstand nehmen und den Staatsanwalt auf die Anregung der Einleitung von Erziehungsmaßnahmen durch den Rat des Kreises verweisen. Der Inhalt des § 35 JGG erstreckt sich nur auf eine solche Möglichkeit des Staatsanwalts vor Anklageerhebung. 286;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 286 (NJ DDR 1963, S. 286) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 286 (NJ DDR 1963, S. 286)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

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