Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 239

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 239 (NJ DDR 1963, S. 239); dert, die forensische Psychiatrie und die medizinische Psychologie in den Lehrplan der Juristischen Fakultäten als obligatorisches Vorlesungsfach aufzunehmen und in den Bezirken Konsultationsmöglichkeiten für Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte zu schaffen. Szewczyk wies darauf hin, daß es nicht ausreiche, nur die medizinische Psychologie zu lehren. Für den Juristen sei es auch wichtig, z. B. eine Vernehmung psychologisch richtig durchzuführen. Dafür liefere ihm die medizinische Psychologie aber keine Kenntnisse. Gewarnt werden müsse allerdings wie es zahlreiche Vorredner schon getan hätten vor dem Eindringen des „Psychologismus“, also einer unwissenschaftlichen Betrachtungsweise, in die Arbeit der Justizorgane. Deshalb müsse die Ausbildung der Juristen auf dem Gebiet der Psychologie mit besonderem Verantwortungsbewußtsein geschehen, um Schematismus und Praktizismus zu vermeiden. Einem abschließenden Vortrag von Frau Dr. P e n e w a (Sofia), die einen Überblick über die Organisation der Gutachtertätigkeit in der Volksrepublik Bulgarien gab, ist die Anregung zu entnehmen, gerichtspsychiatrische Zentren für die Gutachtertätigkeit zu schaffen. Eine solche Einrichtung würde sichern, daß die von Prof. Dr. Schwarz (Direktor der Universitäts-Nerven-klinik Greifswald) erhobene Forderung verwirklicht wird, nur besonders erfahrene Spezialisten mit der Erstattung von Gutachten zu beauftragen. * Das Symposion war ein erfolgversprechender Beginn einer engeren Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Juristen. Es wäre zu wünschen, daß ein ähnliches Gespräch, auch zwischen Pädagogen, Psychologen und Juristen entsteht. Oberarzt Dr. med. Dr. rer. nat. HANS SZEWCZYK, Leiter der Gerichtspsychiatrischen Abteilung der Universitäts-Nervenklinik der Charite Vorschläge zu den Aufgaben des Arztes in der Strafrechtspflege Dem nachstehenden Artikel liegt der Vortrag des Verfassers auf dem Symposion über aktuelle Fragen der Gerichtspsychiatrie zugrunde. Er enthält zugleich das Kernstück der Stellungnahme der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie zum Staatsratserlaß über die Rechtspflege. Wir stellen die Gedanken zur Diskussion. D. Red. Der Arzt als Mitarbeiter bei der Forschung Mit dem neuen Strafrecht und den Staatsratsbeschlüssen zur Rechtspflege wird sich auch die Arbeit des Naturwissenschaftlers, vor allem des Psychiaters, wesentlich ändern, und zwar sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht. Der Naturwissenschaftler, insbesondere aber der Psychiater, hat viele Möglichkeiten und auch die Pflicht, sich an der Erforschung der Ursachen der Kriminalität zu beteiligen. Während die Tätigkeit des Juristen sich bisher vorwiegend auf diejenigen Bürger beschränkte, die das Recht verletzten, berücksichtigen wir darüber hinaus alle diejenigen Menschen, die fehlerhafte Verhaltensweisen haben, auch wenn diese fehlerhaften Verhaltensweisen nicht oder noch nicht in einer Straftat bestehen. So gehört also der nicht straffällig gewordene Versager genau so zu den von uns zu Beurteilenden wie der kriminell gewordene, aggressive Störer. Wir glauben, daß man bei der Beurteilung der Ursachen der Kriminalität sich nicht auf die Straftäter beschränken darf, sondern daß man in einer erweiterten Fragestellung alle anderen Auffälligen, vor allem die Jugendlichen, mit hineinnehmen müßte, ähnlich wie es bereits in pädagogischen Arbeiten der letzten Zeit geschieht. Man muß sich dann fragen, unter welchen begünstigenden Bedingungen diese psychisch Auffälligen kriminelle Handlungen vollbringen, und man wird z. B. sehen, daß bestimmte Formen psychischer Auffälligkeit bei gleichen begünstigenden Bedingungen ganz bestimmte Kriminalitätserscheinungen erzeugen. Eine derart erweiterte Kriminalitätsforschung geht bereits über die spezielle Fragestellung des Juristen hinaus, zeigt aber als Beispiel, wie die Forschung des Mediziners auch Grundlagen für die Forschungsarbeit des Juristen liefert. Wir wissen jetzt, daß unser naturwissenschaftliches Vorgehen sich weitgehend den Vorstellungen annähert, die in letzter Zeit auch von unseren führenden Juristen entwickelt worden sind. Es geht darum, die Ursachen, die begünstigenden Bedingungen und die Anlässe der jeweiligen kriminellen Tat bzw. der gesamten Kriminalität zu erforschen. Wir Psychiater haben uns dabei mehrere Fragen vorgelegt und diese zu beantworten versucht. Unter anderem sind wir der Frage nachgegangen, durch welche Umweltsbereiche der Jugendliche und der Erwachsene je nach seinem Entwicklungsalter und seiner besonderen Persönlichkeit vorwiegend beeinflußt werden können. Dabei müssen wir die globalen Begriffe „Umwelt“ und „gesellschaftliche Verhältnisse“ in einzelne Faktoren aufgliedern und deren unterschiedliche Einwirkung je nach den vorhandenen Umständen untersuchen. Das gilt für die Frage der Kriminalität, noch mehr aber dafür, welche Erziehungs-uncT Strafmaßnahmen auf die einzelnen, besonders auf die vom Durchschnitt abweichenden Menschen wirken. Jeden Straffälligen mit der gleichen Methode erziehen, wäre das gleiche, als wenn der Arzt bei jeder Krankheit die gleiche Medizin verordnen wollte. Wir glauben, daß man bei der Suche nach der besonderen Persönlichkeit eines Menschen folgendes unterscheiden müßte: die Anlage (die allerdings früher meist überschätzt wurde), die Entwicklung und ihren jetzigen Stand, eventuelle organische Schädigungen, den besonderen soziologischen Raum und die individuellen psychogenen, also erlebnismäßigen Bedingungen. Man sieht dann, daß beispielsweise eine besondere Form der Entwicklung die Ansprechbarkeit des Menschen für besondere Umweltfaktoren beeinflußt. Hierfür ein Beispiel: Uns wurde der rückfällige 17jäh-rige, leicht schwachsinnige und leicht gehirngeschädigte Fensterputzer Dieter T. zur Begutachtung vorgestellt. Dieter reinigte die Fenster so, daß er bereits mittags mit der Tagesarbeit fertig war und das Soll mit 180 % erfüllt hatte. Seitens des Betriebsleiters wurde seine Arbeitsweise nicht getadelt. Dieter verstand jedoch nicht, daß unredliche Verhaltensweisen von seinem Betrieb erlaubt, aber in anderen sozialen Bereichen des Lebens nicht gestattet sind, und kam hierdurch zur Straffälligkeit. In einem anderen Arbeitsmilieu wäre er wahrscheinlich nicht straffällig geworden, genau wie ein normalbegabter gesunder Jugendlicher in diesem Betrieb außerhalb der Arbeit nicht kriminell geworden wäre. Das heißt, organischer Hirnschaden, Euphorie (erheblich gehobene Grundstimmung mit stark entwickeltem, aber nicht zielgerichtetem Tatendrang), das besondere Entwicklungsalter und die besonderen ge- 239;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 239 (NJ DDR 1963, S. 239) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 239 (NJ DDR 1963, S. 239)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Untersuchungsorgane Staatssicherheit werden dabei in Erfüllung konkreter Weisungen des Ministers für Staatssicherheit eigenverantwortlich tätig und tragen damit die Verantwortung für die operativen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren zu übernehmen. In den Mittelpunkt der Weiterentwicklung der durch Kameradschaftlichkeit, hohe Eigenverantwortung und unbedingte Achtung der Arbeit anderer gekennzeichneten Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Realisierung von Maßnahmen der inoffiziellen und offiziellen Beweisführung sowie bei der Beweis Würdigung; der komplexe, aufeinander abgestimmte Einsatz der tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden zulässig und notwendig. Die erfordert methodisch korrektes Vorgehen. Die wichtigsten Maßnahmen und Denkoperationen dec Beweisführungsprozesses sind - parteiliche und objektive Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie erfolgte hei ahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit. Das schließt die konsequente Einhaltung und offensive Nutzung völkerrechtlicher Vereinbarungen und Verpflichtungen ein. Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen gesehen. Es geht also insgesamt darum, die operative Bearbeitung von Personen Vorkommnissen direkter, ausgehend von den entsprechenden Straftatbeständen, zu organisieren.

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