Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 245

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 245 (NJ DDR 1963, S. 245); Die Aufgabe der Gerichte, jedes einzelne Verfahren so durchzuführen, daß die Ursachen der Straftat Sichtbarwerden und daraufhin Maßnahmen zu ihrer Überwindung ergriffen werden können, bestimmt auch den Umfang der Tätigkeit des psychiatrischen Sachverständigen im Strafverfahren. Diese sollte sich deshalb nicht nur auf die Untersuchung des Geisteszustandes des Angeklagten und die Abgabe der sachverständigen Stellungnahme zu dem medizinischen Kriterium des § 51 StGB beschränken, sondern auch auf die Feststellung mitwirkender Bedingungen, wie z. B. falsche Behandlung geistig erkrankter Menschen durch ihre Umgebung, gerichtet sein, um auch insoweit erforderliche Veränderungen herbeiführen zu können. So wurde z. B. in einer Strafsache festgestellt, daß der jugendliche Täter, bei dem ein organisch bedingter Schwachsinn vorlag, wegen seines zeitweilig abartigen Verhaltens ständigen Hänseleien und Kränkungen z. T. in Form der Nichtanerkennung seiner Arbeitsleistungen durch seine Arbeitskollegen ausgesetzt war. Infolge seiner organischen Schädigung war der Angeklagte nicht fähig, die in ihm nachwirkenden Ärgernisse zu überwinden; vielmehr stauten sich diese in ihm und lösten letztlich die Tat aus. Auch in den Fällen, in denen eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist, sollte auf die Feststellung derartiger Umstände nicht verzichtet werden, weil nach einer Entlassung des betreffenden Bürgers aus der Anstalt daraus Schlußfolgerungen für einen richtigen Umgang mit ihm gezogen werden müssen. Das gilt auch für die Fälle, in denen zwar eine psychiatrische Untersuchung geboten war, diese aber ergeben hat, daß z. Z. der Tat beim Tater weder eine Bewußtseinsstörung noch eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit oder Geistesschwäche im Sinne des § 51 Abs. 1 und 2 StGB Vorgelegen haben. Gleichwohl können bei dem Täter einige Defekte vorhanden sein, die sich aber aus einer fehlerhaften Erziehung oder aus anderen Umwelteinflüssen ergeben. Hier sollte der Psychiater gleichfalls darlegen, wie dem entgegengewirkt werden kann, d. h., wie der betreffende Täter vom ärztlichen Standpunkt behandelt werden müßte, um alle Momente, die ein erneutes Straffälligwerden begünstigen könnten, weitgehend auszuschalten. Die Würdigung des Gutachtens durch das Gericht Es obliegt ausschließlich dem Gericht, die rechtliche Würdigung vorzunehmen, d. h., die rechtlichen Schlußfolgerungen aus dem Gutachten zu ziehen. Das Gericht trägt die alleinige Verantwortung für die Entscheidung, ob der Beschuldigte unzurechnungsfähig oder erheblich vermindert zurechnungsfähig ist. Insoweit hat das Gericht die Würdigung der sich aus den medizinisch-wissenschaftlichen Symptomen ergebenden juristischen Folgerungen im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen des Tatgeschehens in eigener Verantwortung vorzunehmen. Deshalb ist es wichtig, daß in dem Gutachten die Faktoren besonders deutlich herausgearbeitet werden, die die voll vorhandenen oder erheblich verminderten oder völlig fehlenden geistigen Fähigkeiten des Angeklagten kennzeichnen. Dabei muß was nicht immer ausreichend erkennbar wird deutlich dargestellt werden, ob sich diese voll vorhandenen, eingeschränkten oder mangelnden Voraussetzungen auf die Einsichts- oder auf die Willensbestimmungsfähigkeit oder auf beide Fähigkeiten beziehen, um so dem Gericht die Grundlage dafür zü geben, eine exakte rechtliche Beurteilung vornehmen zu können. In den Fällen, in denen die Gerichte zu einer von dem Sachverständigengutachten abweichenden Ansicht gelangen, sind sie verpflichtet, sich im Urteil ausführlich mit dem Gutachten auseinanderzusetzen. Es ist nicht zulässig, die auf fachliche Spezialkenntnisse gestützten Bekundungen, eines Sachverständigen etwa mit dem bloßen Hinweis auf die Überzeugung des Gerichts oder auf allgemeine Lebenserfahrungen auszuräumen. Das psychiatrische Gutachten kann auch nicht mit der Begründung widerlegt werden, der Angeklagte habe sich in der Hauptverhandlung geordnet verhalten und erklärt, er habe gewußt, daß er etwas Verbotenes tat. Dieser Umstand rechtfertigt nicht die Feststellung, daß der Angeklagte auch entsprechend seiner Strafbarkeitseinsicht handeln konnte. In diesen Fällen ist der Sachverständige um eine Erläuterung seines Gutachtens zu ersuchen. Es wäre auch verfehlt und ein wesentlicher Mangel der Sachaufklärung, wenn das Gericht beispielsweise bei Vorliegen mehrerer in den medizinischen Schlußfolgerungen eines Untersuchungsergebnisses voneinander abweichenden Gutachten nur einen Sachverständigen in der Hauptverhandlung hören und dessen Ansicht folgen würde, ohne dem anderen Gutachter Gelegenheit zu geben, seine gegenteilige Auffassung darzulegen. Es würde hierbei außer acht bleiben, daß die abweichende Meinung des anderen, in der Hauptverhandlung nicht gehörten Sachverständigen möglicherweise auf Umständen beruht, die in dem als richtig angesehenen Gutachten nur ungenügend oder keine Erwähnung gefunden haben, jedoch für die Beurteilung des Geisteszustands des Angeklagten entscheidende Bedeutung haben könnten. * Ich hoffe, schon durch diese nur allgemein umrissene Aufgabenstellung an das psychiatrische Gutachten deutlich gemacht zu haben, welche aktive Rolle 'dem Gutachter bei der Verwirklichung der der Rechtspflege gestellten Aufgaben zukommt: nicht nur Begutachter und Helfer des Gerichts im Sinne der Konstatierung des Geisteszustandes eines Angeklagten zu sein, sondern darüber hinaus dem Gericht zu helfen, Ursachen oder mitwirkende Bedingungen einer Tat zu erkennen % und damit den Ansatzpunkt für die Beseitigung solcher Faktoren bzw. deren Wirksamwerden zu geben. Dr. KURT GRATHENAUER, wiss. Oberassistent am Institut für Strafrecht der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Zur Vereinheitlichung des Jugendstrafrechts Das JGG aus dem Jahre 1952 gibt dem Jugendlichen eine besondere strafrechtliche Stellung. Sie findet in den einzelnen Normen des JGG, das sowohl strafrechtliche als auch prozessuale Bestimmungen sowie Grundsätze des Strafvollzugs und der Strafvollstreckung zum Inhalt hat, ihren Ausdruck. Nachdem bereits auf dem V. Parteitag der SED im Jahre 1958 auf die umfassende Neugestaltung unseres sozialistischen Rechts orientiert worden war, stellte nunmehr der VI. Parteitag der SED die Aufgabe, ein neues, sozialistisches StGB auszuarbeiten. Dabei ergibt, sich die Frage: Ist es weiterhin richtig,' den Jugendlichen eine strafrechtliche Sonderstellung zu geben, oder liegt es im' gesellschaftlichen Interesse, diese Sonderstellung als den neuen Bedingungen nicht mehr entsprechend zu beseitigen und das Ju- 245;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 245 (NJ DDR 1963, S. 245) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 245 (NJ DDR 1963, S. 245)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen haben unter den Strafgefangenen, die sich zum Vollzug der Freiheitsstrafe in den Abteilungen befinden, die poitisch-operative Arbeit - vor allem auf der Grundlage der dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen von ihrem momentanen Aufenthaltsort zu einer staatlichen Dienststelle gebracht wird. In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfolgt bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die. Des t-nahme auf der Grundlage eines Haftbefehls durchführen zu können. Die Durchfülirung von Befragungen Verdächtiger nach im Zusammenhang mit der Erarbeitung von Sachverständigengutachten, sondern ausschließlich solche untersuchen, die im Zusammenhang mit der Auswahl von Sachvers tändigen, der Auftragserteilung an sie und das Zusammenwirken mit weiteren Schutz- und Sicherheitsorganen bei der Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken mit Diensteinheiten Staatssicherheit und anderen Schutz- und Sicherheits- Rechtspflegeorganen bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen -., . ,. lrfj . T? Wie die praktischen Erfahrungen Staatssicherheit bei der Aufdeckung und Bokänpf lieh - о vor Hand ngen, inobosondero Zusahne -hang mit der Bearbeitung von Verfahren gegen sogenannte Agenturen mit spezieller Auftragsstruktur, grobe Verletzungen von Gesetzen unseres sozialistischen Staates und meiner Befehle und Weisungen sowie ernste Mängel und unentschuldbare Fehler in der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Hauptabteilung unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu verhindern, daß der Gegner Angeklagte oder Zeugen beseitigt, gewaltsam befreit öder anderweitig die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung ernsthaft stört.

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