Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 222

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 222 (NJ DDR 1963, S. 222); ten die Kassation dieses Urteils beantragt. Mit dem Anträge wird das Urteil im vollen Umfang angefochten; es wird Verletzung des Verfahrensrechts (§§ 200, 207 StPO) durch mangelhafte Sachaufklärung, unrichtige Feststellung des Sachverhalts, daraus folgend möglicherweise fehlerhafte Anwendung der Vorschriften des § 170 b StGB und schließlich unrichtige Strafzumessung gerügt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat richtig festgestellt, daß der Angeklagte ab Mai 1961 in so geringem Umfange seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern nachgekommen ist, daß diese zur Dek-kung ihres Lebensbedarfs sowohl die Hilfe anderer Personen als auch staatliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten. Diese Feststellungen allein vermögen aber die Rechtmäßigkeit der Verurteilung des Angeklagten wegen eines Vergehens nach § 170 b StGB nicht zu begründen. Von jeder Verurteilung wegen einer solchen Straftat muß die Frage geprüft werden, ob der Angeklagte überhaupt in der Lage war, ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts zum Unterhalt des oder der Berechtigten durch Zahlung von Geldbeträgen beizutragen. In dieser Richtung hat das Kreisgericht den Sachverhalt unter Verletzung der in § 200 StPO festgelegten Verpflichtungen zur allseitigen Wahrheitserforschung nicht aufgeklärt. Das Kreisgericht hat es geradezu abgelehnt, sich mit dieser Frage zu befassen. Das ergibt sich daraus, daß der Vorsitzende der Strafkammer dem Hinweis des Verteidigers in der Hauptverhandlung, der Angeklagte habe in den ersten Oktobertagen 1961 krankheitshalber Arbeitsausfall gehabt, mit der Bemerkung entgegenlrat, es sed nicht Aufgabe des Gerichts, den Arbeitsausfall festzustellen; es komme vielmehr darauf an, die Frage zu klären, warum der Angeklagte seiner Frau und seinen Kindern nicht Unterhalt gezahlt habe (vgl. Protokoll über die Hauptverhandlung). Dieser Einwand macht im Zusammenhang damit, daß dem Hinweis der Verteidigung tatsächlich nicht nachgegangen wurde, deutlich, daß dem Kreisgericht die Notwendigkeit, auch die Frage der Leistungsfähigkeit des Angeklagten zu untersuchen, nicht klar geworden ist. Anderenfalls hätte es den engen Zusammenhang des Hinweises der Verteidigung mit der Frage nach dem Grunde der Nichtzahlung von Unterhaltsbeträgen und damit, ob der Angeklagte schuldhaft gehandelt hat, erkennen müssen. Das Kreisgericht Nhat sich also zu Unrecht darauf beschränkt, summarisch festzustellen, der Angeklagte habe seit seiner Entlassung aus der Nationalen Volksarmee fünfmal den Arbeitsplatz gewechselt, ohne zu klären, ob, wie oft und aus welchen Gründen ein solcher Wechsel in der Zeit von Mai bis November 1961 erfolgt ist. Es hat weiter ungeklärt gelassen, wie hoch der jeweilige Verdienst des Angeklagten war, ob durch eventuellen Arbeitsplatzwechsel in dieser Zeit erhebliche Verdienstausfälle eingetreten sind und wenn ja, ob solche Ausfälle auf Umstände zurückzuführen sind, die der Angeklagte zu vertreten hat, wie z. B. bei längerer, durch Passivität bei der Arbeitssuche verursachter Arbeitsunterbrechung. Zur Klärung dieser Fragen hätte an Hand von Arbeits- und Verdienstbescheinigungen geprüft und festgestellt werden müssen, von wann bis wann und mit welchem Verdienst der Angeklagte in den einzelnen Betrieben gearbeitet hat bzw. von wann bis wann er ohne Arbeit war und worauf das zurückzuführen ist. Das Kreisgericht hat aber noch nicht einmal die für die Beantwortung gerade dieser Fragen wichtigen Dokumente beachtet, die sich bereits bei den Akten befinden; es hat sogar in seinem Urteil Feststellungen getroffen, die zum Teil im Widerspruch zum Inhalt dieser Doku- mente stehen, ohne sich erkennbar mit diesen Widersprüchen auseinanderzusetzen. So führt es im Urteil aus, der Angeklagte sei Anfang Mai 1961 keiner Arbeit nachgegangen, wobei wie aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ersichtlich gemeint ist, er habe um diese Zeit nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Bei den Akten befindet sich aber eine Bescheinigung des VEB Kombinat Schwarze Pumpe vom 14. Oktober 1961, wonach der Angeklagte in diesem Betrieb vom 13. Oktober 1960 bis 3. Juni 1961 als Fördermann tätig war. Aus dieser Bescheinigung, in der für die Monate Januar bis Juni 1961 jeweils Bruttoverdienst, Höhe des Kindergeldes, Krankheitsausfall, Urlaub und Fehlschichten aufgeführt sind, geht hervor, daß der Angeklagte vom 2. bis 14. Mai 1961 krank war, in diesem Monat einen Bruttoarbeitslohn von 481,54 DM erzielte und 61,06 DM Kindergeld erhielt. Bei den Akten befindet sich weiter ein Schreiben des Hoch- und Tiefbauunternehmens S., mit welchem bestätigt wird, daß der Angeklagte vom 28. August 1961 an als Bauarbeiter in diesem Betrieb tätig war und sein monatlicher Bruttolohn durchschnittlich 354,90 DM betrug. Aus einer Aussage des Angeklagten im Ermittlungsverfahren ergibt sich schließlich, daß er im Juni 1961 bei der Baufirma J. zu arbeiten begann. Die Bedeutung all dieser im Ermittlungsverfahren bekannt gewordenen Tatsachen für die richtige Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten liegt so auf der Hand, daß deren Ignorierung durch das Kreisgericht als grobe Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht bezeichnet werden muß. Diese Tatsachen hätten das Kreisgericht bereits bei der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Hauptverfahrens veranlassen müssen, durch Beschluß nach § 172 Ziff. 2 StPO die Beiziehung von Arbeitsbescheinigungen der Firmen S. und J. anzuordnen, aus denen sich die wesentlichsten Einzelheiten der Tätigkeit des Angeklagten bei diesen Unternehmen hätten ergeben müssen. Nur auf der Grundlage eines so vollständigen Ermittlungsergebnisses und einer bereits im Stadium der Eröffnung des Hauptverfahrens vorzunehmenden sorgfältigen Prüfung der Sach- und Rechtslage hätte es in der Hauptverhandlung alle für die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten bedeutsamen Tatsachen auf klären können; es hätte vor allen Dingen Gewißheit darüber erlangt, ob der Angeklagte in jedem einzelnen der in Frage kommenden Monate in Arbeit stand, wieviel er in jedem dieser Monate verdiente und ob er gar in der gleichen Zeit, in der er keinerlei Unterhaltszahlungen leistete, die Kindergeldzuschläge erhielt. Die Feststellung dieser Einzelheiten wäre aber darüber hinaus auch für die Beantwortung der Frage nach den Beweggründen des Angeklagten von Bedeutung gewesen. Er hat dem Gericht vorgetragen, daß er mit der Nichtzahlung von Unterhaltsbeiträgen die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft durch seine Frau erzwingen wollte. Das Kreisgericht ist dieser Behauptung mit der Feststellung entgegengetreten, die Unterhaltsverpflichtung des Angeklagten hätte auch in diesem Falle weiter bestanden, so daß sein Vorbringen nicht stichhaltig sei. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß mit dem Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung niemals die Stichhaltigkeit dieses Vorbringens des Angeklagten widerlegt werden kann. Diese Argumentation zeigt aber die Oberflächlichkeit der Arbeitsweise des Kreisgerichts, das weder die Vielfalt der Lebens- und Bewußtseinsvorgänge durchdacht, noch die weitreichende Skala der möglichen Beweggründe für ein strafbares Verhalten gesehen und vor allem nicht die Bedeutung dieser Umstände für die allseitige richtige Einschätzung eines strafrechtlich zu beurteilenden Verhaltens erkannt hat. Deshalb hat es das Kreisgericht auch nicht verstanden. 222;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 222 (NJ DDR 1963, S. 222) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 222 (NJ DDR 1963, S. 222)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit Inoffizielles! Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie für die Planung der polit isch-ope rativen Arbeit im Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung, der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der seitens der Kontaktperson und die gegebenenfalls zugesicherte Unterstützung, Können hinsichtlich der Kontaktperson solche Feststellungen getroffen werden, so kann in der Regel auch der zweifelsfreie Nachweis geführt werden, daß es sich bei ihr um eine Person im Sinne der Tatbestände der und Strafgesetzbuch handelt, die in Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen bei Vorführungen sowie - die vorbeugende Verhinderung bzw, maximale Einschränkung von feindlich-negativen und provokatorisch-demonstrativen Handlungen bei Vorführungen, insbesondere während der gerichtlichen Hauptverhandlung. Überraschungen weitestgehend auszusohlieSen und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der setzen auch höhere Maßstäbe an die ständige politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der in der täglichen Zusammenarbeit.

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