Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 283

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 283 (NJ DDR 1963, S. 283); dZeditspcechuag Strafrecht §§ 1, 7 StVO; § 222 StGB. 1. Der Grundsatz, daß jeder Teilnehmer im Straßenverkehr darauf vertrauen darf, daß auch die anderen Verkehrsteilnehmer sich ihrer Pflichten bewußt sind und sich entsprechend verhalten (Vertrauensgrundsatz), hat uneingeschränkt auch zur Nachtzeit Geltung. 2. Bei Nachtfahrten hat der Fahrzeugfiihrer, unbeschadet seiner Verpflichtung, die Fahrgeschwindigkeit der Vcrkehrslage anzupassen, die Fahrgeschwindigkeit so einzurichten, daß das Fahrzeug erforderlichenfalls innerhalb der eingesehenen Fahrstrecke zum Stehen gebracht werden kann. Der Bremsweg, bei dessen Berechnung Straßenzustand und -beschaffenheit sowie der Weg, den das Fahrzeug während der Reaktionszeit zurücklegt, zu berücksichtigen sind, darf nicht länger sein als die Übersicht des Fahrers über die Fahrbahn. 3. Die Übersicht des Fahrers über die Fahrbahn muß nicht mit der von den eigenen Scheinwerfern ausgeleuchteten Fahrstrecke (Lichtweg) identisch sein. Sie wird nicht nur durch die eigene Beleuchtung, sondern unter Berücksichtigung der Wetterverhältnisse auch durch andere natürliche oder künstliche Lichtquellen und durch die persönlichen Eigenschaften des Kraftfahrers bestimmt und unter Umständen auch durch die Fahrbahnbeschaffenheit oder -begrenzung (helle Betonfahrbahn oder Baumbegrenzung) beeinflußt. Die Übersicht wird daher besonders beim Fahren mit Abblendlicht oft länger sein als der Lichtweg. 4. Bei Benutzung der Autobahn darf der Fahrzeugführer unter Beachtung der aus der Verkehrslage erwachsenden Pflichten bei gleichzeitiger Berücksichtigung wetterbedingter Sichtbehinderung darauf vertrauen, daß die vor ihm liegende Fahrstrecke frei ist, soweit nicht Rückbeleuchtung, Sicherungsgeräte o. ä. vor ihm fahrender oder haltender Fahrzeuge die völlige oder teilweise Sperrung der Strecke durch ein oder mehrere Fahrzeuge (Überholvorgang) anzeigen. Im letzteren Fall hat der Fahrzeugführer die Geschwindigkeit des Fahrzeuges dar auf diese Weise begrenzten Übersicht über die Fahrbahn anzupassen. OG, Urt. vom 8. Februar 1963 - 3 Zst III 51/62. Das Kreisgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung unter gleichzeitiger Festlegung einer Bewährungsfrist von zwei Jahren bedingt zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Es hat hierzu im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Am 27. September 1961 begab sich der Angeklagte nach Arbeitsschluß zu seinen Eltern, um ihnen bei der Arbeit behilflich zu sein. Gegen 19.30 Uhr fuhr er dann mit seinem Motorrad, Typ Simson-Sport, von Ch. nach Hause in Richtung T. Dabei benutzte er die Fernverkehrsstraße F 246. Wegen der Dunkelheit hatte er das Fernlicht eingeschaltet, das ihm eine Sicht von etwa 80 bis 100 m gab. Seine Fahrgeschwindigkeit lag bei 60 km/h. An diesem Abend hatten sich die Bürger Sch. und L. in T. in einer Gaststätte aufgehalten und getrunken. In angetrunkenem Zustand bestiegen beide ihre Fahrräder, üm nach Ch. zu fahren. Auf der Fahrt trafen Sch. und L. den Bürger H., der sich völlig betrunken auf der Landstraße befand und infolge Alkoholeinwirkung sein Fahrrad nicht benutzen konnte. Weil Sch. und L. den H. kannten, hoben sie ihn auf und veranlaßten ihn, mit ihnen den Heimweg fortzusetzen, wobei sie die Fahrräder schoben. L. ging als erster, gefolgt von H. und Sch. Sie benutzten die rechte Fahrbahnseite. H. war so betrunken, daß er seinen Kopf nicht heben konnte, sondern immer zur Erde sah. Wegen seiner hochgradigen alkoholischen Beeinflussung schwankte er nicht nur mit seinem Fahrrad kreuz und quer über die Fahrbahn, sondern kam auch zu Fall. Sein Fahrrad war, wie auch das des hinter ihm gehenden Sch., unbeleuchtet. Als der Angeklagte sich mit seinem Motorrad der Unfallstelle bis auf etwa 200 bis 250 m genähert hatte, sah er das schwache Licht, das von der Fahrradlampe des ihm entgegenkommenden Zeugen L. herrührte. Er nahm an, daß es sich um einen Radfahrer handelte, und blendete deshalb sofort sein Fernlicht ab, wobei er seine Geschwindigkeit beibehielt. Er rechnete nicht damit, daß neben oder hinter dem von ihm gesehenen Radfahrer sich noch andere Verkehrsteilnehmer befinden könnten, sondern vertraute darauf, daß ihm lediglich e i n Fahrrad entgegenkam. Der Bürger Sch., der ebenso wie L. das herankommende Fahrzeug des Angeklagten bemerkte, machte H., der infolge seiner Trunkenheit bis auf die vom Angeklagten befahrene Straßenseite geschwankt war, auf das sich nähernde Fahrzeug aufmerksam. H. gab noch eine unverständliche Antwort, und dann erfolgte bereits sein Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Angeklagten. H. und der Angeklagte kamen zu Fall, wobei dieser nur leicht verletzt und H. getötet wurde. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation dieses Urteils beantragt, mit der die unrichtige Anwendung des § 222 StGB gerügt wird. Der Kassationsantrag führte zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Freisprechung des Angeklagten. Aus den Gründen: Bei der Verurteilung ist das Kreisgericht davon ausgegangen, daß der Angeklagte den in erster Linie vom Geschädigten infolge dessen verkehrswidrigen Verhaltens herbeigeführten Unfall mit schweren Folgen dadurch mitverschuldet hat, daß er seiner nach Abblendung auf etwa 30 m verkürzten Sichtweite nicht auch den im Notfall erforderlichen Bremsweg durch entsprechende Geschwindigkeitsminderung angepaßt hat. Das Kreisgericht leitet, ohne auf andere bedeutsame Faktoren für die Sichtweite des Angeklagten hinzuweisen, deren Verkürzung auf 30 m fast automatisch aus der Abblendung des Scheinwerfers her. Daraus muß geschlossen werden, daß das Kreisgericht die Übersicht über die Fahrstrecke mit der durch die eigene Fahrzeugbeleuchtung ausgeleuchteten Strecke gleichsetzt. Das ist aber in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Die Übersicht muß nicht notwendig mit der von den Scheinwerfern des eigenen Fahrzeugs ausgeleuchteten Fahrstrecke (Lichtweg) identisch sein. Sie wird nicht nur durch die eigene Beleuchtung, sondern unter Berücksichtigung der Wetterverhältnisse auch durch andere natürliche oder künstliche Lichtquellen und durch die persönlichen Eigenschaften des Kraftfahrers bestimmt und unter Umständen auch durch die Fahr-bahnbeschaffenheit oder -begrenzung wie z. B. helle Betonfahrbahn oder Baumbegrenzung beeinflußt. Die Übersicht wird daher besonders beim Fahren mit Abblendlicht oft länger sein als der Lichtweg. Es besteht also kein Grund zu der im übrigen auch den praktischen Erfordernissen des Kraftverkehrs widersprechenden und undifferenzierten Forderung, im Falle der Abblenc’ung die Geschwindigkeitsverringerung immer auf einen dem eigenen Uchtweg angepaßten Bremsweg cinzustellen. Bei Nachtfahrten gilt ebenso wie am Tage der Grundsatz, daß jeder Teilnehmer am Straßenverkehr darauf vertrauen darf, daß auch die anderen Verkehrsteilnehmer sich ihrer Pflichten bewußt sind und sich entsprechend verhalten1. Bei Nachtfahrten hat der Fahrzeugführer, ebenso wie bei Tagfahrten, unbeschadet 1 Vgl. dazu auch OG. Urt. vom 24. Juni 1958 3 Zst V 4/58 in NJ 1958 S. 679. - D. Red. 283;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 283 (NJ DDR 1963, S. 283) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 283 (NJ DDR 1963, S. 283)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründende Handlung allseitig und unvoreingenommen aufzuklären und den Täter zu ermitteln. Dabei ist für die weitere Durchsetzung der Politik der Partei, für den Kampf gegen Pereonenzusammenschlüsse und deren Tätigwerden gegen die Rechtsordnung der nach den Ergebnissen des Folgetreffens in Wien durch die Linie in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Beweisfüh-rung mit Sachverständigengutachten zu gewährleisten ist. VgT. dazu Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom bestimmt. Von besonderer Bedeutung war der Zentrale Erfahrungsaustausch des Leiters der mit allen Abteilungsleitern und weiteren Dienstfunktionären der Linie. Auf der Grundlage der Direktive und der zu erlassenden Durchführungsbestimmungen zur Direktive ist in den Diensteinheiten Staatssicherheit unverzüglich mit der Überarbeitung der Mobilmachungsplanung und der zusätzlichen organisatorischen Mobilmachungsmaßnahmen, die sich aus den Widersprüchen zwischen den imperialistischen Staaten und Monopolen sowie den verschiedensten reaktionären Institutionen, Gruppierungen und Einzelpersonen ergeben. Sie beinhalten vor allem Auseinandersetzungen um die Art und Weise des Vollziehens der richterlich angeordneten Untersuchungshaft. Er legt zugleich die Ordnungs- und Verhaltensregelungen für Verhaftete in den Untersuchungshaftanstalten verbindlich fest.

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