Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 156

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 156 (NJ DDR 1963, S. 156); Gesetzlichkeit auszugehen. Eine Einschränkung erfährt dieses Prinzip nur dann, wenn das Rechtsmittel lediglich von dem Angeklagten (bzw. vom Staatsanwalt zu seinen Gunsten) eingelegt ist und die Entscheidung zum Nachteil des Angeklagten abzuändern wäre. Das Recht des Angeklagten, gegen ein Urteil Berufung einzulegen, ist kein formales Recht, sondern ist unmittelbar mit seinem Recht auf Verteidigung verbunden. Der Angeklagte wird aber, nur dann Berufung einlegen, wenn er die Gewißheit hat, daß durch sein Rechtsmittel die ergangene Entscheidung nicht zu seinem Nachteil abgeändert wird. Aus diesem Grunde ist in § 277 StPO festgelegt, daß selbst dann, wenn die ergangene Entscheidung unrichtig ist, sie im Strafausspruch nicht zuungunsten des Angeklagten abgeändert, d. h., weder auf eine höhere Strafe noch auf eine schwerere Strafart erkannt werden darf, wenn das Rechtsmittel nur von ihm (oder vom Staatsanwalt zu seinen Gunsten) eingelegt worden ist. Besteht aber Übereinstimmung zwischen dem staatlichen Interesse und dem des Bürgers, dann kann auf die Durchsetzung der Gerechtigkeit nicht deshalb verzichtet werden, weil der Angeklagte in Verkennung der Rechtslage die Berufung beschränkt hat. Die Übereinstimmung der Interessen des einzelnen Bürgers mit denen der Gesellschaft konkretisiert sich darin, daß eine richtige Strafe nur auf der Grundlage eines richtigen Schuldausspruchs ausgesprochen werden kann. Das Prinzip der Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit erfordert deshalb, daß das Gericht in diesem Fall nicht an die Beschränkung gebunden ist. OG-Richtlinie Nr. 13. Die Übergabe einer Sache an die Konfliktkommission ist im Regelfall dann ausgeschlossen, wenn der Straftäter eine kurze Zeit vorher ausgesprochene Strafe ohne Freiheitsentzug demonstrativ mißachtet und durch eine gleichartige, insbesondere durch eine rowdyhafte Straftat rückfällig wird. Stadtgericht von Groß-Berlin, Beschl. vom 16. November 1962 - lOld BSR 136 62. Der- Angeklagte wird beschuldigt, in Berlin am 10. September 1962 im Zustand der Volltrunkenheit Widerstand gegen die Volkspolizei geleistet und sie verächtlich gemacht zu haben. An diesem Tage hatte der Angeklagte im volltrunkenen Zustand eine Telefonzelle beschädigt. Als ein Volkspolizist seine Personalien feststellen wollte, widersetzte er sich ihm und drohte ihm in Gegenwart von etwa 30 Personen mit Gewalttätigkeiten. Schließlich zog er seine Jacke aus und bedrängte den Polizeiangehörigen. Nur durch Anwendung körperlicher Gewalt konnte sein Widerstand gebrochen und er schließlich dem Volkspolizeirevier zugeführt werden. Die Passanten waren über das Verhalten des Angeklagten sehr ungehalten und verlangten, strenge Maßnahmen gegen ihn zu ergreifen. Das Verhalten des Angeklagten ist strafbar nach § 330a StGB (§ 113 StGB). Das Stadtbezirksgericht hat das Verfahren gemäß §§ 174a, 172 Ziff. 3 StPO eingestellt und die Strafsache an die Konfliktkommission des VEB E. übergeben. Zur Begründung des Beschlusses führt die Strafkammer aus, der Angeklagte habe im Zustand der Volltrunkenheit gehandelt. Er könne sich auf den genauen Sachverhalt nicht mehr besinnen. Allgemein sei er ein fleißiger Arbeiter, der unter dem Einfluß von Alkohol zu Handlungen neige, die er später bereue. Die Konfliktkommission könne ihn unter Beteiligung seiner Arbeitskollegen an der Beratung am eindringlichsten auf seine Pflichten hinweisen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die fristgemäß eingelegte Beschwerde des Staatsanwalts, mitder die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt wird. Zur Begründung wird ausgeführt: Diese Strafsache eigne sich wegen des hohen Grades ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit nicht für die Abgabe an die Konfliktkommission. Ohne die erzieherische Rolle der Beratung der Konfliktkommission zu un'-'r-schätzen, habe die Strafkammer übersehen, daß der Angeklagte des öfteren zum Alkoholmißbrauch neige und in diesem Zustand dann strafbare Handlungen begehe. Deshalb sei er erst am 3. August 1962 von der gleichen Strafkammer wegen Körperverletzung zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt worden. Dabei sei das Gericht vor allem von dem Versprechen des Angeklagten ausgegangen, daß er den Alkoholmißbrauch zukünftig unterlassen wolle. In diesem Urteil sei auch ausgeführt, daß der Angeklagte im trunkenen Zustand zu rowdyhaften Handlungen neige. Die Hauptverhandlung und die bedingte Verurteilung habe auf den Angeklagten keinen erzieherischen Einfluß gehabt. Es werde deshalb die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Eröffnung des Verfahrens beantragt. Die Beschwerde ist begründet. Aus den Gründen: Aus der Begründung des Beschlusses des Stadtbezirksgerichts vom 22. Oktober 1962 geht nicht hervor, daß der Angeklagte bereits am 3. August 1982 wegen eines in Trunkenheit begangenen Roheitsdelikts, nämlich wegen Körperverletzung, zu einer Gefängnisstrafe von fünf Monaten bedingt mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren und zum Schadensersatz an den Geschädigten verurteilt worden ist. Die Strafkammer hat nicht geprüft, ob der Angeklagte den Schaden auch ersetzt hat. Das Verhalten des Angeklagten zeigt, daß er die bedingte Verurteilung nicht ernst genommen hat. Er hat das in ihn gesetzte Vertrauen mißbraucht. Es ist nicht zu erwarten, daß eine Beratung vor der Konfliktkommission ihn nachhaltig beeindruckt. Die Strafkammer hat auch nicht erkannt, daß zwischen der neuen Straftat und der vom Angeklagten begangenen Körperverletzung, wegen der er rechtskräftig verurteilt ist, ein enger Zusammenhang besteht. In beiden Fällen handelt es sich um in Trunkenheit begangene rowdyhafte Roheitsdelikte. Das erneute rowdyhafte Verhalten und die Angriffe gegen die Angehörigen der Volkspolizei rtn trunkenen Zustand zeigen deutlich, daß außergerichtliche Maßnahmen keinen erzieherischen Erfolg beim Angeklagten versprechen. Die Strafkammer hätte die Hinweise der Richtlinie Nr. 13 des Plenums des Obersten Gerichts vom 14. April 1962 (NJ 1962 S. 268) beachten und erkennen müssen, daß nur geringfügige Strafsachen an die Konfliktkommissionen zu übergeben sind, wenn die erzieherische Einwirkung der Gesellschaft im Prozeß der Arbeit den Gesetzesverletzer zur Einsicht und zur freiwilligen Einhaltung der Gesetze führen kann. Dieser Wille liegt bei dem Angeklagten nicht vor, da nicht einmal die bedingte Verurteilung diesen Erfolg zeitigte, sondern vom Angeklagten gröblich mißachtet wurde. Eine Übergabe von Strafsachen an die Konfliktkommission ist auch nur dann möglich, wenn geringfügige Straftaten mit einem unkomplizierten Sachverhalt vorliegen. Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt wegen der Erinnerungslücken des Angeklagten nur mit Hilfe von Zeugen aufzuklären. Die Durchführung einer Beweisaufnahme übersteigt aber di Kompetenzen und Möglichkeiten der Konfliktkommission und widerspricht dem Gesetz. Die Justizorgane müssen dafür Sorge tragen, daß jedes Verbrechen und Vergehen aufgedeckt wird und zugleich die geeigneten Mittel zu ihrer Bekämpfung und zur Erziehung der Rechtsverletzer angewandt werden. Das ist hier nicht geschehen. Die gesellschaftliche Mißbilligung des Verhaltens eines Bürgers durch die Konfliktkommission wird in den meisten Fällen bei Ersttätern gerechtfertigt sein, im Regelfall aber nicht bei Rechtsverletzern, die aus einer Vorstrafe keine Lehren gezogen haben und durch eine gleichartige Straftat rückfällig werden. Daher war der Beschluß des Stadtbezirksgerichts aufzuheben und das Verfahren gern. §300 StPO zu eröffnen. 156;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 156 (NJ DDR 1963, S. 156) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 156 (NJ DDR 1963, S. 156)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit dessen Stellvertreter, in den des Leiters der dessen Stellvertreter, vorhanden ist und durch telefonische Rücksprache die Bestätigung des Unterzeichnenden erfolgt . Diese mehrfache Absicherung der Entlassungen hat sich in der Vergangenheit durchaus bewähr Gemessen an den wachsenden an die Gewährleistung der äußeren Sicherheit der Untersuchungshsftanstalten Staatssicherheit ist das politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchunqshaftanstalt. Bei der Gewährleistung der allseitigen Sicherheiter Unter- tivitäten feindlich-negativer Personen sind die potenzenaer zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei oder der Nationalen Volksarmee oder anderen Übernahme Übergabesteilen. Der Gefangenentransport erfolgt auf: Antrag des zuständigen Staatsanwaltes, Antrag des zuständigen Gerichtes, Weisung des Leiters der Hauptabteilung die in den Erstmeldungen enthaltenen Daten zu in Präge kommenden Beschuldigten und deren Eitern in den Speichern zu überprüfen. In der geführten Überprüfungen konnte Material aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit Sie werden durch die konkret zu lösende operative Aufgabe, die dabei wirkenden Regimeverhältnisse und die einzusetzenden Mittel und Methoden bestimmt.

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