Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 220 (NJ DDR 1963, S. 220); fahren sollen gegen den säumigen Teil gerichtet ver-; schärft werden (S. 263/64). Zum Bagatell- oder Schiedsurteilsverfahren ist zu sagen, daß in ihm der Richter den Verfahrensgang völlig nach freiem Ermessen bestimmt. Dieses Verfahren stellt, wie der Reformbericht feststellt, „eine praktisch nicht unbedeutende Besonderheit des amtsgerichtlichen Verfahrens dar“ (S. 208). Der führende westdeutsche Kurzkommentar ließ sich zu ihm wie folgt aus: „Regeln fürs Verfahren lassen sich nicht aufstellen. Klar ist nur, daß das Gericht nichts gesetzlich Verbotenes oder Sittenwidriges und nichts Widersinniges vornehmen darf.“10 Selbst von bürgerlichen Juristen wurde diese Art von Verfahren als „schwerste Verkümmerung der Rechtsgarantien“11, als ein bedenkliches Zeichen für die Notlage des Staates12, als eine Prozeßart, die Unsicherheit und Mißtrauen bei den Parteien schaffe und geeignet ist, „den kleinen Mann zu der Überzeugung zu bringen, daß seine Anliegen weniger ernst genommen werden als die Angelegenheiten größeren Formats“13, und ähnlich bezeichnet. ■ Dieses Bestreben, die „Schlagkraft“ der Justiz zu erhöhen, um für die erneuten aggressiven Ziele des deutschen Imperialismus die entsprechenden inneren Bedingungen herzustellen, findet vor allem in der Aufgabenstellung des Prozesses seinen Ausdruck. Bereits um die Jahrhundertwende erblickte die sog. soziale Richtung im Prozeßrecht ihre Aufgabe darin, das Verfahren den imperialistischen Herrschaftsverhältnissen anzupassen. Franz Klein, führend an der Ausarbeitung der österreichischen Prozeßordnung beteiligt, prägte damals für den Zivilprozeß das Wort von der „autoritären Sozialpolitik“14. Unter diesem Kennwort wurde praktisch bis auf den heutigen Tag die Unterordnung des bürgerlichen Staatsapparates unter die staatsmonopolistischen Interessen verwirklicht. Als Maßstab für die Entscheidungstätigkeit traten immer stärker irrationale und mystische Kategorien wie das „Rechtsgefühl“ in den Vordergrund13. Ausdruck hierfür ist in der Gegenwart vor allem die klerikale Gemeinwohlideologie. Die Rechtsordnung sei Friedensordnung, lautet z. B. eine These dieser Ideologie. Unter Friedensbewahrung wird in erster Linie die Herstellung des „sozialen Friedens“, also die Aufrechterhaltung des gegebenen imperialistischen Gesellschaftszustandes, verstanden10. Aufgabe des Richters sei es, die außerhalb und unabhängig vom Menschen existierenden sog. inneren Werte, die diesen sozialen Frieden begründen, im konkreten Einzelfall zur Geltung zu bringen”. Deshalb sei die Zweckfunktion des Prozesses nicht mehr allein die Gewährung von Rechtsschutz, sondern vor allem auch Rechtsvergewisserung im Dienste dieser Friedensbewahrung10. So heißt es: „Der zwischen den 10 Baumbach-Lauterbach. Zivilprozeßordnung, 23. Aul']., München-Berlin 1954, Anm. 3 B zu § 510 c. 11 H. Lehmann, „Zivilprozeßreform und Rechtsstaatsgedanke“ in: Sonderheft der Rhein. Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht, Berlin Leipzig 1924, S. 50. 13 vgl. Siegert, Grundlinien der Reform des Zivilprozeßrechts im Nachkriegseuropa, 1952, S. 18. 13 Lent, Zivilprozeßrecht, 3. Aufl., München Berlin 1949, S. 164. In späteren Auflagen hat sich Lent bezeichnenderweise dieses Vorwurfes enthalten, vgl. 7. Aufl. 1957, S. 187, denn inzwischen hatte dieses Verfahren durch einen ausdrücklichen Akt des Bonner Staates (1950) Heimstatt in Westdeutschland erhalten. 14 Klein, Zeit- und Geistesströmungen im Prozesse, Dresden 1901, S. 34/35. 15 Vgl. z. B. Riezler, Das Rechtsgefühl, München 1946; s. dort besonders die auf S. 182 ff. zitierten Entscheidungen. 16 Vgl. hierzu z. B. Hamei, Die Bedeutung der Grundrechte im sozialen Rechtsstaat, Berlin (W) 1957; ferner Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, Köln 1961. 17 vgl. hierzu die Nachweise in den Arbeiten des Verfassers. „Politischer Klerikalismus und westdeutscher ,Richterstaat‘ “, Staat und Recht 1961, S. 1663 ff., sowie „Zur Begriffsbildung des kapitalistischen Zivilprozeßrechts in Deutschland“, Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena, GesellsChaftswiss. Reihe 1960/61, Heft 4, S. 537 ff. 18 Vgl. Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 6. Aufl., München Berlin 1954, S. 2/3. Parteien bestehende unklare und ungeordnete Rechtszustand soll im Hinblick auf die Rechtsidee ausgerichtet und durch Klärung der Sach- und Rechtsverhältnisse sozial zweckmäßig gestaltet werden“10 *. Das bedeutet nichts anderes, als daß im Prozeß so zu entscheiden ist, wie es die Interessen der imperialistischen Bourgeoisie erfordern. Es wird deshalb empfohlen, die Beweisaufnahme „gemäß der Interessenlage und den sozialen Bedürfnissen“ in durchaus „freier“ Weise zu würdigen, wobei dem Richter seine eigene Erfahrung, die sich auf „konkrete wie generelle Tatsachenforschung“ stütze, wertvoller sei als „endlose, aufhaltende und kostspielige Beweisaufnahmen“20. Diese Empfehlungen stimulieren die Willkür der imperialistischen Gerichte. Gegenstand der Beweiserhebung sollen deshalb nicht bloß Tatsachen, sondern auch die Interessen, die subjektiven Wertungen und Bedürfnisse sein21. Das aber offenbart die Parallele zur strafrechtlichen imperialistischen Gesinnungsjustiz, die bei „genereller Tatsachenforschung“ und entsprechender Wertung Andersdenkende brutal verfolgt. Schon jetzt dient der Zivilprozeß der sich ständig verschärfenden Unterdrückung durch die Monopolbourgeoisie. Das kommt in verschiedenen gerichtlichen Entscheidungen deutlich zum Ausdruck. So wurde z. B. dem Schmerzensgeldanspruch, der bisher als Schadensersatzanspruch aufgefaßt worden war, durch den Bundesgerichtshof 1955 (BGHZ, Bd. 18, S. 149) nunmehr eine „Genugtuungs- und Bußfunktion“ unterschoben und eine Praxis entwickelt, die an die Bußtaxen des Mittelalters erinnert. Im Jahre 1958 wurde dann der durch das Gesetz ausdrücklich begrenzte Rahmen für den nichtvermögensrechtlichen Schadensersatz gesprengt. Entgegen dem Gesetz wurde die analoge Anwendung des § 847 BGB für die Verletzung des „Rechts zur freien Selbstbestimmung der Persönlichkeit“ zugelassen (BGHZ, Bd. 26, S. 349). Dem Kläger wurde nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs „eine fühlbare Genugtuung“ wegen unbefugter Veröffentlichung eines Bildes zuteil, wobei das Gericht bei der Höhe des Schadensersatzes „die gesellschaftliche Stellung des Klägers in Betracht gezogen und seine guten wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt“ habe. Es wurde die Schutzwürdigkeit des der Geldaristokratie angehörenden Klägers durch Betonung der „Gesellschaftsschicht“, in der er sich bewege, nachdrücklich hervorgehoben. Mit dieser Entscheidung sind die Schleusen geöffnet worden. Wegen immaterieller Verletzung der allerheiligsten Güter der freiheitlich-sozialen Ordnung des Imperialismus kann jetzt auch mit den Mitteln des Zivilrechts fühlbar Genugtuung oder Buße bis zur wirtschaftlichen Vernichtung des sog. Schädigers verlangt werden. Es versteht sich, daß dieses „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ zu den „Urwerten“ der imperialistischen Gesellschaftsordnung Westdeutschlands gehört und gewährt wird „zum Wirken“ der „intelligiblen (gedanklich erfaßbaren D. Red.) Funktion der Freiheit“22. Wie dieses „Recht“ aber für die Arbeiter gilt, zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. September 196123. Danach hat der Unternehmer das Recht, eine Stellenbewerberin bei den Einstellungsverhandlungen nach dem Bestehen einer Schwangerschaft zu fragen. Die Bewerberin sei zur wahrheitsgemäßen 19 Bernhardt, „Die Aufklärung des Sachverhalts im Zivilprozeß“ in: Beiträge zum Zivilprozeßrecht, Festgabe für Rosenberg, München-Berlin 1949, S. 9 ff. (10). 20 Sauer, „Beiträge zum BeweisreCht und zur Urteilsfindung“, Zeitschrift für Zivilprozeß, Bd. 68, S. 425 ff. (433). 21 Ebenda. 22 vgl. Hamei, a. a. O., S. 18 f. 23 Vgl. Juristen-Zeitung 1962, S. 224. 220;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 220 (NJ DDR 1963, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 220 (NJ DDR 1963, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren ist die reale Einschätzung des Leiters über Aufgaben, Ziele und Probleme, die mit dem jeweiligen Ermittlungsverfahren in Verbindung stehen. Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an politisch und tsohekistisoh klugem Handeln, flexiblem Reagieren und konsequentem Durchsetzen der Sicherheitsanforderungen verlangen. Die allseitig Sicherung der Inhaftierten hat dabei Vorrang und ist unter allen Lagebedingungen zu aev., sichern. Die gegenwärtigen und perspektivischen Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativen Basis, insbesondere der sind zur Qualifizierung der Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Opv rationsgebiet hat grundsätzlich in Abstimmung und Koordinierung anderen ;Mler. der sowie der operativen Mittel und Methoden eine hohe Wachsamkeit und Geheimhaltung sowie die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit voraus, oder es erfolgte eine Übernahme der Bearbeitung des Verdächtigen von einem der anderen Untersuchungsorgane der aus dem sozialistischen Ausland.

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